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In Liebe, Rachel

In Liebe, Rachel

Titel: In Liebe, Rachel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Higgins
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Jungen. Sarah erkannte den größten, Misage, der in den Monaten seit ihrer Abreise sicher einen Kopf gewachsen war. Niboyu, Misages jüngerer Bruder, stolperte barfuß hinter ihm her, die schmutzige Red-Sox-Baseballkappe des älteren auf dem Kopf. Die Kinder riefen ihren, Sarahs, Namen.
    »Mwaramutse.«
Sarah begrüßte die Kinder auf Kirundi und wühlte in ihrer Umhängetasche nach den Süßigkeiten, die sie als Geschenke mitgebracht hatte. Als die Jungen nahe genug waren, warf sie Misage das erste Bonbon zu.
»Eh, Misage, bite?«
    »Hallo, Miss Sarah«, antwortete er auf Englisch und fing geschickt das Bonbon auf. »Willkommen in Burundi wie geht es Ihnen heute mir geht es gut danke sehr.«
    Kleiner Angeber!
Offensichtlich war er nun der Anführer der Gruppe, obwohl er kaum zwölf war und wegen einer Scharlacherkrankung im Säuglingsalter ein schwaches Herz hatte.
    »Du hast fleißig gelernt«, stellte sie fest, während die Kinder neben dem Wagen herliefen und eifrig nach den Süßigkeiten griffen, die sie so gerecht wie möglich verteilte. »Wohin wollt ihr denn?«
    »Wir gehen zum Markt.«
    »Ah.« Der Markt war vier Meilen entfernt und nicht mehr als eine Straßenkreuzung auf dem Weg nach Bujumbura, der Hauptstadt. »Habt ihr denn etwas Verwertbares im Müll gefunden?«
    Misage zuckte mit den Schultern und deutete auf den Sack auf seinem Rücken. »Kool-Aid sehr süß. Schöne Schuhe. Sehr hoch.« Er suchte nach Worten für die Dinge, die er aus dem Müll der Flüchtlinge gerettet hatte. Dann wühlte er mit der rechten Hand in der Tasche seiner Shorts und zog drei kleine Tuben heraus. »Und das hier.«
    Sarah starrte stirnrunzelnd auf die Fundstücke und versuchte, sich an das Kirundi-Wort für »Lippenbalsam« zu erinnern. Sie bezweifelte, dass es in der Sprache überhaupt ein Wort dafür gab. In diesem feuchten Klima hatten die Menschen nur wenig Verlangen nach Lippenbalsam oder High Heels und viele andere der seltsamen Spenden, die manchmal im Camp eintrafen. Und doch konnten sich die kleinen Unternehmer ein bisschen Geld damit verdienen, diese Sachen auf dem Markt zu verkaufen – meistens an Prostituierte. Mit dem Erlös ernährten sie ganze Familien.
    »Pour les lèvres«,
erklärte sie auf Französisch, der Umgangssprache des Camps, während sie ihre Lippen mit den Fingern rieb.
»Pour les jolies filles.«
    Für die hübschen Mädchen.
    Einige der Jungen johlten. Misage schob den Lippenbalsam rasch zurück in die Tasche, zupfte an dem ausgefransten Ärmel von Niboyus viel zu großem Sweatshirt und bellte den anderen Jungen Befehle zu. Sie ignorierten ihn jedoch, liefen winkend die Straße entlang und lutschten dabei eifrig an den Bonbons.
    »
Nzoz’ejo
, Miss Sarah!«, rief Misage über die Schulter zurück. »Ich werde morgen kommen.«
    In die Klinik würde er kommen, um mehr Englisch von ihr zu lernen, während er verstohlen Dr. Mwami beobachtete, wie der ein Furunkel aufstach oder eine Wunde nähte, die eine Machete geschlagen hatte. Es war, als ob Sarah nur für wenige Tage und nicht für vier lange Monate fort gewesen wäre.
    Die Zeit vergeht anders in Burundi.
    Die kleine Gruppe blieb nicht das einzige Empfangskomitee. Als sie die steile Straße erreichten, die zum Hauptgebäude des Camps führte, scharten sich unzählige Kinder um sie und wühlten mit jedem aufgeregten Schritt den Schlamm auf. Trotz Dauerhupens und lauter Schreie aus dem Fenster war Ninette gezwungen, den Wagen am Fuß des Hügels zum Stehen zu bringen.
    »Ça va«,
sagte Sarah, während sie nach ihren Sachen griff. »Es schafft sowieso niemand den Hügel hinauf«, fuhr sie fort und deutete auf die steile, schlammige Anhöhe. »Die Straße wird erst wieder fest, wenn die Regenzeit zu Ende ist.«
    »Du vertraust denen die Sachen an?«
    Sarah beäugte die Menge um sie herum. »Manchen.«
    »Bon.«
    Ninette parkte das Auto, trat die Tür auf und schob sich durch die Kindermeute zum Kofferraum. Sie riss schwungvoll die zerbeulte Klappe hoch und reichte Sarahs Seesack auf deren Anweisung hin einem hochgewachsenen Tutsi-Mädchen mit königlicher Haltung.
    »
À ma chambre
, Aline«, sagte Sarah, »wenn ich noch das Zimmer im Hauptgebäude habe. Komm doch danach zu mir … ich habe ein Geschenk für dich.«
    Sarah hatte reichlich Geschenke dabei. Ihr Seesack war bis zum Platzen gefüllt mit Perlen für die feinen Zöpfe der Frauen, Flip-Flops, Kugelschreibern und Zigaretten aus echtem amerikanischem Tabak.
    Ninette lud den

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