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In Gottes Namen. Amen!

In Gottes Namen. Amen!

Titel: In Gottes Namen. Amen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rich
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der Schulter. Sah ihm ja schließlich keiner zu.
    »Tja«, sagte Eliza. »Wir können wohl davon ausgehen, dass er Single ist.«
    »Scheint mir auch eine sichere Sache«, sagte Craig.
    »Was guckt er da?«
    Craig zoomte auf Sams Fernseher. » Bizarre Bodies. Das ist eine Sendung über Menschen mit körperlichen Absonderheiten.«
    »Hat er nichts Besseres gefunden?«
    »Na ja, viel läuft nicht. Es ist Wochenende. Die meisten Menschen sind unterwegs und treffen sich mit Freunden.«
    Eliza schüttelte angewidert den Kopf. »Wann hat er das letzte Mal das Haus verlassen?«
    Craig klickte auf fünfzigfache Geschwindigkeit, und sie sahen Sams Wochenende im Schnelldurchlauf rückwärts. Er zupfte sich Tandooristücke aus dem Mund, legte sie wieder in ihre Behälter und schob diese erneut in die Liefertasche. Im Rückwärtsgang hüpfte er zur Wohnungstür, gab Raj das Essen und nahm sein Geld zurück.
    »Geht das nicht auch schneller?«
    Craig klickte auf fünfhundertfache Geschwindigkeit, und die Ereignisse gewannen dramatisch an Tempo. In Sams Wohnung wurde es heller, dann dunkler und dann wieder heller, während draußen vor seinem Fenster die Sonne auf und ab hüpfte. In seiner Küche verlor ein schimmliges Baguette seine grünlichen Flecken, kam wieder in Form und kehrte in einen essbaren Zustand zurück. Doch während all dessen blieb Sam auf seinem Futon liegen, bewegungslos wie eine Leiche. Von einem einzigen kurzen Ausflug in einen Drugstore abgesehen hatte er drei Tage lang das Haus nicht verlassen.
    »Er wohnt nur sechs Straßen von Laura entfernt«, sagte Craig. »Das ist weniger als eine halbe Meile.«
    »Warum kommt ihm das plötzlich so weit vor?«
    Craig spulte wieder in die Gegenwart zurück und klickte auf Play. Auf dem Bildschirm ließ Sam ein Stück Naan auf seinen schmutzigen Holzboden fallen. Er zögerte, blickte aus dem Fenster, um sicherzugehen, dass er nicht beobachtet wurde, und steckte es sich in den Mund.
    »Bäh«, stöhnte Eliza. »Was für eine Schweinerei.«
    »Ich finde, du bist ein bisschen streng mit ihm«, sagte Craig. »Offensichtlich macht er eine schwere Zeit durch. Viele Menschen fühlen sich in dem Alter verloren. Ich meine, der Junge ist dreiundzwanzig Jahre alt.«
    »Weißt du, wer auch erst dreiundzwanzig war? Alexander der Große, als er die bis dahin bekannte Welt eroberte.«
    »Der Vergleich ist nicht fair.«
    »Wieso nicht? Sie gehören derselben Spezies an, demselben Geschlecht, sind gleich alt. Sie sehen sich sogar ein bisschen ähnlich.«
    Eliza schnappte sich Craigs Maus und öffnete den Server. Eine Suchfunktion erschien, und sie gab »Alexander der Große – 23 Jahre alt« ein. Auf dem Bildschirm erschien der mazedonische Eroberer mit dem Schwert in der Hand. Hundert gefangene Sklaven lagen weinend und verängstigt zu seinen Füßen.
    »Ich weiß nicht, was du damit beweisen möchtest«, sagte Craig.
    Eliza öffnete ein Fenster, das Sam im Manhattan der Gegenwart zeigte, und stellte es dem des dreiundzwanzigjährigen Alexander gegenüber. Sie sahen sich tatsächlich ziemlich ähnlich, waren ungefähr gleich groß, zirka eins siebzig, und stämmig gebaut. Alexander war ein bisschen muskulöser, besonders am Oberkörper. Sam hatte die geraderen Zähne. Keiner von beiden war besonders attraktiv.
    Eliza und Craig saßen still vor dem Computer, verglichen die beiden Dreiundzwanzigjährigen und schwiegen.
    Links auf dem Bildschirm zeigte Alexander beiläufig auf Sklaven, entschied, wer von ihnen sterben sollte.
    Auf der rechten Seite des Bildschirms surfte Sam im Web, offensichtlich auf der Suche nach Pornografie.
    »Okay«, sagte Craig. »Sam hat nicht das Selbstbewusstsein von Alexander. Na und? Auch wenn er ein totaler Feigling ist, kann doch trotzdem noch alles gut für ihn ausgehen.«
    »Wie denn?«
    »Na ja, es ist 2012. Männer müssen nicht immer den ersten Schritt machen. Wir haben immer noch nicht Laura in der Gegenwart gesehen. Vielleicht ist sie ja nicht so …«
    »Jämmerlich.«
    »Ich wollte sagen: ›zurückhaltend‹. Aber okay.«
    Er lokalisierte Lauras Apartment und zoomte heran.
    »Mal sehen, was wir in Erfahrung bringen können.«
    Erde – dreißig Tage bis zum Weltuntergang
    Laura Potts saß in ihrem abgedunkelten Apartment und sah Bizarre Bodies . Um sieben hatte sie sich geschworen, nur zwei Folgen zu gucken: »Der dickste Mann der Welt« und »Die Wolffamilie«. Dann wollte sie sich anziehen, in eine Bar gehen und sich wie ein normaler Mensch unter

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