In Gottes Namen
hat sich während Natalias Schwangerschaft, als sie ihn nicht ranließ, der Schwester zugewandt.« Er zuckt mit den Achseln. »Wenn Sie mir nicht glauben, dann fragen Sie doch einfach Gwendolyn. Oder machen Sie am besten gleich Ihren dämlichen Test, zum Teufel.«
McDermott späht kurz zu Stoletti hinüber.
»Sie können sich vorstellen«, fährt Albany fort, »dass ein Mann, der eine Milliardenerbin geheiratet hat – mit einem knallharten Ehevertrag übrigens – wenig Wert darauf legt, dass so was publik wird. Cassie jedenfalls ging wohl kaum davon aus, dass ihr Vater das öffentlich breitgetreten haben wollte.«
Das musste der Anlass für den heftigen Streit gewesen sein, von dem Brandon gesprochen hatte, in Gwendolyns Villa kurz vor den Examen. Deshalb war Cassie aus dem Haus gerannt.
»Moment.« McDermott presst die Hände flach auf den Tisch. »Hat Cassie Ihnen das erzählt?«
»Sicher. Woher sollte ich es denn sonst wissen? Gwendolyn hat es Cassie erzählt, Cassie erzählte es mir. Diese Gwendolyn war wirklich ein mieses Stück. Sie hasste Cassie. Sie wollte sie verletzen.«
»Und wer wusste noch davon? Ihnen hat Cassie es erzählt – und wem sonst noch?«
»Sie meinen, ob Ellie es gewusst hat?« Albany zieht genussvoll an seiner Zigarette. »Das ist anzunehmen, auch wenn ich da keinen Einblick habe.«
Nein, McDermott denkt dabei nicht an Ellie. Er denkt an Harland Bentley. Vielleicht hat Cassie Harland angerufen:
Du bist der Scheißvater.
Vielleicht hatte Cassie gar nicht über ihre eigene Schwangerschaft gesprochen, als Brandon sie belauschte. Sondern über Gwendolyn.
Du bist der Scheißvater.
Deshalb könnte sie so verwirrt gewesen sein. Ein dreifacher Tiefschlag – ihr Vater hatte eine uneheliche Tochter, die Cassie immer für ihre Cousine gehalten hatte; offensichtlich ging ihr Vater erneut fremd, diesmal mit ihrer besten Freundin; und dann noch ihre eigene Schwangerschaft.
Das reichte, um jemanden endgültig über die Kante zu schubsen. Zumal der größte Teil ihrer Qualen auf eine einzige Person zurückzuführen war – Harland Bentley.
Daraus ließ sich folgern, dass der Einbruch in die Praxis von Cassies Ärzten nichts mit Cassie zu tun hatte. Es ging dabei um Gwendolyn. Natürlich. Sie hatte vermutlich die gleichen Ärzte wie Cassie. Warum auch nicht? Vielleicht hatte sie einen Bluttest machen lassen, den ersten Schritt zu einem Vaterschaftstest?
»Cassie hat Ihnen also Dinge erzählt, die sie nicht mal Ellie anvertraute«, nimmt Stoletti den Faden wieder auf. »Demnach standen Sie sich sehr nahe.«
Albany lächelt bitter. »Sie stellen ausgesprochen trickreiche Fragen, Detective Stoletti. Wollen Sie mir damit etwa das Geständnis entlocken, ich hätte eine Affäre mit Cassie gehabt? Das ist nicht nötig. Sie war damals bereits neunzehn, wissen Sie. Ich habe gegen keinerlei Gesetz verstoßen. Sie war klug, voller Energie – sie war ein wunderbares Mädchen, das ich bis heute sehr vermisse. Aber sollte sie wirklich schwanger gewesen sein, hat sie mir nie ein Wort davon gesagt.«
McDermott deutet mit dem Kinn auf den Brief. »Wann haben Sie den gekriegt?«
Albany schwenkt die Hand mit der Zigarette ebenfalls Richtung Brief. »Diese Nachricht wurde mir von dem Mann auf dem Foto überbracht. Und das war das erste und letzte Mal, dass ich ihn zu Gesicht bekommen habe.«
»Leo Koslenko.«
»Keine Ahnung, wie er heißt«, sagt er. »Hab ich auch nie gewusst. Er ließ mich den Brief nicht mal anfassen. Er marschierte in mein Büro und hielt ihn mir zum Lesen vor die Nase. Ich musste ihm damals auf der Stelle eine Antwort geben.«
»Und wann war damals? Wann genau passierte das Ganze?«, drängt McDermott.
»Ich kann mich nicht mehr an den Wochentag erinnern, ich weiß nur noch, dass es ein Werktag war. Ein paar Tage nachdem die Leichen gefunden worden waren.« Er gestikuliert mit seiner freien Hand. »Dieser Mann platzt einfach so in mein Büro, schiebt mir den Zettel ins Gesicht und sagt, er braucht sofort eine Antwort. Ich hab ja gesagt.«
»Aber nie die Notwendigkeit gesehen, das der Polizei mitzuteilen?«, fragt McDermott in keinem sonderlich freundlichen Ton.
»Nein, in der Tat. Weil schließlich jeder davon ausging, dass Terry Burgos diese armen Mädchen ermordet hatte.« Er stippt seine Zigarette in dem schwarzen Aschenbecher aus. »Und natürlich wollte ich mich selbst schützen, zugegeben. Hätte ich auch nur den geringsten Zusammenhang zu Morden erkannt, hätte ich mich
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