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In Liebe, Rachel

In Liebe, Rachel

Titel: In Liebe, Rachel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Higgins
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noch so kleinen Hoffnungsschimmer zum Anlass für eine Ermunterung genommen hatten. »Wir glauben, dass sie Colin einfach nicht vergessen kann.«
    »O ja, der gute Dr. O’Rourke. Das ist das perfekte Beispiel für schwülstigen Abenteurersex.«
    »Nein, nein, auf keinen Fall.« Kate stützte sich auf einen Ellbogen auf. »Er ist keine Eintagsfliege. Sie betet ihn schon so lange an.«
    Ein Muskel, vom Mondlicht poliert, zuckte in Sams Wange. »Sarah ist eine sehr loyale Frau mit starken Überzeugungen. Dr. O’Rourke ist ihr einziger blinder Fleck.«
    »Dieser indische Alkohol ist ganz schön stark, aber ich kann unserem Gespräch noch gut genug folgen, um zu wissen, dass wir über denselben Mann reden. Es geht um den Chirurgen, der ein Kind mit Spucke und ein bisschen Faden genäht hat, den Mann, der ein ganzes Dorf von der Notwendigkeit einer Masernimpfung für die Kinder überzeugt hat …«
    »Das war Sarahs Verdienst«, entgegnete Sam scharf. »O’Rourke ist mit dem Impfstoff erst dazugestoßen, nachdem Sarah schon monatelang auf die Mütter eingeredet hatte. Sie hatte sich ihren Respekt und ihr Vertrauen längst verdient.« Ein tiefes Grollen drang aus seiner Kehle. »Sie nimmt ihre Erfolge nie für sich in Anspruch.«
    Kate wusste das. Sarahs Bescheidenheit konnte einen zum Wahnsinn treiben.
    »Das Schlimmste ist«, fuhr Sam fort, »dass
ich
derjenige war, der den verdammten Mistkerl bis zu ihrer Tür gefahren hat.«
    Kate schoss in die Höhe. »Du warst dort? In Paraguay?«
    »O ja!« Das blasse Sternenlicht beschien seine markanten Wangenknochen. »Damals habe ich beide kennengelernt.«
    Sam verstummte. Ein angespanntes Schweigen breitete sich aus, und sein Blick wanderte durch die Zigarettenrauchschwaden bis zu einem unbestimmten Punkt am Himmel. Kate verharrte bewegungslos und hoffte, er würde ihr seine Variante der Geschichte erzählen. Natürlich hatte sie Sarahs Version gehört, so oft, dass sie sie nachsprechen konnte, mit allen verträumten Seufzern. Im Laufe der Jahre war die Erzählung zu einer Art Legende geworden. Und Kate konnte dem kleinen egoistischen Aufruhr nicht widerstehen, möglicherweise –
endlich!
 – die Faszination zu verstehen, die Colin noch immer auf Sarah ausübte.
    »Sarah war eine Weile allein im Camp gewesen.« Wieder bewegte sich der Muskel in Sams Wange, stärker diesmal. »Ich sah sie ein- oder zweimal im Monat, wenn ich Waren geliefert habe. Die Guaraní sind Fremden gegenüber normalerweise nicht gerade aufgeschlossen. Sie haben mich nur geduldet, weil ich selten zu ihnen kam und Dinge brachte, die sie brauchten. Aber Sarah haben sie beinahe von Anfang an wie eine der ihren behandelt.« Er zuckte mit den Schultern. »Sie hat so etwas an sich.«
    »Als ob ihre Füße nicht ganz den Boden berühren.«
    »Genau.« Sam atmete tief ein und wieder aus. »Eines Tages kam ich mit einem ganzen Kofferraum voller Impfstoffe und einem weiteren Friedenscorps-Freiwilligen an, einem jungen Arzt, den man beauftragt hatte, die Einheimischen zur Impfung ihrer Kinder zu überreden. Er war ein netter Kerl. Wir haben uns über die üblichen Dinge unterhalten – wie lange wir uns verpflichtet haben, wie hübsch doch die Vögel sind, ob es Kneipen gibt. Er schien ein ganz normaler Typ zu sein. Dann kamen wir also in das Dorf, wo etwas im Gange war. Die Frauen jammerten, man hörte sie schon aus einer halben Meile Entfernung. Die Kinder kamen herbeigerannt und umringten das Auto. Sie sprachen Guaraní, und ich verstand nur zwei Worte:
caiman
, Krokodil, und
mitò
, Junge. Ganz offensichtlich war ein Kind verletzt.«
    Kate nahm die Flasche und hielt sie Sam hin, aber er machte eine abwehrende Handbewegung.
    »Dr. O’Rourke sprang aus dem Jeep. Die Kinder wussten, dass er Arzt war. Jeder Weiße in der Gegend war entweder ein Ingenieur auf Ölsuche oder ein Mitarbeiter einer Nichtregierungsorganisation. Deshalb haben sie ihn in eine der Hütten gezogen, wo Sarah verzweifelt versuchte, den Jungen vor dem Verbluten zu retten. O’Rourke nahm den behelfsmäßigen Verband ab und betastete das Bein. Sarah war blutüberströmt, ihr Gesicht glänzte vor Tränen oder Schweiß, aber sie sah nicht mich an, sondern den Arzt.«
    »Sie hat mir erzählt«, sagte Kate, während sie nach einem Moskito auf ihrer Hüfte schlug, der zusammen mit einigen anderen Plagegeistern den Schutzwall aus Zigarettenrauch durchbrochen hatte, »dass sie damals glaubte, er wäre geradewegs aus dem Himmel

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