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In guten wie in toten Tagen

In guten wie in toten Tagen

Titel: In guten wie in toten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Meyer
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darf.«
    »Oje«, sagte Viola.
    »Glaubst du auch, dass sie Tom umgebracht hat?«, fragte Cara.
    Viola zögerte. »Na ja«, sagte sie dann langsam und nagte an ihrem Zeigefingernagel. Vielleicht wartete sie darauf, dass Cara das Thema wechselte und sie so um eine Antwort herumkam. Aber das tat Cara nicht.
    »Eigentlich nicht«, sagte Viola schließlich. »Also, ich kann es mir jedenfalls nicht vorstellen.«
    Sehr überzeugend.
    »Was denkst du denn, was passiert ist? Wer hat Tom umgebracht?«
    Viola blickte sehnsüchtig zu ihrem Cello und dann auf ihre langen schmalen Finger, die sie in ihrem Schoß gefaltet hatte, dabei wären sie doch viel lieber über das Cello geglitten. Um diese dämliche Melodie zu spielen, wieder und wieder und wieder.
    »Vielleicht solltest du ja mal mit Seidelmann reden«, sagte Viola.
    »Mit wem?«
    »Seidelmann. Aus dem Anne-Frank. Deutsch und Geschichte.«
    »Was hat der denn mit Tom zu tun?«
    »Na, die beiden waren doch verabredet. Hat Tom jedenfalls erzählt, als wir ihn in der Melody Bar getroffen haben.«
    Cara versuchte sich vergeblich daran zu erinnern, ob Tom Herrn Seidelmann erwähnt hatte.
    »Sven«, erklärte Viola. »Seidelmann heißt Sven mit Vornamen. Ich weiß, dass die beiden privat befreundet sind. Kann aber natürlich auch sein, dass er einen anderen Sven meinte.«
    »Ich hak da mal nach. Danke.«
    »Bitte. Also, wenn du sonst keine Fragen mehr hast …« Ein schneller Blick zum Cello. Es war noch da.
    Unfassbar, dachte Cara. Tom wurde erschlagen und Helena sitzt im Gefängnis, aber Viola hat nichts als ihr blödes Cello im Kopf. Und Julia ihre bescheuerte Karriere. Und Ronja ihren Psychotherapeuten. Wer Tom umgebracht hat und was aus Helena wird, interessiert sie gar nicht. Der Gedanke machte sie so wütend, dass sie sich, ohne zu überlegen, in den nächsten Satz stürzte.
    »Ich hab gehört, dass du Helena nicht leiden kannst«, sagte sie. »Angeblich hasst du sie sogar.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Viola erschrocken.
    »Na, so wie ich es sage.«
    »Wer hat dir das erzählt?«, fragte Viola.
    Cara zuckte nur mit den Schultern.
    »Ich weiß nicht, was du meinst. Helena und ich sind total gute Freundinnen.« Viola verschränkte die Arme vor der Brust und drehte sich weg, aber nicht schnell genug. Cara hatte die Tränen in ihren Augen schon gesehen.
    »Es geht um Benny«, sagte Cara, ohne genau zu wissen, was sie damit meinte. Viola stand jetzt am Fenster. Und schwieg. Sie starrte hinunter in den gepflegten Garten. Auf blühende Rosenbüsche und einen Rasen, der so grün leuchtete, als wäre er aus Plastik.
    Mit einem Mal fühlte Cara sich schwindlig vor Müdigkeit. Vergiss es einfach, hätte sie fast gesagt, ich will gar nicht wissen, was zwischen dir und Benny abgegangen ist und was Helena damit zu tun hat. Ich will überhaupt nichts mehr wissen.
    Aber im selben Moment drehte Viola sich um. »Er hat Schluss gemacht«, sagte sie.
    »Ich dachte, du hättest dich von ihm getrennt?«, fragte Cara.
    Viola zuckte die Schultern. »Ich hab nur den letzten Schritt getan. Hab ihn vor die Tür gesetzt. Weil ich es einfach nicht mehr ertragen konnte.«
    »Was konntest du nicht mehr ertragen? Hatte er eine andere?«
    »Helena«, sagte Viola.
    Cara starrte sie ungläubig an. Sie kannte Benny nicht gut, sie hatte ihn nur ein paarmal gesehen. Ein hochgeschossener, dünner Künstler mit Zottelhaaren, der immer ein bisschen zerstreut wirkte. Nie und nimmer, dachte sie. Das ist nicht Helenas Typ, auf so einen hätte sie sich niemals eingelassen.
    »Nein«, sagte Viola. »Natürlich nicht. Da ist nichts gelaufen. Mit Helena doch nicht. Die hat Benny gar nicht zur Kenntnis genommen.«
    Cara atmete auf. »Aber Benny stand auf sie?«
    »Benny war total verrückt nach ihr. Seit Langem schon. Er hat sie bereits in der Schule angegraben. Aber sie war ja damals schon in Tom verknallt, wie wir jetzt alle wissen.« Sie lachte bitter. »Armer Benny.«
    »Du warst die ganze Zeit mit ihm zusammen, obwohl du wusstest, dass er eigentlich auf Helena steht?«, fragte Cara.
    »Natürlich nicht. Ich hatte keine Ahnung.«
    »Wie hast du es rausgefunden?«
    »Ich hab mir ein Buch von ihm geliehen. Und da lag ein Blatt drin, mit einem Gedicht. Ein Liebesgedicht für Helena. Ich zerbreche an dir. Meine Eisblume, mein Kristall, meine Sehnsucht.« Nun liefen Viola wieder Tränen über die Wangen. »Es war wunderschön«, flüsterte sie. »Benny hat noch nie ein Gedicht für mich geschrieben.«
    »Hast du

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