In glücklichen Umständen
Einladung zum Dinner ab, und als sie ins Eßzimmer gegangen waren, stand er auf und ließ die Leiche im Sessel liegen und rannte zu seinem Auto. Angeblich hat er das Land am nächsten Tag verlassen. Meine Kundin kaufte sich dann eine Bulldogge.»
Ich fragte, ob sie es für vertretbar halte, wenn ich eine oder zwei Stunden aus dem Haus ginge und die trächtigen Hündinnen allein ließe.
«Warum?» fragte sie mißtrauisch. «Was gibt es so Dringendes?»
Ich fürchtete, mein berufliches Ansehen aufs Spiel zu setzen, wenn ich zugab, daß ich einen Trödelmarkt vor meine neue Berufung stellte. Also ließ ich ein Rendezvous mit einem Liebhaber durchblicken, der ungenannt bleiben müsse, und sie gab mir mehr oder weniger ihren Segen.
In Bens Zimmer standen schon die gepackten Koffer. Adams Zimmer erwachte langsam zum Leben - Emily hatte bereits ihr Weihnachtsgeschenk für ihn hingestellt, eine rotgerahmte Vergrößerung von Lady, seinem Hund. Das silbergerahmte Miniaturfoto seiner Mutter nahm sich daneben recht unscheinbar aus. Ich bemerkte, daß Emily die Möbel ein wenig umgerückt und Patchworkkissen auf den Korbsessel gelegt hatte. Für mich war kaum noch etwas zu tun geblieben. Die Schubläden waren fast leer, doch unter einigen ordentlich zusammengelegten T-Shirts fand ich ein arg mitgenommenes Foto von Emily, mit umgeknickten Kanten und Teeflecken, Spuren intensiven Gebrauchs. Sie hatte Troilus und Cressida an der Leine, zwei Pyrenäen-Berghunde, die letzten August bei uns gewesen waren. Emily lachte, und ihre Haare, die damals noch lang und strähnig gewesen waren, fielen ihr übers Gesicht, aber die niedliche kleine Nase und die strahlenden Augen waren deutlich zu sehen. Ebenso deutlich sah man, daß Adam das Bild wie einen Schatz gehütet, es bei sich gehabt und immer wieder liebevoll betrachtet hatte. Es gab Gott sei Dank immer noch Menschen, die sich ineinander verliebten, und es konnte einem in jedem Alter passieren, ob mit eins oder mit hundert.
Ich ging nach unten und sagte: «Adams Zimmer sieht prima aus.»
Sie erwiderte abwesend: «Ja, ich mag es, wenn Zimmer schön aussehen», aber sie blickte plötzlich besorgt auf Ben.
Ben sortierte auf dem Tisch seine Bücher - Schule und Freizeit. Ohne einen von uns anzusehen, sagte er: «Kommt Hetty heute noch?»
Ich nickte, doch an meinem geistigen Auge zogen die Klischees des Illustriertenromans vorbei: Emily, jung, behindert und wunderhübsch, ist verliebt in Ben. Aber Ben, jung, aschblond und dieses Jahr nur auf Kernphysik stehend, interessiert sich mehr für Hetty. Hetty, Ende Dreißig, umwerfend attraktive Karrierefrau, spielt mit Ben, ist aber verliebt in einen italienischen Multimillionär. Adam, braunäugig, gutmütig und einsam, ist verliebt in Emily, und... Was konnte ich über mich sagen, damit der Leser wußte, «Was bisher geschah»? Außer daß ich am Rand einiger trächtiger Vulkane saß und es nicht abwarten konnte, zu einem Trödelmarkt des Pfadfinderhilfswerks zu fahren?
Liebe ist die Essenz des Lebens, doch was geschieht, wenn die Liebe nicht erwidert wird? Immerhin beweist all das letzten Endes, daß Illustriertenromane gewöhnlich einen wahren Kern haben.
Phyllis symbolisierte vielleicht die unbeschwerteste Form der Liebe. Die kurze Begegnung, die rein sexuelle Beziehung, die biologischen Folgen, die schnell überstanden sein würden. Warum tat sie mir also leid? Ich ging nach oben und sah nach ihr. Sie lag auf der Couch, und als sie mich erblickte, bequemte sie sich schwanzwedelnd herunter. Der Schwanz schickte die kleine Leselampe in die Ecke. Ich langte nach Phyllis, um ihren Kopf zu streicheln, und sie drehte sich so, daß ein Stapel Taschenbücher, die sie beim Ruhen ein wenig angeknabbert hatte, wie Herbstblätter in alle Richtungen stob. Ein kleines gerahmtes Aquarell von Rye Harbor lag mit dem Bild nach unten auf dem zerbrochenen Glas. Der Rand des Vorlegers, an dem sie vorher geknabbert hatte, war noch naß. Egal wie gern man Kinder bekommt - Schwangerschaft ist eine langweilige Beschäftigung. Sie ist so ziemlich das einzige, das zu beschleunigen man noch nicht geschafft hat.
Ich saß da und hielt ihre Pfote, streichelte ihren Kopf und erzählte ihr eine ganze Weile, wie wunderschön sie sei, während ich an ganz andere Dinge dachte. Dann räumte ich ein bißchen auf, gab ihr einen Kuß und ging, um Ross zu schreiben.
Das Wasser im Stausee war wie erstarrtes Blei, als ich mit Charlie zum Briefkasten lief. Rauhreif hatte die
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