In Liebe verführt
Küchen in Kent und Zeiten, als ein solcher Betrug für sie noch undenkbar gewesen war. Sie hörte zu, als Cosimo mit Madame Arlene sprach. Er erklärte ihr, dass er Madame Giverny nach Marseille begleite, dass Madame nach dem langen Ritt müde sei und sich gern in ihr Schlafzimmer zurückziehen würde.
Ob Madame Arlene glaubte, was sie da erzählt bekam, schien unklar. Doch Meg wusste, dass ihr das sowieso gleichgültig war. Sie folgte der lächelnden Herbergswirtin die Stufen hinauf zu einer kleinen, aber sauberen Kammer, die frisch nach Lavendel duftete.
» Merci, Madame Arlene«, sagte sie mit echter Dankbarkeit. Es war wirklich ein sehr hübsches Zimmer. » C’est très jolie. «
Madame Arlene murmelte einen Dank für das wohlverdiente Kompliment, doch ihr Blick wanderte gewissermaßen prüfend über ihren Gast, und Meg spürte, dass sie mit Ana verglichen wurde und offensichtlich dem Vergleich nicht ganz standhalten konnte. Sie lächelte kurz zum Abschied, und die Wirtin ging hinaus, wobei sie noch versprach, heißes Wasser hinaufzuschicken. Danach schloss sie die Tür hinter sich.
Meg atmete die friedliche Stille tief ein. Sie warf ihren Hut zur Seite und ging hinüber zum offenen Fenster. Dann wünschte sie, sie hätte es nicht getan. Das Fenster öffnete sich zur Weinlaube. Cosimo war an den Tisch zurückgekehrt und saß da, drehte den Stiel seines Glases zwischen den Fingern und starrte finster vor sich hin. Seine Haltung wirkte angespannt. All die Fassung und Selbstsicherheit, die Cosimo sonst ausstrahlte, waren verschwunden.
Er hatte einen Fehler gemacht. Meg wandte sich vom Fenster ab. Cosimo war nicht daran gewöhnt, Fehler zu machen. Er hatte sich verschätzt, und jetzt litt er darunter. Wie oft kam es vor, dass seine Pläne nicht klappten?
Meg ließ sich auf das Bett fallen und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Die Tagesdecke aus Chintz duftete nach Sonne und Meer. Plötzlich setzte sie sich auf, um ihre Stiefel auszuziehen, schleuderte sie quer durchs Zimmer. Ein unwiderstehlicher Drang zu schlafen überkam sie.
Sie öffnete die Augen. Es hatte sich nicht viel geändert. Die Sonne stand tief am Himmel, war jedoch noch nicht untergegangen. Sie hatte etwa eine halbe Stunde lang geschlafen. Meg setzte sich auf, kam mühsam auf die Beine, hatte ein trockenes Gefühl im Mund und Kopfschmerzen. Wein und Ärger in der Sonne konnten einem zusätzlich das Leben schwer machen, dachte sie und verzog das Gesicht.
Ein Krug mit heißem Wasser, das noch leicht dampfte, stand neben der Schüssel auf dem Toilettentisch. Meg zog sich mit ungeschickten Fingern aus und wusch sich mit dem Schwamm. Die Reisetasche mit ihrer Kleidung stand auf dem Boden neben dem Schrank, aber sie hatte eigentlich keine Lust, sich anzuziehen oder sonst etwas zu tun. Sie wollte nichts tun als nur einfach tief, tief schlafen.
Nackt kroch sie unter die nach Lavendel riechenden Decken und rollte sich zusammen. Sie würde schlafen, danach die Angelegenheit noch mal überdenken und dann einen Ausweg finden.
Cosimo stand neben dem Bett und betrachtete sie. Ein Mondstrahl beleuchtete ihr Gesicht und betonte seine Blässe, so dass die Sommersprossen über dem Nasenrücken deutlich hervorstachen. Der Hauch von Bräune, den sie nach den vielen Tagen in der Sonne bekommen hatte, schien wie weggewischt, als wäre er nur aufgemalt gewesen. Alles tat ihm weh, als hätte man ihn gefoltert, aber der Schmerz auf ihrem Gesicht war schlimmer für ihn als sein eigener Kummer. Er war zu ihr gekommen, bereit, der Situation ins Auge zu sehen, selbst bereit, Meg dazu zu zwingen. Sie sollte akzeptieren, dass es keine Alternative gab… für keinen von ihnen. Sie musste seine Partnerin werden, denn nur so hatten sie beide eine Chance zu überleben.
Doch als er sie jetzt ansah, brachte er es nicht übers Herz, ihren Schlaf zu stören. Sie brauchte die Kraft, die sie daraus schöpfen würde. Er wandte sich vom Bett ab und lehnte sich aus dem Fenster, um die Fensterläden zu schließen und das Mondlicht auszusperren. Dann zog er sich aus und legte sich unter die Decke neben sie. Er berührte sie nicht, aber er brauchte das Gefühl ihres Körpers in seiner Nähe, ihre Wärme, damit die Ferne zwischen ihnen nicht mehr so schlimm war. Nach einer Weile schlief er ein, denn ihr rhythmischer Atem und der vertraute Duft ihrer Haut waren so beruhigend.
Er erwachte mit einem heftigen Ruck. Meg lag auf der Seite, stieß ihre Füße gegen seine Schenkel und
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