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In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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zu prozessieren – es gab wohl einen Ehevertrag, auch wenn mir dessen Details nicht bekannt waren – nahm Natalia einen Teil ihres Vermögens und warf es Harland als Abschiedsgeschenk hinterher. Ein Zyniker könnte behaupten, in den letzten fünfzehn Jahren sei es Harlands größter Ehrgeiz gewesen, seine Ex-Frau an Reichtum noch zu überflügeln, und ich wage sogar die Vermutung, dass er erfolgreich damit war. Jedenfalls hat meine Firma dabei entsprechend mitkassiert.
    »Wo steckt Gwendolyn im Augenblick?«, will ich wissen.
    Er breitet fragend die Hände aus. »Angeblich hat sie sich oben im Norden bei Lake Coursey ein Grundstück gekauft. Außerdem besitzt sie wohl immer noch ihr Haus in Frankreich. Aber Genaueres weiß ich nicht. Und es ist mir auch egal.« Er fixiert mich mit durchdringendem Blick. »Hat Ihnen diese Reporterin verraten, weshalb sie das alles wissen will?«
    Ich schüttle den Kopf. »Dazu ist es nie gekommen. Ich hab sie mir vom Hals gehalten.«
    Der Kellner bringt die Getränke und fragt, ob er uns die Spezialität des Tages empfehlen darf. Harland verneint, ich ebenfalls. Wie immer wird er irgendwas bestellen, das im Wasser lebt. Normalerweise tue ich das auch, aber heute steht mir der Sinn mehr nach etwas, das auf dem Land grast.
    »Sie hatten neulich dieses Karioka, Henry«, sagt er zum Kellner. »Mit Rohrzucker.«
    »Ja, Sir, Mr. Bentley.«
    »Das wäre doch was für den Anfang. Danke. Und sagen Sie bitte Homaro, er soll mal kurz vorbeischauen, wenn er Zeit hat.«
    Ich bin eigentlich nicht hier, um dieses Zeugs zu essen, dieses Karioka. Ich weiß nicht mal, was Karioka ist, aber ich bin sicher, dass es nicht auf der Speisekarte zu finden ist. Jemand wie Harland ordert einfach, worauf er Lust hat, und weiß, dass sie es für ihn machen werden, einfach weil er danach fragt. Ebenso wie er weiß, dass sie ihm ihre Bemühungen entsprechend in Rechnung stellen werden.
    »Also.« Harland faltet die Hände und wendet sich wieder mir zu. »Diese Reporterin hat mich angerufen, und ich habe den Fehler begangen, mit ihr zu sprechen. Sie war ziemlich aufdringlich, fast aggressiv. Ich habe in dieser Hinsicht ein ziemlich dickes Fell, Paul. Jemand in meiner Position ist permanent Zielscheibe der Medien.«
    »Das stimmt.«
    »Aber Cassandra geht die Öffentlichkeit nicht das Geringste an.«
    »Richtig.« Das war meines Wissens nach auch der Grund dafür, warum er damals Cassies Mord nicht vor Gericht verhandeln lassen wollte. Burgos’ Schuldunfähigkeits-Antrag basierte auf dessen Überzeugung, er handle in Gottes Auftrag und bestrafe die Sünder. Daher war es während des Prozesses unumgänglich, den wenig mustergültigen Lebenswandel seiner Opfer öffentlich auszubreiten.
    »Und was wollte Evelyn von Ihnen wissen, Harland?«
    Er schiebt sich einen Fingernagel zwischen die Zähne und wirkt einen Moment in Gedanken versunken. »Ich will dem Ganzen einen Riegel vorschieben«, sagt er. »Darüber möchte ich mit Ihnen reden.«
    Typisch Harland, nie beantwortet er eine Frage. Ich weise ihn auf einen simplen Fakt hin. »Sie ist Reporterin.« Seine Reaktion zeigt mir, dass er die Pressefreiheit für kein sonderlich hochrangiges Gut hält. »Was haben Sie im Auge – eine Klage, um sie einzuschüchtern?«
    »Oder ein Gespräch mit Lyman.«
    Lyman Kruger ist Herausgeber der Watch. Ein zweischneidiges Schwert. Lässt man den Herausgeber einer Zeitung wissen, dass man einen diffamierenden Artikel befürchtet, kann das durchaus dazu führen, dass er den Reporter dazu bringt, entweder anständig zu recherchieren oder die Sache sein zu lassen. Andererseits kann es aber auch nach hinten losgehen und die Neugier der Zeitung erst so richtig wecken.
    Ich teile Harland meine Bedenken mit. »Es könnte die ganze Geschichte noch schlimmer machen«, sage ich.
    Harland wischt meinen Einwand beiseite. Männer in seiner Position mögen es nicht, wenn man ihnen die Grenzen ihrer Handlungsfreiheit aufzeigt. »Ich will, dass das aufhört, Paul. Homaro!«, ruft er einem ganz in Weiß gekleideten Mann zu, vermutlich der Chefkoch, der sich soeben mit der Vorspeise nähert – ein paar köstlich duftenden, frittierten Fleischbällchen. Sie tauschen Nettigkeiten auf Japanisch aus, dann lässt uns der Koch wieder allein.
    »Ich will, dass es aufhört«, wiederholt er, während er sich mit der Vorspeise bedient, und die kleine Gabel landet etwas zu vehement im nächsten Fleischbällchen.
     
    Sofort nachdem Evelyn Pendrys Schultern

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