In Liebe, Rachel
ein Vater ist kein Ehemann.« Safi beugte sich vor. »Du kennst meinen Sohn, Sarah. Jung und stark. Fast erwachsen.« Sie zwinkerte.
»Tuyage twongere.«
Wir sollten uns unterhalten.
Safis Lachen sagte Sarah, dass diese Worte sie kräftig hatten erröten lassen, eine nie versiegende Quelle der Faszination und der Erheiterung für die Flüchtlinge. Sie sollte sich wappnen. Ganz sicher würde man sie noch häufiger necken.
Die Kinder umschwärmten sie immer noch, selbst als das letzte Bonbon verteilt war, stellten Fragen und streichelten ihr mit ihren kleinen Händen die Arme. Langsam näherte sich die Gruppe dem Hauptgebäude des Camps, und Sarah bemerkte das Moos, das an der Dachkante wuchs, und die Lehmbrocken, die wegen der Feuchtigkeit aus den Wänden gebrochen waren. Das Haus würde bald repariert werden müssen.
Gegen ihren Willen suchte sie mit den Augen das Gelände nach dem vertrauten Jeep ab, fragte sich, ob er wohl im Camp war, vor kurzem erst Waren geliefert hatte, vielleicht Pakete mit Spenden wie diejenigen, die die Jungs für den Markt geplündert hatten. Doch nirgendwo standen Autos, nur ein paar einsame Ziegen. So war es besser, sagte sie sich. Sie musste sich wappnen, musste ihre Gefühle in den Griff bekommen, bevor sie Sam gegenübertrat.
Sie gab das letzte Bonbon dem jüngsten Kind in der Menge, verabschiedete sich und trat in das kühle Innere des Hauptgebäudes. Hier wurden die Flüchtlinge registriert, hier waren die Krankenstation untergebracht und die Wohnungen für Dr. Mwami, einige andere Angestellte von verschiedenen NGO s und sie selbst. Wenn nicht die Fliegen gewesen wären, die Lehmwände und das Brummen des Generators, hätte der Registrierraum auch ein Büro irgendwo in Iowa sein können. Eine Frau in Khakikleidung mit geglättetem Haar blickte finster auf einen Monitor, das Gesicht bläulich beschienen, und hämmerte immer wieder auf eine Taste.
»Bin gleich da«, sagte sie und kroch unter den Tisch zu den Kabeln. »Verdammtes Betriebssystem! Legt das ganze Laufwerk lahm«, knurrte sie. »Ein Mac war für uns ja nicht drin, nein, nur eine virusverseuchte Microsoft-Kiste mit einem Prozessor im Kilobytebereich …«
»Hallo, Maggie.«
Die Frau hob den Kopf über die Tischkante und blinzelte hinter ihrer eckigen Brille. »Wenn das mal nicht Sarah Pollard ist!« Sie rappelte sich auf. »Du hast mich soeben um zwei Flaschen Bananenwein gebracht.«
Sarah runzelte fragend die Brauen.
»Ich habe nach deiner Abreise mit diesem tollen Typen von der Moskitonetzorganisation gewettet, dass wir deinen mageren Hintern nicht mehr wiedersehen werden. Na ja, traurig bin ich nicht, dass ich verloren habe.« Sie breitete ihre starken, sehnigen Arme aus. »Los, komm her!«
Sarah wappnete sich gegen die kraftvolle Umarmung und war erleichtert, als Maggie sie endlich wieder losließ, um sie von oben bis unten zu mustern. »Du müsstest doch braungebrannt und vollgefuttert sein, Süße. Was hast du in den Staaten denn nur getrieben? Winterschlaf gehalten?«
»Ich habe die meiste Zeit im Flugzeug verbracht«, erwiderte Sarah schuldbewusst. »Das ist eine sehr lange Geschichte.«
»Nun, ich habe gerade nicht so viel zu tun. Du kannst mir also alle schmutzigen Details bei der nächsten Breiration erzählen, okay?«
»Klingt gut.« Sarah deutete mit dem Kinn auf den Computer. »Ärger?«
»Mehr, als der Kasten wert ist.« Maggie umrundete den Tisch und versetzte dem Monitor einen kräftigen Klaps. »Der Bildschirm ist eingefroren, ich glaube, auf irgendeiner Pornoseite. Hast du schon mal versucht, Banyamulenge-Profile durch den Schatten eines erigierten Penis zu lesen?« Maggie gestikulierte über ihre Schulter hinweg zu den brummenden Maschinen, die hinter einer Abdeckplane standen. »Das eigentliche Problem ist, dass ich zwar Fotos von all diesen Menschen machen kann, aber ohne Zugang zur Flüchtlingsdatenbank klappt’s mit dem Abgleich nicht. Ach, das willst du gar nicht hören. Ich schaffe es schon.« Sie warf einen Blick auf Sarahs vollen Seesack. »Du hast da nicht zufällig einen schönen summenden Prozessor vom Schwarzmarkt drin, oder?«
Sarah holte einige Zeitschriften hervor. »Nein, aber ich habe dir drei Ausgaben von
People
mitgebracht.«
»Kind, du hast dir gerade ein Upgrade deiner Firewall verdient!«, stellte Maggie mit einem dröhnenden Lachen fest.
Sarah legte die Zeitschriften auf den Tisch und nickte dann in Richtung des Flügels, in dem sich die Krankenstation befand.
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