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In Liebe, Rachel

In Liebe, Rachel

Titel: In Liebe, Rachel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Higgins
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Kindern operiere …«
    »Erfolg kommt mit den Patienten, einem nach dem anderen«, sagte Sarah heiser und hörte im Geiste das Echo der Worte, die sie auch zu Kate gesagt hatte.
    Er sah sie an, als ob er es nicht wagte, nach ihr zu greifen. »Hast du überhaupt eine Ahnung, was du mit mir anstellst? Du bist so blass … als ob du ein Engel wärst. Keines der Probleme dieser Welt hat dich je verändert. All die Jahre und all die Orte, an denen du warst, die Dinge, die du gesehen hast – das Leiden, der Wahnsinn, diese ganze elende Welt mit ihren Problemen, die nicht gelöst werden können, egal, wie viel Geld man hineinpumpt – und dann tauchst du plötzlich auf, aus Fleisch und Blut, wie ein Traum, den ich vor langer Zeit aufgegeben habe.«
    Sarah erstarrte, denn der Mann, der da vor ihr stand, der Mann, der die Worte nicht schnell genug herausbrachte, war der Colin, an den sie sich aus Paraguay erinnerte. Der Colin, der sich jede Nacht in die großen Fragen nach dem verbiss, was sie eigentlich taten und was sie eigentlich
Gutes
taten, wenn die Menschen im Grunde eine Abwasserentsorgung und eine Straße durch den Ort brauchten und nicht zwei medizinische Mitarbeiter einer Hilfsorganisation, die gebrochene Knochen schienten, ein paar Schmerztabletten verteilten und sonst nichts Sinnvolles zustande brachten, das langfristig zu einer Verbesserung der Lebensumstände aller beitrug. Wie gern sie ihm zugehört, der Überzeugung in seiner Stimme gelauscht hatte, dabei helfen zu können, die Welt zu verbessern!
    »Du tauchtest auf wie mein Gewissen. Ich hatte kein Recht, dich zu berühren. Aus mehr als einem Grund.«
    Der Hauptgrund, dachte Sarah, stand auf dem Schreibtisch in einem goldfarbenen Rahmen, von dem sie nur die Rückseite sehen konnte.
    Colin drehte sich um und schloss mit einer Handbewegung den hellen, luftigen Raum ein. »Ich konnte dir das nicht erzählen, Sarah. Ich konnte dir nicht in die Augen blicken und die Enttäuschung darin ertragen. Ich wäre nicht länger dein Held gewesen, sondern zu einem Typen geworden, der seine Ideale verraten hatte.«
    Sarah blickte plötzlich konzentriert auf die geraden Nähte des Ledersessels unter ihren Fingern. Sie sollte nicht so denken, doch sie konnte es nicht verhindern. Welch eine Verschwendung von chirurgischem Talent es doch war, wohlhabenden Frauen größere, festere Brüste, rundere Hintern, klarere Haut und kleinere Nasen zu verschaffen! All dieses Talent vergeudet für das lächerlich perfektionistische Ziel, eitle Frauen nach dem Schönheitsideal von anderen zurechtzumeißeln. Was war das nur für ein Ziel, wenn so viele Frauen auf der Welt nach der Geburt eines Kindes unter ernsthaften gesundheitlichen Problemen litten, wenn Kinder an einer Blinddarmentzündung starben und Farmarbeiter unter eingeklemmten Leistenbrüchen litten, die brandig geworden waren?
    »Ich war nie ein Held.« Er knöpfte sein Jackett auf und stemmte die Hände in die Hüften. »Ich konnte die Bürokratie und die Hässlichkeit nicht ertragen, dieses riesige Gewicht all der unlösbaren Probleme. Du kennst sie. Eine Organisation soll die benötigten Leistungen erbringen. Man spricht über die Probleme und treibt Geld dafür auf. Dann wird die Organisation immer größer und verschlingt viel zu viel von dem Geld für sich selbst. Und der Bruchteil, der noch für die eigentliche Arbeit verwendet wird … wofür geht der drauf? Du weißt es. Du hast Hafenarbeiter bestochen. Du kennst die Regeln für Transporte ins Ausland, die kostspielige Spediteure verlangen. Du hast Warlords mit Bargeld besänftigt. Du hast gesehen, wie ganze Lastwagenladungen Getreide vom Militär gestohlen wurden, das für die Hälfte der Probleme verantwortlich ist, mit denen sich die Bevölkerung herumschlagen muss …«
    »
Tranquilo
, Colin.« Ihre Stimme war weich wie Whiskey, Tränen schnürten ihr die Kehle zu. »Niemand kann ganz allein die Welt retten.«
    »Nun, das ist dann wohl meine Arroganz. Wenn ich es nicht allein schaffte …« – er machte abermals eine Handbewegung durch sein prachtvolles Büro – »… warum sich dann überhaupt die Mühe machen?«
    Sarah trat zu den Fenstern. Los Angeles breitete sich unendlich weit aus, Reihen von ordentlichen, kompakten Gebäuden und langen asphaltierten Straßen, in der Ferne die braunen Berge.
    Normalerweise dauerte es etwa anderthalb Jahre, bis sich bei Mitarbeitern von Hilfsorganisationen die ersten Ermüdungserscheinungen zeigten. Alle begannen

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