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In grellem Licht

In grellem Licht

Titel: In grellem Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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den Raum.
    Ich kann ihr nicht nachlaufen. Ich kann mich nicht bewegen. Ich
kann nur das tun, was ich ohnehin tue: hinausschauen in die Diele,
von wo der Schimpanse, der aussah wie ich, irgendwohin verschwunden
ist, an einen Ort, der jenseits meiner Reichweite liegt.

18
    SHANA WALDERS
     
    Als sie mich endlich aus dem MOSS-Tank holen, habe ich einen Plan.
Schließlich hatte ich ja da drinnen stundenlang Zeit zum
Nachdenken, festgeschnallt in der totalen Finsternis.
    Ich habe mir überlegt, daß ich kein Bedürfnis
habe, zurechtgeschnitten und in eine Pussi-und-Bauch-Babymaschine
verwandelt zu werden.
    Und ich will auch kein Shana-Gesicht auf einem Haufen
Schimpansenkindern. Ich bin ich und nur ich und ich bin ein
menschliches Wesen, auch wenn ich eine verdammt blöde, arrogante
Ziege war, als ich mich in diese Situation brachte. Aber es bringt
nichts, über Vergangenes zu flennen. Was zählt, ist das,
was ich tun werde, wenn sie mich aus dem Tank holen. Also lasse ich
mir einen Plan einfallen. Mein Kopf ist zu keiner Bewegung
fähig, und meine Hand- und Fußgelenke sind festgezurrt. Da
tut sich gar nichts. Und so muß ich das einzige benutzen, was
ich noch unter Kontrolle habe.
    »So, Shana. Stufe zwei.« Emily Jogerst wartet schon, als
mein Bett aus dem Tank gerollt wird. Sie steht ganz in der Nähe,
dicht neben dem häßlichen Doktor im weißen Mantel,
außerdem sehe ich noch ein junges Mädchen und einen
Schwarzen. Diese beiden ziehen meine Liege heraus. Sie haben Jeans
an. Ich sehe alles ganz deutlich, aber das wissen sie nicht, denn
meine Augen sind weit aufgerissen und reglos in meinem starren
Gesicht. Dann bemerken sie den Gestank.
    »O Gott, sie hat sich angeschissen!« ruft das
Mädchen. »Katatonischer Schock!«
    »Dann mach sie eben sauber«, sagt Jogerst, »und
betäube sie für die Gewebeproben. Ruf mich, wenn du soweit
bist.« Sie verläßt den Raum. Nach einer Minute
verzieht der kleine häßliche Doktor die Nase und folgt
ihr.
    »Was sind wir doch für Glückspilze«, murmelt
das Mädchen. »Meine Güte, die stinkt aber gewaltig.
Binde sie los, Larry.«
    Larry löst meine Fesseln. Das Mädchen geht zu einer
Spüle, und ich höre Wasser rinnen. Larry tritt ans
Fußende meiner Liege und öffnet die Riemen.
    Ich setze mich ruckartig auf und greife mit beiden Händen
unter Maggies blaues Kleid. Stundenlanges Winden und Rubbeln gegen
die Polsterung der Liege haben mein Unterhöschen bis zu den
Knien gebracht, und so ist mir nichts im Weg. Ich packe eine Handvoll
Scheiße und schleudere sie geradewegs in Larrys Fresse.
    Er springt zurück und schreit auf, was er besser gelassen
hätte, denn so kriegt er die Scheiße in den Mund und
fängt an zu würgen. Mir kommt selbst der Magen hoch, aber
ich hüpfe umgehend vom Bett und renne rüber zu dem
Mädchen, das mit aufgerissenen Augen eine Wasserschüssel
hält. Ich reiße ihr die Schüssel aus den Händen
und knalle sie ihr über den Kopf. Das stoppt sie für den
Moment, bis ich in der Eile etwas Besseres gefunden habe – ein
schweres Geräteteil aus Metall, weiß Gott, wofür das
gut ist. Mit einer scharfen Kante voraus haue ich ihr das Ding
über den Schädel, und sie geht zu Boden. Jetzt wende ich
mich Larry zu.
    Er brüllt wie ein gereiztes Rhinozeros und kommt auf mich zu.
Ich lasse das Metallding fallen und gehe ihm mit ausgestreckten
Händen entgegen; ich habe sie gut geschmiert, und er kann nicht
anders: mitsamt der ganzen Scheiße, die er im Maul und im
Gesicht hat, kann er nicht anders – er zuckt unwillkürlich
zurück. Das reicht mir, sein Sturmangriff ist unterbrochen.
Geduckt ramme ich ihn mit dem Kopf, packe ihn an den Beinen und renne
ihn um, aber so, daß ich auf ihm zu liegen komme. Ich
stoße mit einer Hand in Richtung seiner Augen, und während
er sie automatisch schließt und den Kopf seitwärts dreht,
um auszuweichen, habe ich Zeit, mit der anderen Hand nach dem
scharfen Metallteil zu greifen, das ich fallengelassen habe. Ich
schlage ihn damit gegen den Hals, auf den Kopf und dann
überallhin, bis er sich nicht mehr rührt.
    Und dann springe ich auf; ich stinke wie ein Abwasserkanal. Auf
dem Arbeitstisch liegt ein Messer, ein höllisch scharfes Messer.
Ich bemühe mich, nicht daran zu denken, wofür es bestimmt
war, packe es und renne zur Tür.
    Sie ist nicht versperrt. Dahinter ist der Korridor, über den
Jogerst mich vor Stunden hergebracht hat, der Korridor, der an dem
Labor vorbeiführt, in dem die…
    Mit dem Rücken zur Wand bewege

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