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In glücklichen Umständen

In glücklichen Umständen

Titel: In glücklichen Umständen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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Bäume und Sträucher überzogen, die ihre Äste nach mir ausstreckten, um meine Ohren und Nase zu streicheln und meine Fingerspitzen zu kitzeln. Ich drehte mich um und rannte, eine weiße Atemspur hinter mir lassend, wieder zum Haus. Phyllis und Demelza: ein berauschender, geteilter Augenblick und dann wieder die völlige Unabhängigkeit. «Ein Hund müßte man sein» - wer immer das als erster sagte, muß all die unbestimmte Auflehnung jedes menschlichen Wesens gespürt haben.

    Pa rief früh an. Er sagte, er wolle sich etwas mit Fischen ansehen.
    «Etwas mit Fischen?» fragte ich. «Meinst du einen Fischladen oder einen Platz, wo Heringe ausgenommen werden, oder was?»
    Die Leitung war furchtbar. Irgendwo auf halbem Weg sagte eine Frau zu einer anderen, es sei das letzte Mal. Das allerletzte Mal. Sie habe genug. Sie habe, um es noch deutlicher zu sagen, mehr als genug! Ich rief: «Ich auch! Würden Sie bitte aus meiner Leitung gehen!» Aber sie fuhr fort: «Ich hab ihm gesagt, dies ist das Ende, endgültig das Ende, hab ich gesagt.» Also sagte ich laut: «Ich stehe auf Telefonsex und fange gleich an...», aber als sie aufgeknallt hatte, hatte auch Pa eingehängt.
    «Die Rollschuhbahn ist gestorben», sagte ich meinen beiden. «Jetzt kommt Fisch.» Emily trug einen kanariengelben Fliegeranzug mit Reißverschluß aus irgendeinem Flauschmaterial. Ich fragte mich, wie es wohl von nun an sein würde, wo alle ringsum ihre bunten Federn spreizten wie Pfaue und ich mich weiterhin in unscheinbare Strickjacken und extradicke Ölbohrer-Overalls hüllte. Sie schenkte sich Kaffee ein und ignorierte Milch, Zucker und Toast. «Was für Fisch?» fragte sie. Sie konnte sogar Pampelmusen widerstehen.
    «Ich weiß nicht. Es könnte natürlich irgendein Luxus an einem Ziersee auf einem Landsitz sein - aber auch eine Fischbude.» Das Telefon klingelte wieder, und ich sagte: «Ich werd ihn fragen.» Aber es war Hosanna.
    «Wir treffen uns wie vereinbart um Punkt halb zwei», teilte sie mir mit, als sammelte sie ihre Truppen. Ich kam mir vor wie für einen Überraschungsangriff eingewiesen. «Glaubst du, es wäre besser, wenn wir getrennt hinfahren? Falls der Kombi eine Panne hat oder nicht genug Platz für all die Gelegenheitseinkäufe?» Ihre Stimme hatte den Unterton der leicht Geschlagenen. Schon zu viele Schlachten verloren.
    Als ich eine Stunde später losmußte, erbrach Phyllis ihr Frühstück auf eine Vogue von Juli 1971. Sie sah sehr schuldbewußt drein. Ich fragte mich, ob es weitere Geschehnisse für den heutigen Tag ankündigte, und zögerte, sie im Stich zu lassen. Aber es war offensichtlich, daß sich die Fransen vom Lampenschirm nicht mit dem Porridge vertragen hatten, so daß ich alles aufwischte und meine Gewissensbisse zurückdrängte und nach Demelza sah. Sie hatte ihr Fressen nicht angerührt. Ich hatte das Gefühl, sie wollten mir einen Streich spielen, und beschloß, den Trödelmarkt sehr schnell abzugrasen. Ich würde bestimmt nicht auf das «Und jetzt nur noch einen Penny pro Stück» warten, mit dem ein Stand 10 Minuten vor Schluß geräumt werden würde.
    Ich zog meine Trödelkluft an (Jeans, Pulli, Stulpenstiefel, Regenmantel, Kopftuch, Wollhandschuhe - obgleich eine Ritterrüstung mit Helm und Visier nützlicher gewesen wäre) und ging noch einmal in die Küche, um letzte Anweisungen zu geben, entdeckte jedoch Hetty mit Pawleys Pearl auf dem Arm. Sichtlich erleichtert reichte sie mir die faßförmige Mopshündin und wischte sich die Hände ab, als wären sie mit radioaktivem Niederschlag verunreinigt. Das arme Tier sah aus wie ein Luftballon in Schweineform.
    «Du hast nicht gesagt, daß...» fing ich erzürnt an und hielt die neue Patientin krampfhaft fest, damit sie nicht auf die Erde plumpste und platzte. Sie sagte, die Pawleys weigerten sich zu glauben, Pearl habe etwas so Vulgäres tun können, wie in die Bredouille zu kommen, und führten die zusätzlichen Pfunde auf Überfressen zurück. «Sie hatten schon ihre Rationen halbiert und gehofft, dann würde es Weggehen.»
    Ich begann, das übliche leidenschaftliche Mitgefühl zu empfinden. «Sie kriegt unsere schönste Suite», rief ich und versuchte weiter, Pearls üppige Busenreihe im Griff zu behalten. Sie quiekte nicht nur wie ein Schwein, sie fühlte sich auch so an, und sie sah aus wie eines, das um jeden Preis fliehen wollte, um seine Schwarte zu retten. Ich führte sie hastig der Mütterecke vor, wo Demelza sie mißtrauisch beäugte. Die

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