Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In grellem Licht

In grellem Licht

Titel: In grellem Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
üblichen
Zögerlichkeit und Borniertheit steht. Hör dir das
an.«
    Ich wiederholte Shana Walders’ Bericht und den heiligen Eifer
des Beirates, ihn als Lüge abzutun. »Normalerweise
stürzen sie sich auf jede Art von Kreuzung zwischen Mensch und
Tier und rennen damit kreischend zu den Medien. Es ist ja einfach,
auf diese Weise Anerkennung einzuheimsen, ohne tatsächlich
irgend etwas zu tun – wie etwa sich eingehender mit den
endokrinen Disruptoren zu beschäftigen. Aber diesmal wollen sie
die Möglichkeit einer illegalen Kreuzung einfach nicht
wahrhaben. Weshalb?«
    Van legte die Fingerspitzen gegeneinander und dachte nach, ohne
mich aus den Augen zu lassen. Er war immer schon ein guter
Zuhörer gewesen. »Nun ja, Nick, hast du dabei in Betracht
gezogen, daß der Kongreß sich anscheinend mehr und mehr
von allem fernzuhalten scheint, was Vivifaktion betrifft? Das
könnte auch der Grund dafür sein, daß der Beirat die
Geschichte dieses Mädchens gar nicht eingehender prüfen
will.«
    »Das habe ich mir natürlich auch schon überlegt.
Sie wollen nicht, daß die Volksvertreter sich über
menschliche Kniegelenke aufregen, die auf Pavianen wachsen, und
über kosmetische Hauttransplantate auf dem Rücken von
Katzen. Je weniger darüber geredet wird, umso besser. Aber ich
glaube, es steckt mehr dahinter als das.«
    »Wie kommst du darauf?«
    Ich erzählte ihm davon, wie Shana Cameron Atuli
aufgespürt hatte. Van verzog keine Miene. Als ich geendet hatte,
sagte er: »Interessant. Faszinierend. Aber ich weiß nicht,
was das mit mir zu tun haben soll. Was möchtest du von
mir?«
    »Ich würde eine Einsichtnahme in die FBI-Akten brauchen.
Um zu sehen, ob Cameron Atuli in irgendeiner Weise in illegale
genetische oder Vivifaktions-Aktivitäten verwickelt ist. Der
Beirat könnte die Einsichtnahme offiziell beantragen, aber ich
will nichts Offizielles. Und ich brauche sie.«
    »Kann ich nicht machen, Nick. Das weißt du. Die
Arzneimittelbehörde und das FBI sind zwei völlig getrennte
Organisationen.«
    »Quatsch!« entgegnete ich jovial. »Eure Ermittler
sind überall da draußen, kontrollieren Tierversuche
für die Anwendung neuer Medikamente, verfolgen klinische Tests,
wenden sich an unabhängige Experten zwecks medizinischer
Stellungnahmen. Eure Jungs hören alles, einschließlich der
Hinweise auf illegale Aktivitäten, Du kannst mir doch nicht
weismachen, Van, daß dein Verein nicht in dem Ausmaß, in
dem die Verstöße gegen die bundesweiten Gentechnikgesetze
zugenommen haben, immer enger mit dem FBI zusammenarbeitet. Ihr
schleust doch andauernd Informationen in die FBI-Abteilung für
kriminelle gentechnische Aktivitäten ein!«
    Er war zu klug, um das abzustreiten. »Und wenn das so
wäre? Wie kommst du zu der Meinung, daß das nicht als
Einbahnstraße läuft?«
    »Weil es nirgendwo in Washington so läuft!« rief
ich. »Van, behandle mich nicht wie – was sagen die jungen
Leute in diesem Fall? – >‘nen BeklopptenAusdruck.«
    Er bedachte mich mit diesem unvermuteten, strahlenden
Lächeln. »Nie im Leben, Nick! Doch nicht dich! Okay, wollen
wir theoretisch annehmen, ich könnte herausfinden, ob Cameron
Atuli je an einer illegalen Vivifaktion beteiligt war und deshalb
aktenkundig ist. Warum möchtest du das wissen?«
    »Ich möchte herausfinden, ob Shana Walders’
Geschichte tatsächlich der Wahrheit entspricht.«
    Seine Stimme, dieses erstaunliche Instrument, senkte sich um einen
Ton. »Du interessierst dich für das Mädchen!«
    »Nun, die Jugend unseres Landes ist unser kostbarstes Gut,
nicht wahr? So heißt es doch immer. Und Shana ist ein
vielversprechendes Kind.«
    Wieder dieses warmherzige leise Lachen. Und dann, beiläufig:
»Wie geht’s denn John so?«
    »Ach, immer gleich.« Er war wirklich gut. So ließ
er mich wissen, daß er verstand, weshalb ich mich
veranlaßt fühlen könnte, einem >vielversprechenden
Kind< zu helfen. Aber er machte es mit größtem
Feingefühl.
    »Und Maggie? Es ist ja Ewigkeiten her, seit Helen und ich
euch beide zum letztenmal zu Gesicht bekommen haben!«
    »Ihr geht es auch gut. – Also, willst du mir in dieser
Sache beistehen, Van?«
    »Ja.« Er lachte, weil es uns beide an meine Hochzeit
erinnerte, als ich Maggie heiratete und er als mein Beistand
fungierte. »Ja, das weißt du doch.«
    »Du wirst herausfinden, ob Cameron Atuli beim FBI aktenkundig
ist – als Opfer oder als Täter? Im Hinblick auf Verletzung
der Gentechnik- oder Vivifaktions-Gesetze, bis zu

Weitere Kostenlose Bücher