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In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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kaum die Wahrheit sagen.
    Als ich mich entferne, ruft er mir hinterher: »Prozesskosten.« Das ist das Mantra des verzweifelten Anwalts. Der Prozess kostet dich hundertausend, also gib mir achtzigtausend, und wir stehen beide als Gewinner da. Darauf spekulieren diese Parasiten. Sie bauen darauf, dass den Unternehmen die Klärung der Rechtsfrage gleichgültig ist und dass sie zahlen, einfach nur um Anwalts- und Prozesskosten zu sparen. Aber da haben sie die Rechnung ohne Harland Bentley gemacht. Und ohne mich.
    »Fünftausend«, sage ich, indem ich die Forderung des Richters aufgreife und den Betrag halbiere.
    »Fünftausend sind zu wenig«, sagt Larrabee. »Allein der Verdienstausfall …«
    »Ich meine für alle elf Fälle zusammen.« Mit diesen Worten stoße ich die Tür auf und marschiere aus dem Gerichtssaal.
     
    McDermott kommt zwanzig Minuten zu spät zum Dienst, hält das aber für vertretbar, da er bis tief in die Nacht hinein mit dem Ciancio-Mord zu tun hatte. Der wachhabende Sergeant begrüßt ihn mit »Hey, Chief«, als er an ihm vorbeitrottet. McDermott verzieht die Lippen und blinzelt dem Mann müde zu. Der Kaffee in dem Styroporbecher in seiner Hand – eine dunkel geröstete Mischung von Dunkin Donuts – ist heiß, aber vermutlich wird er nicht dazu kommen, auch nur einen Schluck davon zu trinken, bevor er kalt wird.
    »Morgen, Chief.« Kopecky, ein weiterer Detective, klopft ihm auf die Schulter.
    »Schluss jetzt mit dem Chief -Quatsch«, sagt McDermott laut und vernehmlich, was vermutlich ein Fehler ist, denn sein Ärger wird sie nur noch mehr anstacheln. Er stellt den Kaffee auf seinem überladenen Schreibtisch ab, der zur Hälfte von einem brandneuen Dell-Computer mit Beschlag belegt wird, mit dem er nicht richtig zurechtkommt.
    »Hey, Chief, Streets und San haben eine Leiche im Müll gefunden.« Diesmal ist es Collins, wie McDermott ein großer stämmiger Ire. »Ich nehme Kopecky mit.«
    McDermots Blick schweift durch das betriebsame Revier und bleibt an der Tür des Lieutenants hängen. Offensichtlich hat der Lieutenant einen schlechten Tag, weswegen Collins seine Frage an McDermott richtet. »Sicher, Collins, tun Sie das.«
    McDermott ist keineswegs der Chef des Reviers. Eigentlich sind die Detectives des Dritten Bezirks Lieutenant Coglianese unterstellt, der schon bessere – will sagen nüchternere – Tage gesehen hat. Vor vier Monaten ist seine Frau gestorben, und als er nach der Trauerzeit wieder auftauchte, konnten es die Cops im Dritten buchstäblich riechen. Er hatte auch früher öfter mal einen über den Durst getrunken, wie schon sein Vater, und unter den Detectives wurde debattiert, wie man sich verhalten sollte. Sie hatten sich an den dienstältesten Detective gewandt, McDermott, der die Devise ausgab, man werde den Chef die nächsten sechs Monate mit durchschleifen, dann hätte er die dreißig Dienstjahre voll und könnte bei voller Pension abtreten.
    An sich eine noble Tat, die aber leider zur Folge hatte, dass McDermott nun nicht nur seinen eigenen Papierkram, sondern auch noch den seines Chefs erledigen musste. Und zwischenrein sollte er, so ganz nebenbei, auch noch ein paar Fälle aufklären.
    Er blickt auf das Schwarze Brett und die Zahl der ungeklärten Mordfälle. Heute würden sicher noch einige dazukommen, angefangen mit dem Mädchen aus dem Müll. Die Geschäfte im Dritten Revier brummen. Besonders in den Sommermonaten. Die Zahl der Vergewaltigungen und Raubüberfälle verdoppelt sich zwischen Mai und September. Schießereien zwischen Gangs verdreifachen sich sogar. Einige meinen, es sei wegen der Hitze und ihren Auswirkungen auf den Gefühlhaushalt der Leute. McDermott macht allerdings eher die längeren Tage dafür verantwortlich. Mehr Zeit für die Gangster, sich gegenseitig abschätzige Blicke zuzuwerfen.
    »Collins«, sagt er und öffnet den Deckel seines Kaffeebechers, um wenigstens das starke Aroma zu genießen. »Wo liegt die Leiche?«
    Das interessiert ihn deshalb, weil letzte Woche auf der Venice Avenue ein Scharfschütze das Feuer auf eine Gruppe von Polizisten eröffnet hat, die gerade einen Tatort untersuchten. Das Ganze hatte eine Großfahndung im Andujar-Wohnprojekt ausgelöst. Inzwischen trugen die meisten Detectives dort kugelsichere Westen, genau wie die Streifenbeamten.
    Am Ende hatte sich der Heckenschütze als ein elfjähriger Junge erwiesen, bewaffnet mit einer alten Jagdflinte.
    »East Side.« Collins hängt sich die Weste um. »Zwischen LeBaron

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