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In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

Titel: In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burnside
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Hytte kam, stand die Tür offen. Wie gewöhnlich klopfte ich an und ging hinein. Kyrre Opdahl saß am Tisch vorm Fenster, inmitten von Gläsern und Geschirrstapeln. In einer Ecke standen mehrere Kisten, und auf Anhieb war offensichtlich, dass es hier nicht ums übliche Reinemachen am Ende der Saison ging. Dies war etwas Ungewöhnliches, etwas Endgültiges.
    » Was wird das?«, fragte ich.
    Kyrre blickte auf, und ich sah ihm an, wie sehr es ihn überraschte, mich zu sehen. Überraschte, aber nicht freute; ich merkte gleich, er hätte es vorgezogen, wenn ich nicht gekommen wäre. Er spitzte die Lippen, wie er es oft tat, dann machte er sich wieder an die Arbeit. » Allem Anschein nach ist mein Sommergast nicht mehr da«, sagte er schließlich.
    » Was soll das heißen – nicht mehr da?«
    » Er ist weg. Hat kein Wort gesagt, hat einfach seine Sachen gepackt und ist verschwunden.«
    » Woher weißt du dann, dass er weg ist?«
    Er schaute sich in der Hytte um. » Weil er nicht mehr da ist«, antwortete er. » Sein Auto ist nicht mehr da. Seine Sachen sind nicht mehr da. Er ist weg …« Er nickte vor sich hin. » Ja, er ist wirklich weg – was mir ganz recht ist. Ich will nur dafür sorgen, dass hier nicht noch jemand einzieht.«
    »Die Saison ist zu Ende. Jetzt kommt doch niemand mehr«, sagte ich.
    Er ging zum Schrank und holte den nächsten Stapel Geschirr heraus. » Du weißt schon, was ich meine.«
    Ich wusste es, natürlich, aber ich sagte nichts.
    » Außerdem«, sagte er, » bin ich mir nicht sicher, ob ich sie überhaupt noch einmal vermiete. Jetzt jedenfalls nicht.«
    Ich konnte nichts sagen. Ich hatte seine Huldra -Geschichte stets für eine Geschichte gehalten, wusste es nun aber besser; ich wusste, an diesem Ort war etwas Ungewöhnliches passiert, und ich nickte – vielleicht war es auch kein richtiges Nicken, nur ein leichtes Kopfschütteln, bloß die Andeutung einer Bewegung ganz gegen meinen Willen. Ich wollte ihm erzählen, was ich gesehen hatte, wusste aber nicht, wie. Außerdem gab es da zu viel, was ich nicht erklären konnte. Das Fehlen einer Leiche. Das nicht mehr vorhandene Auto. Mutters Weigerung, es zu glauben. Das alles ergab keinen Sinn.
    Kyrres Lippen spannten sich. » Akkurat«, sagte er leise auf seine typische, grimmige Art, obwohl ich kein Wort gesagt hatte. Dann öffnete er eine weitere Kiste und begann, Bücher hineinzupacken. Es waren alte Geschichtenbücher und Taschenbuchromane, meist für Kinder, dazu ein paar Thriller für Erwachsene. Manche davon kannte ich noch aus meiner Kindheit. Märchen, Bilderbücher, ein dicker Band mit Kinderreimen und Liedern, genannt Den Store Barne-Sangboka, bei dem mir einfiel, dass ich schon als kleines Mädchen daraus Lieder gesungen hatte. Er lächelte traurig. » Ein paar davon haben zwanzig Jahre hier gestanden«, sagte er, » und ich möchte wetten, dass sie in all der Zeit nie aufgeschlagen wurden.«
    Ich nickte. » Sie bringen ihre eigenen mit.«
    Er schüttelte den Kopf. » Heutzutage liest niemand mehr solche Bücher«, sagte er, griff sich vom Stapel ein Buch und hielt es hoch. Es war eine Sammlung alter Volksmärchen, auf dem Einband das Bild eines schönen Mädchens in einem roten Kleid. » Du weißt, wer das ist?«
    Ich wusste es, natürlich wusste ich es. Aber dieses Spiel wollte ich nicht mitspielen. Das Mädchen im roten Kleid war nicht Maia; es war nur eine Gestalt aus einer Geschichte, ein aus Angst und einer abwegigen, unmitteilbaren Sehnsucht geborenes Geschöpf. » Ich habe ihn gesehen, wie er sich das Boot genommen hat«, sagte ich, obwohl ich gar nichts sagen wollte. » Er sah …« Einen Moment dachte ich nach und wusste, was ich jetzt sagen wollte, würde lächerlich klingen, aber es ließ sich nicht anders sagen. » Er sah glücklich aus.«
    » Glücklich?«
    Unvermittelt traten mir Tränen in die Augen, nur wusste ich nicht, warum ich weinte. Nicht wegen Martin Crosbie. Und auch nicht wegen der Brüder Sigfridsson. » Ja.«
    Kyrre legte das Buch wieder hin und bedachte mich mit einem langen Blick. Ich wartete darauf, dass er mir Fragen stellte, dass er die Geschichte aus mir herauszulocken versuchte – dass er es wollte, sah ich ihm an, war ich doch eine Zeugin . Doch dann, langsam, fast, als täte er es mit Absicht, traten auch mitfühlende Tränen in seine Augen. Er streckte eine Hand aus und berührte mich an der Schulter. » Du armes Mädchen.« Einen Augenblick lang fürchtete ich, er könnte die Arme um mich legen,

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