In Gottes Namen
des Gouverneurs?«
Er meint Shelly. Stumm schaue ich zu ihm auf, meine Miene spricht Bände.
»Wirklich schade.« Er lehnt sich in seinem Ledersessel zurück. »Ich konnte sie gut leiden. Sie hat echten Kampfgeist.«
»Das hat sie ganz sicher.«
»Ich denke, sie hat da einen Riesenfehler gemacht. Nun ja. Nach allem, was man hört, vertrittst du Senator Almundo in der Public-Trust-Anklage. Er steht wohl ziemlich unter Druck?«
»Noch ein bisschen mehr Druck«, sage ich, »und er explodiert.«
»Tja, aber wenn es jemand gibt, der in so einem Fall noch ein Kaninchen aus dem Hut zaubern kann, dann …« Der Richter nickt in Richtung Tür. »Interessant, dass Larrabee sich auf Harland Bentleys Firmen eingeschossen hat. Bei dieser Vorgeschichte.« Er schüttelt den Kopf, als wisse er nicht, was er davon halten soll. »Hegt er da irgendeinen alten Groll?«
Ich zucke mit den Achseln. »Sein Mandant hat Harlands Tochter ermordet. Warum sollte ausgerechnet er was gegen Harland haben?«
Richter Landis trommelt mit den Fingern auf den Schreibtisch. Ganz offensichtlich ist das auch ihm ein Rätsel. Kein normaler Mensch wird wohl je die Launen Jeremy Larrabees verstehen. »Gut, Paul, kommen wir zu unserem Fall hier …«
»Keinen Cent, Danny«, sage ich. »Larrabee ist wie Ungeziefer. Wirfst du ihm einen Krümel hin, hast du bald eine Invasion.«
Der Richter lässt die Hände auf seinen massiven Schreibtisch fallen. Sein Zimmer ist im Jagdhausstil eingerichtet. Auf dem Boden liegen Bärenfelle, die Wände zieren abgeschlagene und ausgestopfte Tierköpfe. Ich bin kein Jäger, aber ich habe schon ein paar Runden Golf mit dem ehrenwerten Richter Daniel Landis gespielt. Und meines Wissens nach ist er in seinem Leben nie was anderem hinterhergejagt als einem verschlagenen Golfball.
Er massiert sich die eindrucksvolle Stirn und wackelt dann mit dem Zeigfinger. »Du wirst ein bisschen Geld springen lassen müssen, damit er endlich Ruhe gibt.«
»Alles, was wir springen lassen, ist ein Jahr Gratisseife für seine Klientin.«
Die Schultern des Richters beben, als er losprustet. »Und einen Futtersack, den sie sich vors Gesicht schnallen kann.«
»Aufhören.« Sein Gesicht ist rot wie eine Tomate und zu einem breiten Grinsen verzerrt. Er ringt nach Atem. »Zehntausend«, sagt er. »Dein milliardenschwerer Klient verjubelt das bei einem einzigen Dinner. Und die Frau wird wieder eingestellt.«
»Zehntausend was?«, frage ich. »Zehntausend Nasenstöpsel für die Leute, die in ihrer Umgebung arbeiten müssen?«
Der gefällt Danny sogar noch besser. Sein Lachen geht in einen keuchenden Husten über, und er winkt mir, ich soll gehen. Sein Gesicht ist leuchtend rot, und er hält zehn Finger hoch, als ich die Tür zur Richterkammer hinter mir schließe.
Jeremy Larrabee sitzt im leeren Gerichtssaal und spricht in sein Handy.
Er scheint überrascht. »Schon fertig?«, fragt er und schaltet sein Handy aus. An seinem Pokerface muss er noch arbeiten. Er hat wohl auf irgendein Einlenken meinerseits gehofft, aber die Tatsache, dass ich nur sechzig Sekunden drin war, spricht für sich. Ich schnappe mir meine Jacke und meinen Aktenkoffer.
»Gehen Sie schon?«, fragt er.
»Sieht so aus.« Normalerweise versuche ich Kollegen gegenüber immer höflich zu sein, aber dieser Typ will eine von Harlands Firmen auspressen, und die Anklagepunkte sind absoluter Humbug. Soll er ruhig spüren, wie gleichgültig er mir ist.
»Geben Sie dem Richter eine Minute«, sage ich. »Er vergießt immer noch Tränen über das Schicksal Ihrer Klientin.«
»Ich werde eine Sammelklage anstrengen«, erwidert er und reckt das Kinn. »Dann werden die Karten neu gemischt.«
Danny Landis wird in diesem Fall niemals eine Sammelklage zulassen. Jeremy müsste das eigentlich wissen. Ein guter Anwalt kennt das Gesetz. Aber ein wirklich exzellenter Anwalt kennt seinen Richter.
»Jeremy.« Ich trete einen Schritt näher. »Tun Sie sich selbst einen Gefallen, und suchen Sie sich eine andere Firma aus. Wir werden in keinem dieser Fälle einem Vergleich zustimmen. Es sind elf Prozesse, und Sie werden alle verlieren. Das verspreche ich Ihnen. Denken Sie auch mal ans Geschäft.«
Kurz schießt mir die Frage des Richters durch den Kopf, warum Jeremy es auf Harlands Unternehmen abgesehen hat. Will er irgendeine alte Rechnung begleichen? Eine Frage, die mich beschäftigt, seit er die erste Klage eingereicht hat. Ich habe nie mit ihm darüber gesprochen. Er würde mir wohl auch
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