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In Liebe, Rachel

In Liebe, Rachel

Titel: In Liebe, Rachel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Higgins
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Weg entlang. Er blieb hinter einem der Handtuchzelte stehen, das ihm den Weg versperrte. »Mädchen, geht bitte ins Haus«, sagte er und zog das Geschirrtuch von der Schulter.
    Seine Stimme ließ Kates Puls rasen, und auch Anna und Tess spürten die Spannung zwischen ihren Eltern und liefen nach einem kurzen Blickwechsel ins Haus.
    Kate sah ihnen nach, nicht nur um den Anblick zweier schwingender Pferdeschwänze zu genießen, sondern auch weil sie noch nicht bereit war, Paul direkt ins Gesicht zu sehen. Sie fühlte sich, als ob ihr ganzer Körper verkabelt sei und jemand soeben den Strom eingeschaltet hätte. Obwohl er hinter einem hüfthohen Nylonseil in einiger Entfernung stehen geblieben war, spürte sie seine Präsenz wie eine Vibration. Sie hatte diese laserscharfe Aufmerksamkeit bei ihm schon sehr, sehr lange nicht mehr erlebt.
    Kate verstärkte den Griff um den Riemen ihrer Handtasche, um Gleichgewicht bemüht. »Ich bin froh«, sagte sie mit heiserer Stimme, »dass du die Kinder heute nicht in die Schule geschickt hast.«
    »Nur einen halben Tag nicht.« Er trocknete sich die Hände so heftig an dem Geschirrtuch ab, als wolle er sich die Haut abreiben. »Es sind Lehrerkonferenzen.«
    Kate zuckte zusammen. »Nun, wenigstens hast du sie nicht zu Freunden geschickt.«
    »Ich hatte daran gedacht. Darauf kannst du wetten.«
    Sie sah ihn an, spürte den Schock, den seine strahlend blauen Augen bei ihr auslösten, spürte den Schock, ihn zu sehen – wie gespannt seine Haut über den Wangen war, wie gerade er die Schultern hielt, wie lang seine Haare geworden waren. Sie hatte ihn schon früher so gesehen – als er dringend eine Betaversion eines Computerspiels abliefern musste und sie ihn dann zweimal schlafend am Schreibtisch gefunden hatte, den Kopf auf der Tastatur. Zorn hielt ihn jetzt aufrecht, doch Kate erkannte, dass dahinter die schiere Erschöpfung steckte.
    Schuldgefühle drohten sie zu überwältigen.
    »Hallo, Paul.« Jo legte schützend eine Hand auf Kates Schulter. »Hast schon mal besser ausgesehen.«
    »Hi, Jo.«
    »Findest du nicht, dass wir ins Haus gehen sollten?«
    »Nein!« Er warf sich das Geschirrtuch wieder über die Schulter. »Die Nachbarn sind mir scheißegal. Sonst hätte ich dieses Chaos hier nicht drei Tage lang stehen lassen und meinen Rasen ruiniert. Wenn meine Frau etwas zu sagen hat, dann kann sie das hier draußen tun.«
    Jedes Wort war wie ein Schlag, unter dem sie zusammenzuckte. Jos Hand rutschte von Kates Schulter, und ihre Freundin trat ein paar Schritte zurück. Mit zitternden Fingern schob sich Kate die Haare aus der Stirn. Sie hatte die zwanzig Stunden im Flugzeug damit zugebracht, sich Gedanken über dieses erste Gespräch zu machen. Doch jetzt, als Paul das Seil, das das Zelt an einem Gartenstuhl hielt, löste, brachte sie all die Erklärungen, die sie eingeübt hatte, nicht heraus.
    Nun, wenigstens wusste sie, wie sie beginnen musste.
    »Paul … es tut mir sehr, sehr leid.«
    Winzige Muskeln zuckten, kaum wahrnehmbar, in Pauls Gesicht – nur für sie sichtbar, die ihn so gut kannte.
    »Ich weiß, dass das furchtbar nichtssagend klingt«, fuhr sie fort, »aber es ist mein Ernst. Ich hätte dich und die Kinder niemals so plötzlich allein lassen dürfen.«
    »Das ist das erste verdammte Mal seit Wochen, dass du recht hast.« Er ließ das Seil fallen. »Aber ›Entschuldige bitte‹ wird nicht reichen.«
    »Ich weiß.«
    »Du hast uns verlassen …«
    Uns verlassen.
    »… und ich warte immer noch darauf, den Grund dafür zu erfahren.«
    »Ich versuche schon die ganze Zeit, dir zu erklären …«
    »Über eine Satellitenverbindung«, unterbrach er sie, während er das andere Seil löste, das das Zelt hielt. »Vom Rücken eines verdammten Elefanten aus oder von einem Mopedsitz in Bangalore …«
    »… und wenn du mir einfach mal zuhören würdest, könnte ich es dir begreiflich machen.«
    Er warf ihr einen bösen Blick zu und widmete sich angespannt dem nächsten Teil des Labyrinths. Zögernd gesellte sich Kate zu ihm und nestelte an einem Sprungseil, das an einem Gartenstuhl festgeknotet war. Es war genauso schwierig zu entwirren wie die Wahrheit über ihre Ehe.
    »Dieses T-Shirt hast du auf unserer Hochzeitsreise getragen«, sagte sie und blickte kurz auf einen hellen Fleck auf dem Stoff, wo sie zu Beginn ihrer Ehe Bleiche verschüttet hatte.
    Er zuckte ungeduldig mit der Schulter.
    »Erinnerst du dich an unsere Hochzeitsreise, Paul? Weißt du noch, wie wir

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