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In Gottes Namen. Amen!

In Gottes Namen. Amen!

Titel: In Gottes Namen. Amen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rich
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zurück, sah zur Decke und lachte.
    Plötzlich stand er auf. Es war Zeit, fand er. Zeit, sich anzuziehen.
    »Er kommt in Bewegung!«
    Craig platzte in Elizas Kabine.
    »Er steigt gerade aus der Dusche«, erzählte er ihr völlig außer Atem. »Er hat sich eine Hose zurechtgelegt. Ich glaube, er wird die Wohnung verlassen.«
    Eliza jubelte. Auf diesen Moment hatten sie die ganze Woche über hingearbeitet, hatten Hunderte von Seiten mit Daten ausgewertet, unzählige Codes geschrieben. Und jetzt, nach sieben Tagen unablässiger monotoner Recherche, war es endlich soweit. Endlich war es an der Zeit, die Gebete der Menschen zu erhören.
    »Okay«, sagte Craig. »Ich setze die Sequenz jetzt in Gang.«
    Er streckte einen Zeigefinger aus und ließ ihn zittrig über der Entertaste schweben.
    »Worauf wartest du?«, wollte Eliza wissen.
    »Bin bloß ein bisschen nervös«, gestand Craig. »Ich hab so was noch nie gemacht.«
    Eliza sah ihn böse an. »Du hast doch gesagt, du hast schon mal Zufallsbegegnungen arrangiert!«
    »Hab ich ja auch!«, sagte er. »Bloß … noch nie in New York.«
    Sie zoomten auf das dichte Straßennetz der Lower East Side, es wimmelte vor Autos und Menschen.
    »Alles bereit. Wenn wir’s vermasseln, bekommen wir keine zweite Chance.«
    »Tipp auf die Taste«, schrie Eliza. »Gib den Befehl!«
    Craig wischte sich eine Schweißperle von der Stirn und gab den Befehl. Jetzt konnten sie nichts mehr tun, als zuzusehen.
    Craig war es gewohnt, Probleme zu lösen. Im Verlauf seiner bisherigen Dienstzeit hatte er Tausende von Wundern entworfen, darunter einige atemberaubend komplexe. Aber wenn es um Zufallsbegegnungen ging, war er genauso nervös wie alle anderen Kollegen in der Abteilung auch.
    Zufallsbegegnungen (oder auch ZB s) waren so schwer zu planen, dass sich nur wenige Engel überhaupt daran versuchten. Um zwei Menschen dazu zu bringen, sich genau zur selben Zeit an genau demselben Ort einzufinden, musste man Hunderte von Variablen manipulieren. Dafür waren Kreativität und Timing nötig, aber auch ein ungeheurer Rechercheaufwand. Und wenn man nur die kleinste Kleinigkeit in den Sand setzte, war alles verloren.
    Laura wohnte an der Ecke Forsyth und Stanton Street; Sam an der Ecke Delancey und Ludlow. Zwischen ihnen lagen kaum sechs Straßenecken – aber in New York waren das so gut wie sechs Lichtjahre. 841 Mauern und über 100 000 Menschen trennten die beiden.
    Die Engel hatten Dutzende von Strategien besprochen, bis sie sich schließlich auf einen Schlachtplan einigten. Wie die meisten Dreiundzwanzigjährigen konnten Sam und Laura nicht lange ohne ihre iPhones leben. Wenn ihre iPhones kaputt waren, blieb ihnen keine andere Wahl, als die Wohnung zu verlassen und sie reparieren zu lassen. Der Apple Store an der Ecke Allen und Rivington lag auf halber Strecke zwischen Sams und Lauras Wohnungen. Es war der perfekte Ort für eine Zufallsbegegnung.
    Als Craig die Entertaste betätigte, gingen gleichzeitig beide Handys kaputt. Fünf Sekunden später starrten Sam und Laura auf reglose Displayanzeigen, tippten wie die Wilden drauf herum und fluchten leise. Sie konnten nichts machen, das wurde ihnen schnell klar; sie würden in den Apple Store gehen müssen.
    Sam – der bereits seine Hose anhatte – nahm sein kaputtes Gerät und ging damit direkt zur Tür hinaus. Laura blieb allerdings stur auf der Couch liegen. Da sich Sam bereits in Bewegung gesetzt hatte, durften die Engel nicht zulassen, dass Laura die Sache auf die lange Bank schob. Zum Glück hatten sie einen Notfallplan entwickelt, um sie aus der Wohnung zu treiben. Zunächst ließen sie den Druck in ihrer Heizung steigen, woraufhin diese nervenaufreibend knackte. Als sie trotzdem nicht gehen wollte, schlossen sie ihren Verteilerkasten kurz, womit der Fernsehempfang hinüber war. Sie stand auf und fluchte ein bisschen, setzte sich dann aber wieder. Die Engel, die an diesem Punkt kurz vorm Verzweifeln waren, suchten den nächstgelegenen Säugling – einen drei Monate alten Jungen zwei Stockwerke über Laura – und erhöhten den Gasdruck in seinem Bauch. Das Baby schrie immer lauter und lauter. Schließlich hielt Laura es nicht mehr aus. Sie schlüpfte in ihren Mantel, warf ihr iPhone in die Tasche und ging zur Tür.
    Als sie die Wohnung verließ, war Sam nur noch dreißig Meter vom Apple Store entfernt. Wenn ihn die Engel nicht aufhielten, würde er, bis Laura eintraf, bereits drin gewesen und wieder gegangen sein. Sie versuchten, seinen Vormarsch

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