In grellem Licht
kommt gar nicht so unbeschwert heraus, wie ich
gehofft hatte, also füge ich augenzwinkernd hinzu: »Es gibt
immer wieder diese außer Kontrolle geratenen Fans, die die
Türen eintreten, um an mich heranzukommen.«
»Und denen sagen Sie auch nichts?«
»Denen ganz besonders nicht«, erwidere ich grinsend, und
weil ich dabei an den Vorfall mit der Soldatin im International
Center denke, der nur ein paar Tage nach dem Überfall auf mich
und Rob stattgefunden hatte, kommt es wieder nicht so unbeschwert
heraus wie geplant.
Mrs. Locke sieht mich ein wenig verwundert an und wartet. Ich
weiß wieder einmal nicht, was ich sagen soll. Die ganze
Unterhaltung scheint ins Stocken geraten zu sein. Verdammte Melita!
Ich kann einfach nicht mit Außenstehenden reden! Aber
das Schweigen zieht sich in die Länge, also platze ich heraus:
»Erst vor kurzem ist eine meiner Verehrerinnen gewaltsam in
meine Garderobe im International Center eingedrungen. Es war ein
wenig irritierend, denn sie war bewaffnet. Aber die
Sicherheitskräfte dort sind sehr gut in solchen Dingen, und sie
haben sie festgenommen.«
»Du lieber Himmel! Und haben sie diese Frau seither
wiedergesehen?«
»Nein«, sage ich; darüber bin ich richtiggehend
froh. Vielleicht ist das Soldatenmädchen immer noch im
Gefängnis. Ich hoffe es.
Mrs. Locke nickt, und weil sie sieht, daß ich bedrückt
bin, steht sie auf und streckt mir die Hand entgegen. »Noch mal
– es war wunderbar, Sie kennenlernen zu dürfen. Ich bin
eine große Bewunderin ihrer Kunst, Cameron. Geben Sie in
Zukunft besser acht auf sich.« Und sie geht rasch weg, wohl um
mir jede weitere Verlegenheit zu ersparen. Sie ist wirklich ein
liebenswürdiger Mensch.
Ich stehe auch auf, strecke mich und sehe hinüber zu Melita.
Sie nickt. Ich habe mein Teil geleistet. Dankbar verschwinde ich nach
unten, wo Rob auf mich wartet.
In dieser Nacht träume ich wiederum, das erstemal seit
längerem. Ich stochere im Schutt eines eingestürzten Hauses
herum, das dicht mit Unkraut überwachsen ist. In einem
Farnbüschel neben einer zerborstenen Betonmauer finde ich ein
Nest mit menschlichen Babies, alle stark deformiert: eines hat die
Beine eines Hundes, ein anderes den Kopf einer Fledermaus. Ich zucke
zurück, aber die Babies erheben sich plötzlich wie in einer
Wolke und verbeißen sich mit kleinen scharfen Zähnen in
meine Haut. Ich schreie auf und versuche, sie abzuschütteln,
aber sie rühren sich nicht. Ihre Tieraugen starren mich
unverwandt an. Rob schüttelt mich wach.
»Cam! Cam!«
»Oh… ich… oh…«
»Du hast geträumt.« Er legt die Arme um mich.
»Wieder einer von den Tierträumen?«
»Ja«, keuche ich.
»Wieder genetische Hybriden?«
»Ja.«
Er massiert mir den Rücken und küßt mich auf den
Scheitel. »Cam, Liebling, ich habe doch in den
Bibliotheksdateien nachgesehen, erinnerst du dich? Solche Dinge
können nicht existieren! Selbst wenn es gesetzlich erlaubt
wäre, hätten wir nicht die Wissenschaftlichen Grundlagen,
um DNA auf diese Art zu splitten. Niemand auf der ganzen Welt kann
das! Alle Wissenschaftler sind sich darin einig!«
»Ich weiß.« Es klang gedämpft, so dicht an
seiner Schulter. Ich spürte, wie sich mein Herz beruhigte.
»Ich denke, du solltest Frau Doktor Newell anrufen, damit sie
deine Medikation erhöht.«
»Nein. Nein, Rob, das kann ich nicht.« Eine zu hohe
Dosis verlangsamt meine Reaktionen. Nicht viel, nur jeweils um einen
Sekundenbruchteil, und die meisten Leute würden es gar nicht
bemerken. Aber ich bin Tänzer. Ein Sekundenbruchteil zählt
viel bei mir.
»Also gut«, seufzt Rob. Er ist schon wieder fast am
Einschlafen, aber meine nächste Frage weckt ihn auf, auch wenn
sie nur ein Flüstern in der Finsternis ist.
»Rob… wenn wir uns lieben, und ich dich
berühre… Auf meinen Hoden sind schmale Wülste. Narben.
Auf deinen nicht. Wieso?«
Er erstarrt. »Cameron, Liebling… frag mich
nicht.«
»Keine Erinnerungs-Operation sollte Narben auf den Hoden
bilden, oder?«
»Bitte frag mich nicht.«
Also höre ich auf zu fragen, aber ich kann lange nicht
einschlafen. Morgen früh beim Training werde ich langsam und
schwerfällig sein. Noch dazu ist Dienstag: Mister C.
persönlich, nicht Rebecca, leitet dienstags das Training. Ich darf nicht langsam sein!
Aber ich bin es. Mister C. blickt mich nachdenklich an. Ein
böses Zeichen. Tasha hat ihren Rhythmus immer noch nicht
gefunden. Eric Carter und Sarah ignorieren einander immer noch
heftig. Dmitri träumt
Weitere Kostenlose Bücher