In jenem Sommer in Spanien
so wohl geordnetes Leben völlig aus den Fugen geraten war. Er hatte seinen Laptop im Untergeschoss gelassen und beschlossen, einmal nicht erreichbar zu sein und abzuwarten, was ihm der Abend so brachte.
Offenbar nichts, denn als er schließlich aus dem dampfenden Bad ins Schlafzimmer kam, lediglich ein Handtuch um die Hüften geschlungen, war es leer. Rasch vergewisserte er sich, ob Alex’ Koffer noch da standen. Ja, alles in Ordnung. Bestimmt war sie bei Luke. Wie er war, ging Gabriel über den Flur zum benachbarten Zimmer. Da saß Alex und las ihrem längst schlafenden Jungen etwas vor.
„Der Schlaf der Gerechten!“
Alex zuckte zusammen. „Hättest du dir nicht etwas anziehen können?“ Sie legte das Buch weg und stand auf.
„Ich habe dich gesucht.“ Lässig lehnte Gabriel im Türrahmen und sah atemberaubend sexy aus. Er schien nur darauf zu warten, dass sie mit ihm kam.
Rasch schob sich Alex an ihm vorbei. Sie war sich seiner atemberaubenden Attraktivität so bewusst, dass sie ganz weiche Knie bekam, und als er die Schlafzimmertür hinter ihnen schloss, blieb ihr beinah das Herz stehen.
Das Zimmer war groß, sogar riesig im Vergleich zu denen in ihrem Haus. Trotzdem bot es ihr keinerlei Möglichkeit, Gabriel irgendwie auszuweichen. Zögerlich drehte sie sich zu ihm um. Ein wohliger Schauer überlief sie, und Alex hatte das Gefühl, jeden Moment in Ohnmacht zu fallen. Sie wünschte nur, er würde sich endlich etwas anziehen. Aber bestimmt sprach sie ihn nicht noch einmal darauf an. Womöglich dachte er dann, sie würde auf seine männliche Ausstrahlung reagieren.
Dann kam ihr ein anderer Gedanke. Besaß er überhaupt einen Schlafanzug? Damals hatte er nie einen getragen, und sie hatte es geliebt, wenn er nackt neben ihr im Bett lag. Aber jetzt konnte sie sich kaum etwas Schlimmeres für ihre Gemütsruhe vorstellen.
„Wieso starrst du mich so an? Sollte ich mich geschmeichelt fühlen?“
„Ich hoffe, du hast etwas … Anständiges zum Anziehen dabei.“
„Etwas Anständiges? Was meinst du damit?“
„Einen Schlafanzug, Boxershorts und T-Shirt, irgendetwas.“
„Warum sollte ich? Ich habe nicht damit gerechnet, dass uns meine Eltern im selben Zimmer unterbringen.“
„Was auch nicht passiert wäre, hättest du ihnen die Situation erklärt.“
„Das Thema hatten wir doch schon, Alex. Jetzt teilen wir ein Zimmer. Finde dich damit ab.“
„Schön!“ Sie verschränkte die Arme und sah ihn feindselig an. Dabei ging ihr der Anblick seines nackten Oberkörpers regelrecht unter die Haut, genauso wie die Tatsache, dass Gabriel offenbar nicht im Entferntesten daran dachte, sich nun endlich etwas anzuziehen. „Nur damit du weißt, wo ich stehe, Gabriel: Ich hätte nicht herkommen müssen, und ich wollte kein Zimmer mit dir teilen! Jetzt habe ich keine andere Wahl, und du …“
„Und ich soll gefälligst die Hände von dir lassen?“ Amüsiert schlenderte Gabriel auf sie zu. Er spürte, dass es sie große Mühe kostete, nicht zurückzuweichen. Aber wovor eigentlich? Vor ihm? Aus Angst oder weil sie sich abgestoßen fühlte? Glaubte sie, er würde sie zu etwas zwingen? Nachdem sie sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt hatte, versuchte er nur, das Beste daraus zu machen. War das jetzt ihr Dank dafür?
Offenbar, so wie sie ihn ansah.
„Lass uns mal eine Sache klarstellen, Alex. Ich pflege mich einer Frau nicht aufzudrängen.“
„Das habe ich doch gar nicht behauptet.“
„Glaubst du wirklich, du bist so unwiderstehlich, dass ich nicht einmal ein paar Stunden neben dir im Bett verbringen könnte, ohne über dich herzufallen?“
„Das tue ich nicht“, erklärte Alex errötend. „Ich dachte nur, ich müsste Grenzen setzen.“
„Hat dich irgendetwas dazu veranlasst, zu denken, ich sei kein Ehrenmann?“
„Nein, aber …“
„Soll ich dir mal sagen, wie ich das alles sehe? Als du mir – Jahre nach seiner Geburt – die Existenz meines Sohnes eröffnet hast, habe ich weder die Vaterschaft angezweifelt, noch damit gedroht, vor Gericht zu gehen, um das alleinige Sorgerecht zu bekommen. Ganz im Gegenteil: Ich habe dir die Legalisierung unserer Verbindung angeboten. Du hast mir einen Korb gegeben und wolltest eine freundschaftliche Beziehung mit dem gehörigen Abstand. Diesen Wunsch habe ich akzeptiert.“ Gabriel fuhr sich durchs Haar, bevor er weitersprach: „Mehr noch, nach meiner öffentlich gewordenen Trennung von Cristobel habe ich mein Bestes getan, um dich vor der
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