In jenem Sommer in Spanien
auf der Schwelle stand.
„Ich habe euch hier untergebracht“, erklärte Maria. „Gabriels Zimmer ist eigentlich im anderen Flügel. Aber ich dachte, dass ihr bestimmt nahe bei eurem Jungen sein wollt.“
Wie ihr ? Marias Worte klangen in Alex nach, während sie sich im Zimmer umsah und ihre billigen Plastikkoffer direkt neben Gabriels Luxusausführung entdeckte. Entsetzt sah sie sich nach Gabriel um und versuchte Augenkontakt zu ihm aufzunehmen, aber er sprach angeregt mit seinem Vater.
Also räusperte sich Alex. „Hm … ich glaube, da stimmt etwas nicht.“ Sie deutete auf die Koffer.
„Ich kümmere mich gleich darum“, sagte Gabriel gelassen und schob sich zwischen Alex und seine Mutter, die ein wenig verwundert schaute, während Luke bereits ungeduldig an ihrem Arm zerrte, weil er in sein Zimmer wollte.
„Ich glaube, da liegt ein Missverständnis vor“, versuchte es Alex noch einmal, doch Gabriel versperrte ihr die Sicht auf seine Mutter. Gleich darauf zog Luke seine neue Großmutter bereits zum anderen Zimmer. Gabriel schloss schnell die Tür hinter den beiden und wandte sich an Alex.
„Ich finde, dass es sehr gut gelaufen ist. Besser als erwartet.“ Er schlenderte zum Fenster und sah hinaus. Dann drehte er sich um und lehnte sich an den Fenstersims, auf dem zur Dekoration eine Skulptur galoppierender Pferde aus schwarzem Marmor stand.
Doch Alex weigerte sich, auf seinen Plauderton einzugehen. „Was passiert denn hier?“, fragte sie und verschränkte herausfordernd die Arme.
„Ich weiß nicht, was du meinst.“
„Natürlich weißt du das, Gabriel! Warum ist dein Gepäck in meinem Zimmer?“
„Weil das nicht dein Zimmer ist, sondern unseres. Und ich bin darüber genauso überrascht wie du. Ich hätte nicht gedacht, dass meine Eltern so liberale Ansichten haben. Aber der heutige Tag war ohnehin voller Überraschungen.“
Alex kochte vor Wut. „Ich schlafe nicht im selben Zimmer mit dir“, erklärte sie dann mit zusammengebissenen Zähnen.
„Du hast keine andere Wahl“, antwortete Gabriel so höflich wie möglich. Doch als sie ihre beiden Koffer nehmen und das Zimmer verlassen wollte, war er sofort bei ihr. Diesmal sah er sie so unerbittlich an, dass es ihr eiskalt den Rücken hinunterlief. Doch dadurch ließ sie sich nicht einschüchtern.
„Was soll das heißen? Natürlich habe ich eine Wahl! Lukes Zimmer ist groß genug, um eine ganze Fußballmannschaft darin unterzubringen. Es wäre kein Problem, wenn ich heute Nacht bei ihm schlafe, bis dieses Missverständnis aufgeklärt ist.“
„Habe ich nicht bereits erwähnt, dass meine Eltern sehr konservativ sind? Sie haben die Möglichkeit nicht erwogen, dass wir beide keine Beziehung haben.“
„Hast du ihnen das denn nicht gesagt?“
„Was? Dass du gerne möchtest, dass Luke unehelich bleibt, damit du dein Ding machen kannst? Dass sie ihren Enkel nur sehen dürfen, wenn es das Besuchsrecht erlaubt? Dass er in einem quasi asozialen Viertel in London wohnt? Ich dachte, diese delikaten Einzelheiten erzähle ich ihnen lieber von Angesicht zu Angesicht und in deinem Beisein. In der Zwischenzeit haben sie wohl ihre eigenen Schlüsse gezogen.“ Er zuckte die Schultern. „Sollen wir ihnen die Freude mit Luke verderben, indem wir ihnen jetzt sofort sagen, wie rückständig sie im Denken sind und dass heutzutage Alleinerziehende mit Kind das Ideal sind?“
„Das ist nicht fair.“
„Mag sein, aber wir können uns morgen überlegen, wie wir die Sache lösen. Bis dahin würde ich gerne schlafen und nicht mit dir herumdiskutieren. Die letzten Tage waren sehr anstrengend. Das Bett ist groß genug für uns beide. Jetzt werde ich duschen und schlage vor, du packst inzwischen aus.“
6. KAPITEL
Gabriel duschte erst einmal in aller Ruhe. Alex unternahm bestimmt nichts. Nachdem sie das Schlimmste befürchtet und nun so herzlich empfangen worden war, würde sie die gute Stimmung nicht aufs Spiel setzen wollen. Zumindest nicht heute Abend. Morgen war ein neuer Tag, und dann würde man weitersehen …
Jetzt ließ er ihr einfach Zeit, um sich zu beruhigen. Wie merkwürdig, normalerweise taten Frauen alles, um sich bei ihm von ihrer besten Seite zu zeigen, nicht so Alex. Woran es wohl lag, dass sie einerseits die Frau mit den wenigsten femininen Allüren, aber gleichzeitig umso viel aufregender war als all jene, die ihre Weiblichkeit ständig übermäßig betonten?
Nach dem Duschen fühlte sich Gabriel belebt und entspannt, obwohl sein sonst
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