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In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05

Titel: In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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der Ranch entfernt in Deckung zu bleiben. Vor allem nicht nachts. Es war viel besser, ohne Licht die Straße entlangzufahren, hundert Meter vor dem Haus kurz zu halten, damit zwei Mitglieder des Teams aus dem Wagen springen konnten, dann zu wenden und sich nach Norden davonzumachen, während die beiden sich hinter den nächsten Felsblöcken verbargen, sich dann nach Süden aufs rote Tor vorarbeiteten und in kleinen Senken zehn Meter vom Straßenrand entfernt in Deckung gingen.
    Die Männer hatten Nachtsichtgeräte. Nichts Besonderes, nichts Militärisches, nur handelsübliche Geräte aus einem Sportversand. Die Geräte waren Ferngläser mit elektronischer Restlichtverstärkung. Mit irgendeinem Infrarot-Bildwandler. Er reagierte auf die vom Boden aufsteigende Wärme und ließ Reachers Bild schwanken und schimmern, als er über den Hof ging.

8
    Reacher fand Carmen im Salon. Die Beleuchtung war trüb, die Luft drückend heiß. Sie saß kerzengerade an dem rot gestrichenen Tisch und starrte ausdruckslos auf einen Punkt an der Wand.
    »Doppelt«, murmelte sie. »Ich fühle mich doppelt betrogen. Erst war’s ein Jahr, dann keins mehr. Dann waren es achtundvierzig Stunden, jetzt sind’s nur noch vierundzwanzig.«
    »Sie können noch immer verschwinden«, entgegnete er.
    »Sogar weniger als vierundzwanzig«, sagte sie. »Ungefähr sechzehn Stunden. Frühstücken kann ich noch allein, aber zum Mittagessen ist er wieder da.«
    »Sechzehn Stunden reichen«, sagte er. »In sechzehn Stunden könnten Sie weit weg sein.«
    »Ellie schläft«, erklärte sie. »Ich kann sie nicht wecken und ins Auto packen, mit ihr losrasen und jahrelang auf der Flucht vor den Cops sein.«
    Reacher schwieg.
    »Ich werde versuchen, mich mit ihm zu arrangieren«, sagte sie. »Einen neuen Anfang machen. Ihm sagen, dass es reicht. Dass ich mich scheiden lasse, wenn er mich wieder schlägt. Ohne Rücksicht auf Zeit und Kosten.«
    »Ein guter Vorsatz.«
    »Glauben Sie, dass ich das kann?«, fragte sie.
    »Ich glaube, dass jeder alles kann«, antwortete er. »Wenn er’s wirklich will.«
    »Ich will es«, sagte sie. »Wirklich.«
    Reacher sah sich in dem stillen Raum um.
    »Warum haben sie alles rot gestrichen?«, wollte er wissen.
    »Weil es billig war«, entgegnete sie. »In den Fünfzigerjahren wollte hierzulande niemand etwas Rotes – wegen der
Kommunisten. Deshalb war Rot im Farbengeschäft die billigste Farbe.«
    »Ich dachte, die Greers seien damals reich gewesen. Wegen des Öls.«
    »Sie waren reich. Sie sind noch heute reich. Reicher, als Sie sich vorstellen können. Aber sie sind auch geizig.«
    Er betrachtete die Stellen, wo der fünfzig Jahre alte Anstrich bis aufs Holz abgewetzt war.
    »Scheint so«, sagte er.
    Sie nickte, ohne etwas zu sagen.
    »Letzte Gelegenheit, Carmen«, begann er wieder. »Wir könnten sofort losfahren. Niemand wird die Cops anrufen. Bis die anderen zurückkommen, sind wir über alle Berge.«
    »Bobby ist hier.«
    »Der bleibt im Stall bei den Pferden.«
    »Er würde das Auto hören.«
    »Wir könnten die Telefonleitung kappen.«
    »Er würde uns verfolgen. Er könnte in zwei Stunden beim Sheriff sein.«
    »Wir könnten die anderen Autos fahruntüchtig machen.«
    »Das würde er hören.«
    »Ich könnte ihn fesseln oder in einem Pferdetrog ertränken.«
    Sie lächelte bitter. »Aber Sloop würden Sie nicht ertränken.«
    Er nickte. »Schlecht möglich bei einer Slup.«
    Sie schwieg einen Augenblick. Dann schob sie ihren Stuhl zurück und stand auf.
    »Kommen Sie, und sehen Sie sich Ellie an«, sagte sie. »Sie ist so schön, wenn sie schläft.«
    Carmen ergriff seine Hand. Führte ihn durch die Küche, in den Vorraum hinaus und die Hintertreppe hinauf. Den langen, stickigen Korridor zu Ellies Zimmer. Sie drückte die Tür mit dem linken Fuß auf und ließ Reacher hineinblicken.

    In einer Steckdose dicht über der Fußbodenleiste steckte ein Nachtlicht, in dessen sanftem orangerotem Schein die Kleine mit über den Kopf gereckten Armen auf dem Rücken schlief. Sie hatte ihre Decke heruntergestrampelt, und das mit Figuren bedruckte T-Shirt war hochgerutscht. Ihr blondes Haar war über das Kopfkissen gebreitet. Ihr Mund war leicht geöffnet.
    »Ellie ist sechseinhalb«, flüsterte Carmen. »Sie braucht das hier. Ein eigenes Bett, ein eigenes Zimmer. Ich darf sie da nicht herausreißen und zu einem Zigeunerleben verdammen.«
    Er sagte nichts.
    »Das verstehen Sie doch?«, flüsterte sie.
    Er zuckte mit den Schultern.

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