In Liebe, Rachel
Weizen-Honig-Brot backen. Sie würde sich um den Papierkram kümmern, eins nach dem anderen, und Listen mit den Dingen schreiben, die erledigt werden mussten. Mit der Zeit – und da der Kapitän wieder an Deck war – würde das Schlachtschiff Jansen bald wieder in ruhigeren Gewässern segeln.
Das war der einfache Teil.
Jo beendete das Gespräch mit einem tiefen Seufzer. »Bis jetzt noch keine Nachricht zum Artemis-Auftrag.« Sie zog das Headset vom Ohr und legte es auf das Armaturenbrett. »Die schinden Zeit. An deren Stelle würde ich uns nicht engagieren. Wir haben uns gestern wie streitende Hühner aufgeführt.«
Kate lehnte ihre Wange an die Rückenlehne aus butterweichem Leder, froh über die Ablenkung von ihrem eigenen Leben. »Ist das ein wichtiger Auftrag?«
»Oooh, das ist der größte Fisch im Teich«, erklärte Jo. »Mit dem Geld wären wir für ein Jahr in den schwarzen Zahlen. Außerdem wäre es eine hübsche Trophäe für mich. Aber wenn man mal das wirkliche Leben betrachtet, Kate – du weißt schon: Hunger, Armut, Grace’ seelisches Wohl –, dann ist es im Grunde völlig gleichgültig, wie viele Menschen ein Parfüm namens
Mystery
kaufen.«
Kates Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Du bist eine Mutter geworden.«
Jo spuckte beinahe den Kaffee über ihren schicken Businessanzug. Den Kaffeebecher und das Steuerrad in der einen Hand, griff sie mit der anderen nach einem Taschentuch. »Herrgott noch mal, Kate, sag doch so was nicht! Ich habe schließlich einen Ruf zu verlieren.«
»Ich habe dich gestern Abend mit Grace beobachtet.« Als Kate bei Jo eingetroffen war, hatte sie dem Drang widerstehen müssen, Grace auf ihren Schoß zu ziehen und das arme Kind mit Küssen und Umarmungen zu überschütten. Dieses Bedürfnis hätte auch eher ihr geholfen als Grace, die Kate als eher spröde einschätzte. »Sie hat dich nicht aus den Augen gelassen, und nach einem Wort von dir ist sie brav ins Bett gegangen, als ob sie ihr Leben lang nichts anderes getan hätte. Dreh mir ruhig den Hals um, aber das hätte ich von der Herrscherin des Universums nicht gedacht.«
»Nun, ich sag dir mal was … diese ganze Muttergeschichte hat mich zum Nachdenken gebracht.« Jo tupfte sich mit dem Taschentuch Brust und Oberschenkel ab. »Ich musste an die Kollegin denken, die wir letztes Jahr verloren haben, Laura Henley. Sie war blitzgescheit, kreativ und hatte die zündende Idee zu den Cliffhanger-Werbespots für diese Modemarke. Sie hat gekündigt, weil mein Chef sie nicht zwei Tage von zu Hause aus arbeiten lassen wollte, damit sie mehr Zeit mit ihrem kleinen Kind verbringen konnte. Das wiederum hat mich an Ginger Schein erinnert – eine brillante Grafikdesignerin –, die man kaltgestellt hatte, nachdem sie Stunden reduzieren musste, um sich um ihre alte Mutter zu kümmern. So wird viel zu viel Talent verschwendet.«
»Ich rieche eine Geschäftsidee.«
»Wenn wir diesen Auftrag verlieren, brauche ich vielleicht einen Plan B«, sagte Jo, »aber es ist nicht nur das. Es ist eine echte Herausforderung, den Job und Grace unter einen Hut zu bekommen und mich so um die Kleine zu kümmern, wie sie es braucht. Der Tag hat einfach nicht genug Stunden.«
»Ich bin stolz auf dich, Jo.«
»Klappe! Ich fahre auf jeden Fall im Februar nach St. Lucia.«
»Tu das. Ich werde den Februar bei Basketballspielen in Turnhallen verbringen, die nach alten Turnschuhen riechen.«
»Das ist doch nicht dein Ernst, Süße!«
»O doch!« Kate verkroch sich in Jos Sweatshirt und wünschte, sie hätte gerade Anna, Tess und Michael im Arm, wünschte, sie könnte sie jetzt sofort sehen. Sie zog die Knie an die Brust und machte sich so klein wie möglich, versuchte, die Panik zurückzudrängen. »Im Moment freue ich mich auf italienische Hotdogs mit Paprika und darauf, den fetten, hinkenden Basketballschiedsrichter zu sehen …«
»Nein, ich meine nicht die Basketballspiele … ich meine, du wirst vor Paul doch nicht komplett zu Kreuze kriechen, oder?«
Kate stellte den Becher mit der heißen Schokolade in den Halter. Sie mied Jos Blick, indem sie durch die Joss-Stone-Lieder auf dem iPod scrollte. Kate wusste, dass Paul – gleichgültig, wie wütend er im Moment war – sie wieder aufnehmen würde. Er brauchte sie. Schließlich mussten seine Anzüge aus der Reinigung geholt werden, die Kinder brauchten jeden Abend etwas zu essen und überhaupt: Der Familienalltag bedurfte einer straffen Organisation. Wenn es etwas gab,
Weitere Kostenlose Bücher