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In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

Titel: In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burnside
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so doch zumindest geplant gewesen war. Ich hätte nicht sagen können, welche Form dieser Verrat angenommen hätte, doch wusste ich, dass er drohte, und ich wollte jetzt nur noch ein Museumscafé finden, in dem es anständigen Kaffee und die Art Kuchen gab, die, geradeso wie in unserem Esszimmer an einem Samstagmorgen, nach Teig und verbranntem Zucker roch. Es dauerte eine Weile, diesen Ort zu finden, aber als ich ihn sah, fiel mir auch wieder ein, warum mir das Plakat aufgefallen war. Es war keine große und wohl auch keine bedeutsame Galerie, doch wie es der Zufall wollte, wurde an ebendiesem Tag in ebendieser Stadt eine Wanderausstellung eröffnet, und das Plakat, das ich gesehen hatte – jetzt erinnerte ich mich auch, dass es mir unter den übrigen Plakaten an der Anschlagtafel aufgefallen war, neu und leuchtend bunt, während die anderen bereits verwitterten und verblassten –, dieses Plakat also vermeldete die erst kurz zuvor erfolgte Eröffnung einer Ausstellung mit dem Titel Wilde Berechnung: Kunst und Natur von 1850 bis 1939. Zweifellos ein staubtrockner, akademischer Titel – einen Moment lang fragte ich mich, warum die angegebenen Jahreszahlen bedeutsam schienen –, doch mein Interesse war geweckt. Gerade als der Regen erneut einsetzte, eilte ich die Treppen zur Galerie hinauf, um mir in dem prunkvollen, etwa aus mittviktorianischer Zeit stammenden, in Ziegel und Marmor gehaltenen Foyer von einer hübschen Asiatin mit rotem Schal und dunkelblauem Pullover eine Eintrittskarte zu kaufen, den angebotenen Audioguide höflich abzulehnen und einen lang gezogenen Raum mit hoher Decke zu betreten, in dem die ersten Bilder hingen.
    ***
    Was verstehen wir unter » wild«? Was finden wir an der natürlichen Welt fremd und zugleich unentbehrlich? Was fehlt uns, wenn wir in den Wald gehen? Warum spüren wir eine Sehnsucht nach Landschaften, in denen wir nie gelebt haben?
    Ich las die ersten Zeilen der Broschüre, die mir mit der Eintrittskarte gegeben worden war, faltete sie zusammen und steckte sie ein. Man sah auf den ersten Blick, dass Wilde Berechnung zu jenen Ausstellungen gehörte, die informieren und zugleich ernsthaftes Nachdenken darüber provozieren wollen, worum es in der Kunst eigentlich geht, und das interessierte mich nicht im Geringsten. Ich hatte für Kunstgeschichte nur wenig übrig – auch wenn es mich überraschte, dass ich, als ich von Bild zu Bild ging, die meisten Werke bereits aus Mutters Büchern kannte – und wollte vor allem die Atmosphäre spüren, die diese Bilder durch ihre Vielzahl erzeugten, eine Atmosphäre, die mich an zu Hause erinnerte. Die meisten Arbeiten stammten von unbedeutenderen Künstlern, deren Namen nur vage vertraut klangen, aber das machte nichts; im Gegenteil, mir gefiel die Stille, die Tatsache, dass diese Bilder für den flüchtigen Blick nichts weiter als Darstellungen irgendeiner anonymen Weide oder eines Kiefernwaldes waren, die den Maler aus Gründen, die niemand sonst nachvollziehen konnte, so fasziniert hatten, dass er am Rand eines nassen Feldes oder an einem windigen Strand ausgeharrt hatte, um stundenlang, die Finger taub bis ins Mark, etwas einzufangen, was für die meisten Betrachter eher unwichtig war. Es gab mehrere Säle, jeder mit einem großen Gemälde in der Mitte, und ich wanderte langsam von Raum zu Raum, nahm überall um mich herum die Felder nachempfundener Farbe und nachvollzogenen Lichtes wahr, bis ich schließlich im Anschluss an eine Reihe unbedeutenderer impressionistischer Obstgärten und düsterer englischer Landschaften wie erstarrt vor einem großen, dräuenden Bild stehen blieb, dem im letzten Raum der Ausstellung der Ehrenplatz eingeräumt worden war. Ich erkannte es natürlich auf Anhieb, hatte es aber noch nie in all seiner Pracht gesehen und war von seiner Schönheit überwältigt. Überwältigt, ja, aber nicht allein von seiner Schönheit, sondern auch von der Tatsache, dass dieses Bild, eines von Mutters zwei, drei Lieblingswerken der Kunstgeschichte, ausgerechnet hier sein sollte – und der schon vorher verspürte Schwindel kehrte zurück, obwohl ich sofort begriff, dass es genau dies war, was ich die ganze Zeit erwartet hatte.
    Ich schaute mich um. Außer mir war niemand da, nicht einmal jemand vom Sicherheitspersonal, aber mitten im Raum stand eine niedrige Bank, auf der ein früherer Besucher eine schmutzige, leicht zerknitterte Broschüre liegen gelassen hatte. Ich ging gleich hin, setzte mich und betrachtete das Bild. Es

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