In Gottes Namen. Amen!
Katastrophe gewesen. Sie hatte sich ein Wohnheimzimmer mit fünf Hockeyspielerinnen geteilt, gewaltige Frauen, groß wie Gäule, die die Dusche für sich beanspruchten und ständig mit Schlägern herumfuchtelten. Sie hatte versucht, sich mit ihnen zu unterhalten, aber sie mussten meistens supereilig irgendwohin, in die Sporthalle oder in den Speisesaal, und sie schienen sie überhaupt nicht zu hören. Sie wiederholte sich immer und immer wieder, in jedem Gespräch.
»Hi, ich bin Laura aus Athens in Georgia.«
»Was?«
»Athens!«
»Was?«
»Im Süden!«
»Ach so.«
Diese Wortwechsel beunruhigten sie. War ihr Akzent so ungewöhnlich? Ihre Stimme so leise?
Ihre beiden besten Freundinnen waren an die University of Georgia gegangen. Sie wollte sie anrufen, befürchtete aber, am Telefon zu weinen. Stattdessen schickte sie ihnen kurze, gefasste E-Mails, die wie Zitate aus einem Reiseführer für New York City klangen. »Es gibt unzählige fantastische Restaurants«, hatte sie in ihrer letzten Nachricht geschwärmt. »Man könnte den Rest seines Lebens jeden Abend in einem anderen essen und hätte immer noch nicht alle ausprobiert!« In Wirklichkeit war sie in nur einem einzigen Restaurant gewesen, einem schockierend teuren Japaner mit bescheuerten Speisekarten aus Blech. Sie war am zweiten Abend an der neuen Schule mit einer großen Gruppe anderer Erstsemester dort gewesen. Der Kellner hatte sie ihre Bestellung sechsmal wiederholen lassen und sie zum Schluss gebeten, sie auf einen Zettel zu schreiben. Sie hatte einem Jungen aus Los Angeles und einem Mädchen aus Connecticut gegenübergesessen, die sich über Bücher unterhielten, von denen sie noch nie etwas gehört hatte. In der ersten Minute des Gesprächs hatte Laura gelogen, sie habe Siddhartha gelesen, und sich den Rest des Essens über vorgestellt, was passieren würde, wenn sie ertappt wurde. Bis das Dessert kam, hatten der Junge und das Mädchen über Politik geredet und die Füße unter dem Tisch umeinander geschlungen. Laura hatte schweigend dagesessen und gebetet, dass jemand mit ihr sprach. Nach zehn stummen Minuten hatte ihr ein nervöser Junge auf die Schulter getippt. Sie hatte sich zu ihm umgedreht und ihn breit angelächelt.
»Hey!«, hatte sie gesagt. »Was gibt’s?«
»Wenn du Sake getrunken hast«, hatte er genuschelt, »dann macht das achtundsiebzig Dollar.«
Am Vormittag der Demonstration stand Laura früh auf und setzte ihre Kontaktlinsen ein. Sie war fest entschlossen, Leute kennenzulernen, auch wenn das bedeutete, sich für Bangladesch einzusetzen. Sie zog ihr »alternativstes« Sweatshirt an, einen braunen Kapuzenpulli aus Hanf, und auf dem kurzen Weg zur Fourteenth Street nahm sie sich vor, sich mit mindestens einer Person anzufreunden.
Als sie die Anführerin der Demonstration sah, wusste Laura, dass es ein Fehler gewesen war. Die Anführerin stand auf einem umgedrehten Eimer und schlug eine große, unförmige Trommel. Ihr Kleid war schwarz und sackartig, und sie schrie.
»Viertausend Kindersklaven schuften in Fabriken in Bangladesch! Sie ackern achtzehn Stunden jeden Tag an ihren Webstühlen in kochend heißen, fensterlosen Bunkern. Wenn ein Kind seinen Arbeitsplatz verlässt, schießt ihm ein Angehöriger der Armee von Chittagong ins Gesicht! Sieht so Gerechtigkeit aus?«
Die Menge schrie einstimmig: »Nein!«
»Er schießt ihm ins Gesicht!« , betonte die Frau noch einmal.
Laura stellte panisch fest, dass alle außer ihr Schwarz trugen. Schweiß kitzelte an ihren Achseln. Auf dem Aushang hatte nichts von einem Dresscode gestanden.
Sie holte tief Luft und marschierte unerschrocken ins Gewühl. Ein finster dreinblickendes Mädchen sah sie an, und Laura packte die Gelegenheit beim Schopf, ihre Standardgesprächseinleitung abzuspulen.
»Hi, ich bin Laura!«
Das Mädchen reichte ihr einen Flyer und ging weiter, bahnte sich einen Weg durch die Masse. Laura bemerkte, dass hinten auf dem T-Shirt des Mädchens das Gesicht eines schreienden Kindes aus Bangladesch abgedruckt war. Darunter stand in roten Blockbuchstaben eine schlichte Bildunterschrift: »Gerechtigkeit?« Sie fragte sich, wie schnell sie wieder verschwinden konnte, ohne unsensibel zu wirken.
Eine knochige Hand griff nach ihrer Schulter. Als sie sich umdrehte, wurde sie von einem hageren Mädchen mit quietschender Falsettstimme angesprochen. »Ist das dein erstes Die-in?«
Laura schluckte. War sie versehentlich einem Selbstmordpakt beigetreten?
»Was ist ein
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