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In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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danebenlagen, Riley. Zumindest hat er vier der Frauen getötet.«
    Ich habe McDermott unterschätzt. Er hatte von Anfang an den richtigen Riecher. Und mit noch etwas hat er recht – ich verspüre tatsächlich eine gewisse Erleichterung, dass Terry Burgos nicht völlig unschuldig war.
    Unschuldig. Schuldig. Was für fadenscheinige Begriffe.
    »Cassie bereitet mir noch Kopfzerbrechen«, fügt er hinzu.
    Es ist keine Frage, also schweige ich.
    »Haben Sie eine Meinung zu diesem Thema, Riley?«
    Jetzt ist es eine Frage. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, daher speise ich ihn mit der einfachsten Antwort ab.
    »Terry Burgos hat sie getötet«, sage ich. »Ich wüsste nicht, wer es sonst getan haben sollte.«
    Die Antwort gefällt ihm nicht. Und ich kann es ihm nicht verdenken. Aber die Mansbury-Morde sind nicht sein Fall. Sein Job war lediglich, die aktuellen Morde aufzuklären und den Killer, Leo Koslenko, zu fassen. Der Mord an Cassie fällt nicht in seinen Zuständigkeitsbereich.
    Gut für ihn. Denn Michael McDermott könnte diesen Fall bis ans Ende seiner Tage untersuchen und käme doch zu keinem Ergebnis.
    »Koslenko hat Ihnen nichts verraten, während Sie dort im Keller zusammenhockten?«
    Ich schüttle den Kopf. Nein. Ich wüsste nicht, warum ich die Informationslücken der Polizei schließen sollte.
    Nicht im Moment jedenfalls. Und vielleicht nie.
    Er atmet tief durch. »Ich hab im Fernsehen gehört, was Sie diesen Reportern hingeworfen haben. Sie haben mehrfach betont, dass Terry Burgos alle Mädchen getötet hat. Vermutlich wollten Sie damit Leo Koslenko auf Ihre Seite ziehen. Sein Vertrauen gewinnen. Sein Spiel mitspielen. Und als ich am nächsten Morgen bei Ihnen geklingelt habe, waren Sie nicht da. Also ließ ich über Funk nach Ihrem Wagen fahnden. Und da ich ohnehin auf Zwangsurlaub war, dachte ich, fahr ich doch mal zum Mansbury Campus, weil es da so schön sein soll im Sommer.«
    Ich lächle ihn an. Auch in diesem Punkt habe ich ihn unterschätzt. Ihm war klar, dass Koslenko den Eindruck eines Nachahmungstäters vermitteln wollte und daher vermutlich den gleichen Ort nutzen würde. Zum Teufel, den Versuch war es wert.
    »Und was ist mit Fred Ciancio?«, fragt er mich. »Ging es bei dem Einbruch in dieses Gebäude um den Diebstahl von Abtreibungsakten?«
    Ich spiele den Ahnungslosen. In Wirklichkeit aber weiß ich, dass Cassie Bentley nie eine Abtreibung hatte. Denn sie war nie schwanger.
    Ich vermute, dass Gwendolyn Lake irgendwann einen Vaterschaftstest hat machen lassen, weil Cassie es so wollte, oder weil sie selbst es wollte, um hundertprozentige Sicherheit zu haben. Inzwischen weiß die halbe Welt, dass Gwendolyn Harlands Tochter ist. Harland selbst hat es eingestanden. Daher biete ich McDermott jetzt diese Version an.
    »Vermutlich hat der Vaterschaftstest Cassie mehr als alles andere in Rage gebracht«, sage ich. »Und als sie dann mitbekam, wie Ellie mit ihrem Vater schlief, mein Gott, da sind bei ihr die Sicherungen durchgebrannt.«
    »Und Koslenko hat anschließend die Testergebnisse gestohlen, weil sie ein Hinweis auf Cassies Motiv gewesen wären?« Er schüttelt den Kopf. »Möglich, aber eher unwahrscheinlich.«
    Ratlos hebe ich die Hände. McDermott hakt nicht weiter nach. Das Verbrechen ist aufgeklärt. Leo Koslenko hat sich selbst getötet, durch einen Schuss in den Mund. Es wird keinen Prozess geben. Und deshalb auch keine Suche nach Motiven.
    »Haben Sie damit gerechnet, dass Shelly da unten und noch am Leben ist?«, fragt er.
    Natürlich habe ich das. Aber das kann ich ihm schlecht verraten. Denn dann muss ich ihm auch erklären, wie ich es rausgefunden habe.
    »Ich hatte keinen blassen Schimmer«, erwidere ich.
    Er schluckt das. Er hat keinen Grund, etwas anderes zu vermuten. Aber er ist mit seinen Fragen noch nicht am Ende.
    »Glauben Sie, Koslenko hat auf eigene Faust gehandelt?«
    »Ganz sicher«, sage ich, erleichtert, wenigstens einmal die Wahrheit sagen zu können. »Natalia ist keine Mörderin«, füge ich hinzu, womit mein kurzer Ausflug in die Welt der Ehrlichkeit auch schon wieder zu Ende ist.
    »Und er bringt all diese Leute um – Ciancio, die Reporterin, all die anderen -, nur um zu vertuschen, dass ein Vaterschaftstest gestohlen wurde?« Seine Augen werden schmal. »Finden Sie das plausibel?«
    »Er war komplett durchgeknallt«, antworte ich. »Wer weiß, was in seinem Hirn vorging.«
    Eine bequeme Hintertür, eine simple Erklärung für das Unerklärliche.

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