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In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

Titel: In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burnside
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wurde aber auf dem Weg zu dem kleinen Laden das Gefühl nicht los, dass jemand in der Nähe war und mich beobachtete, weshalb ich mehrere Male stehen blieb und mich umdrehte. Niemand zu sehen. Sicher, ich war müde, und ich sagte mir, dass es ein anstrengender Vormittag gewesen sei, weshalb es mich nicht überraschen sollte, wenn mein Hirn mir etwas vorgaukelte. Doch was ich mir auch sagte, wie gründlich ich auch die Straßen, die Ladenfronten prüfte, so meinte ich doch genau zu spüren, dass jemand dort war, gleich außerhalb meines Blickfeldes – und wieder geriet ich fast in Panik, eine Panik, die aus keinem nachvollziehbaren Grund noch wuchs, als mir einfiel, dass ich seit meiner Abreise nicht mehr mit Mutter gesprochen hatte.
    Ich fand den Delikatessenladen. Ich sah den Mann, mit dem ich geredet hatte, wie er Käse und Körbe forträumte, während ein anderer, der mir am Vormittag nicht aufgefallen war, an der Kasse stand und offenbar die Abrechnung machte – doch musste ich gar nicht erst ins Geschäft, da gerade in dem Moment, in dem ich die Tür öffnen wollte, ein Taxi hielt und eine sehr hochgewachsene, schlanke Frau ausstieg. Als sie sich in einem Ton verabschiedete, der vermuten ließ, dass sie den Fahrer kannte, trat ich ans Beifahrerfenster und machte dem Mann ein Zeichen. Die Frau musterte mich kurz – ihrer Miene merkte ich an, dass ich offenbar nasser aussah, als ich gedacht hatte – und wandte sich noch einmal an ihren Freund. » Da wartet eine ganz feuchte Fuhre auf dich.«
    Der Fahrer warf mir einen Blick durch das Fenster zu. » Ich hatte schon schlimmere.«
    Aus irgendeinem Grund fand die Frau dies amüsant. Sie lachte befremdlich, ließ die Tür offen für mich und eilte in den Delikatessenladen, während ich mich duckte und auf den Rücksitz gleiten ließ. » Tut mir leid«, sagte ich. » Ich bin wirklich ziemlich nass.«
    Der Fahrer lächelte mich im Rückspiegel an. » Kein Problem, meine Beste«, sagte er. » Wohin darf ich Sie bringen?«
    ***
    Als ich aus dem Taxi stieg, fühlte ich mich maßlos erschöpft. Der Fahrer hatte pausenlos auf mich eingeredet, mich gefragt, woher ich kam und ob ich Urlaub machte, und ich hatte mit letzter Kraft meinen Teil zum Gespräch beigetragen, nur war es mir, je länger die Fahrt dauerte, immer schwerer gefallen, und bei dem Regen und dem Verkehr hatte es eine ganze Weile gebraucht, zum Hotel zurückzukommen. Jetzt wollte ich nur noch auf mein Zimmer, ein Bad nehmen und schlafen – allerdings war ich während der Rückfahrt aus dem Stadtzentrum, selbst während des Gesprächs mit dem Fahrer, davon überzeugt, dass die Person, die mich zuvor beobachtet hatte, nun in der Hotellobby auf mich wartete, weshalb ich erst nicht hineingehen wollte und auf dem mit Kies ausgelegten Hof stehen blieb, dort, wo das Taxi mich abgesetzt hatte, und immer nasser wurde, während ich mir sagte, wie lächerlich dieser Gedanke war. Ich hatte keine Ahnung, wer mir folgen sollte. Noch auf der Hauptstraße hatte ich kurz geglaubt, es sei Kate Thompson: Ich sagte mir, dass sie im Krankenhaus nur so getan hatte, als verabschiedete sie sich, dass sie mir nachgegangen war, mir zum Delikatessenladen und in die Galerie gefolgt war, eine unsichtbare Präsenz, die mich von Ort zu Ort begleitete und jede meiner Bewegungen beobachtete, unfähig, das Recht auf ein Urteil aufzugeben, auf das sie einen Anspruch zu haben meinte. Aber das war absurd. Warum sollte sie so etwas tun? Was hatte sie davon? Vermutlich stand sie in ebendiesem Moment daheim in ihrer Küche, nippte an einem Glas Weißwein und putzte Porree fürs Abendessen, zu dem ich, wie sie längst ahnte, nicht kommen würde. Noch während ich es mir gestattete, sie im Verdacht zu haben, wusste ich tief in den dunkelsten Winkeln meines Verstandes, dass sie es nicht sein konnte – ich war mir sogar sicher, denn kaum fühlte ich mich beobachtet, kam mir ein Name in den Sinn, und auch wenn die Vorstellung noch absurder schien, dass es Maia gewesen sein könnte, die mir erst durch den Park zur Kunstgalerie und dann von einem Saal in den nächsten gefolgt war, um, ehe sie verschwand, mein Gesicht zu studieren, als ich vor dem Sohlberg stehen blieb, war es ihr Name, der mir einfiel. Was nun wirklich aller Wahrscheinlichkeit Hohn sprach, wie ich mir klarzumachen versuchte, während mir der Regen über Haar und Gesicht rann und ich drei Schritte vor der Hotellobby stehen blieb und pudelnass wurde. Drei Schritte und eine Treppe hinauf

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