In jenem Sommer in Spanien
Reportermeute zu schützen, indem ich dich und Luke mit hierher genommen habe, wo wir uns zurückziehen können, bis die Boulevardpresse ein anderes Fressen gefunden hat. Meine Eltern haben dich nicht verurteilt und keine Fragen gestellt. Auch sie haben Lukes plötzliches Auftauchen mit Würde und Anstand akzeptiert und ihn in ihr Herz geschlossen. Davon ausgehend, dass das für uns beide mehr ist als nur eine Art geschäftliche Übereinkunft, haben sie uns gegen ihre moralische Überzeugung im selben Zimmer untergebracht, weil sie dachten, sie täten uns damit einen Gefallen. Und vor diesem Hintergrund hast du die Stirn, mich wie einen sexhungrigen Teenager zu behandeln, der kurz davor ist, über dich herzufallen?“
Mit dieser kleinen Rede nahm er Alex den Wind aus den Segeln. Sogar ihre innere Stimme verstummte, die sie die ganze Zeit daran erinnert hatte, was für ein heißblütiger, ausdauernder Liebhaber er war. Stattdessen kamen Alex Zweifel: Womöglich zählte sie gar nicht mehr zu den Frauen, die diese Libido befriedigen konnten. Womöglich war Gabriel genauso wenig davon begeistert, ein Bett mit ihr zu teilen, aber anständig genug, keine große Sache daraus zu machen. Er respektierte und liebte seine Eltern und wollte sie nicht vor den Kopf stoßen. Auf einmal kam sie sich unsäglich dumm vor.
„Was glauben denn deine Eltern, was wir für eine Beziehung haben?“
„Natürlich gehen sie davon aus, dass ihr Sohn sich wie ein Ehrenmann verhalten und dir die Ehe angeboten hat.“
„Haben sie das gesagt?“
Gabriel nickte. Zwar hatten seine Eltern die Worte nicht ausgesprochen, aber sicher gingen sie auch nicht davon aus, dass er eine Vereinbarung über geteiltes Sorgerecht und Besuchszeiten getroffen hatte. Wie er ihnen das beibringen sollte, blieb abzuwarten. Er runzelte die Stirn, weil er sich immer noch darüber ärgerte, dass Alex seinen Heiratsantrag abgelehnt hatte. Vor fünf Jahren hätte sie vor Begeisterung darüber Luftsprünge gemacht.
„Was machen wir denn jetzt?“, fragte sie nun.
„Im Augenblick unternehmen wir erstmal gar nichts. Meine Eltern sind alt und dürfen noch ein paar Träume haben. Arrangier dich mit unserem gemeinsamen Bett, aber sei versichert, dass du keine Übergriffe befürchten musst.“
„Okay.“ Alex wandte den Blick ab. „Ich nehme jetzt ein Bad.“ Danach war er hoffentlich längst eingeschlafen – zuvor allerdings auf die Idee gekommen, es sich auf dem Sofa gemütlich zu machen. Gemütlich war vielleicht das falsche Wort: Es sah unbequem aus und war wahrscheinlich zu kurz für ihn.
Sie stürmte ins Badezimmer und schloss unüberhörbar ab. Nach dem Baden wurde ihr bewusst, dass sie selbst auch nichts Anständiges für die Nacht dabeihatte. Hätte sie gewusst, dass sie ein Zimmer mit Gabriel teilen musste, hätte sie sich etwas gekauft, das so viel wie möglich verdeckte. So hatte sie bloß eine kurze Pyjamahose und ein Strickjäckchen eingepackt.
Wenigstens war er eingeschlafen.
Doch Gabriel schlief nicht. Seine Augen hatten Zeit gehabt, sich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen, und er genoss es, Alex dabei zu beobachten, wie sie sich in ihrem Fähnchen zum Bett tastete. Diese Art Nachtbekleidung hätte Cristobel einen Schauer über den Rücken gejagt – keine Spitze, keine Rüschen, keine Seide. Bei jeder anderen Frau hätte auch er die Sachen als höchst unsexy empfunden, doch an Alex mit ihren schlanken Armen und Beinen sahen sie einfach großartig aus. Sie mochte nicht über die klassischen weiblichen Schönheitsattribute verfügen, hatte aber immer etwas gehabt, das ihn unheimlich anzog und auf das er auch jetzt wieder reagierte. Nun legte sie sich zu ihm ins Bett, blieb aber so weit wie möglich an der Kante.
Nach einer Viertelstunde, in der sie kaum zu atmen gewagt hatte, ging Alex zum Sofa und holte sämtliche Kissen, um damit eine Barriere zwischen sich und Gabriel zu bauen.
Er beobachtete sie aus halb geschlossenen Lidern und überlegte, wann er sich dieses lächerlichen Schutzwalls wieder entledigen wollte. Jetzt! Ohne Vorwarnung stützte er sich auf einen Ellbogen und warf Kissen für Kissen auf den Boden. „Ich lasse mir doch meinen Platz nicht von diesen Dingern streitig machen!“
Alex sah ihn entgeistert an. Das Riesenbett war plötzlich ganz winzig geworden. Die Decke war Gabriel so weit vom Oberkörper gerutscht, dass man fast hätte meinen können, er trüge nicht einmal eine Unterhose. „Warum schläfst du
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