In Hadam wartet der Henker
Silhouette der großen Stadt. Die strahlende Säule der Neuen Flamme leuchtete die Häuser und Plätze der Alten Stadt aus. Zimmo wartete geduldig. Geduld war zu seiner zweiten Natur geworden. Er brauchte nur einen Augenblick, um lautlos zu töten, und er wartete tagelang oder länger, wenn es sein mußte, bis zu diesem Moment.
Bis Mitternacht wartete Zimmo, ohne sich zu rühren.
Dann kroch er auf dem Sims weiter, lockerte seine Muskeln und griff nach seinen vier Dolchen. Auch deren Spitzen waren vergiftet, wie die Fingernägel Zimmos. Der Assassine ahnte, daß er nicht der einzige bezahlte Mörder war, aber Algajar hatte seine diesbezügliche Frage nicht beantwortet. Zimmo lief geduckt bis zu den Säulen, hinter denen die bewohnten Räume lagen. Ein milder Nachtwind bewegte schwere, löchrige Vorhänge. Mit einem Satz schwang sich der Assassine über die Brüstung, sah sich um und stellte fest, daß ihn niemand bemerkt hatte. Die flackernden Flammen der Öllampen warfen nur wenig Licht auf die dunklen Quadern.
Fünf Schritte brachten den schmalschultrigen Mann mit den tiefen Kerben in seinem breiten Gesicht bis zu einem Vorhang. Zimmo ließ sich zu Boden gleiten, kroch unter dem Vorhang hindurch und stand in einem schwach erleuchteten Korridor. Der kleine, sehnige Mann huschte entlang der Wand auf eine Öffnung zu, griff in die Stiefelschäfte und berührte die Griffe der Wurfdolche.
Noch zweimal schob sich Zimmo um kantige Säulen, duckte sich unter uralten Verzierungen und wich dämonischen Statuen und Reliefs aus. Dann stand er im tiefen Schatten am Rand eines kleinen Saales. Die Decke verlor sich im Dunkel. Einige große Teppiche oder zusammengenähte Felle bildeten auf den Bodenplatten inselförmige Bezirke. Unzählige Tausende hatten die Platten mit ihren Schritten poliert, bis sie glatt wie Glas waren. Der erste Blick zeigte dem Assassinen sein Opfer. Luxon lag ausgestreckt in einem Sessel, die Beine weit von sich gestreckt, die Arme hingen über die Sessellehnen bis zum Boden. Auf einem niedrigen Tisch standen Krüge und die Reste einer Mahlzeit. Öllampen, über den gesamten Raum verteilt, gaben ein schwaches Licht von sich. Dreißig Schritte trennten Mörder und Opfer.
Zimmo griff in den linken Stiefel, zog den Wurfdolch und nahm ihn in die Rechte. Er hob den Arm und glitt lautlos näher. Unter seinen Sohlen spürte er nach zehn Schritten den weichen Teppich.
Sein Arm fuhr herunter. Der Dolch flog durch die Luft, überschlug sich zweimal, und im selben Moment gähnte Luxon, hob den Arm und beugte sich, wohl um aufzustehen, nach vorn. Der Dolch schlug mit einem trockenen Krachen in das Holz des Sessels und drang vier Fingerbreit ein. Der Griff traf schmerzend die Schulter Luxons.
Sofort war Luxon hellwach.
Er schnellte sich nach vorn, überschlug sich und kam auf die Beine. Ein schneller Blick traf Zimmo. Der Mörder riß den zweiten Wurfdolch aus dem Stiefel, zielte kurz und schleuderte ihn. Weder Zimmo noch der Krieger mit der bronzefarbenen Haut und den auffallend hellen Haaren hatten ein Wort gesprochen. Luxon packte ein Holzbrett und riß es in einer blitzschnellen Bewegung hoch. Essensreste flogen nach allen Seiten. Der Dolch bohrte sich tief in das Brett, und Luxon schleuderte es nach Zimmo.
»Meuchelmörder!« stieß er hervor, wich zur Seite aus und sah, wie der Fremde einen dritten Dolch aus dem Gürtel riß. Luxon sah sich um, hob einen Tisch hoch und drang damit wie mit einem Schild in weiten Sprüngen auf den Fremden ein.
Zimmo sah rechts von sich die Waffen und die Rüstung Luxons. Er glitt darauf zu, aber Luxon schnitt ihm den Weg ab.
Er schleuderte den Tisch nach Zimmo. Zimmo wich mit geschmeidigen Bewegungen aus, hob den Dolch und sprang auf Luxon los. Luxon duckte sich, erreichte den Tisch und riß mit der Linken seinen Schild an sich. Der Dolch schnitt durch die Luft, verfehlte Luxon um eine Handbreit und klirrte auf den Harnisch. Luxon verwendete den Schild als Waffe, schlug mit ihm waagrecht durch die Luft und traf, mehr zufällig, das Handgelenk des Angreifers. Der harte Schlag, der das Fleisch von den Knöcheln riß, prellte den Dolch aus den gefühllos werdenden Fingern.
Aber noch während Luxon von der Wucht des Schlages mitgerissen wurde, drang Zimmo auf seine ungeschützte rechte Seite ein.
Luxon handelte mit der Erfahrung ungezählter Kämpfe und Auseinandersetzungen. Er ließ sich fallen, riß die Beine hoch und spreizte sie. Ein Stiefel traf das Knie des Mörders,
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