In Liebe verführt
einen Vornamen hat. Du hast irgendeine geheime und derart dringende Mission vor dir, dass du nicht einmal einen Fehler korrigieren konntest, dessen Folgen du selbst als möglicherweise katastrophal bezeichnet hast. Nicht einmal deine eigenen Leute wissen, wo die Fahrt hingeht. David Porter sagte, dass niemand auf deinem Schiff je weiß, wohin die Fahrt eigentlich geht oder gar, warum. Ich fange an, mich zu fragen, ob du es überhaupt selbst weißt.« Sie schaute ihn herausfordernd an.
»Alles das ist wahr«, erwiderte er ruhig. »Bis auf die Bemerkung, dass ich nicht wüsste, warum . Glaub mir, ich kenne meine Mission genau.«
Meg fixierte ihn scharf und entdeckte wieder jene Härte unter dem lässigen Verhalten, das er sonst hatte. Cosimo wusste genau, was er tat, und hatte absolutes Vertrauen in seine Fähigkeit, erfolgreich zu sein. Meg trank einen Schluck Wein.
»Ich glaube nicht, dass mir schon einmal eine Frau wie du begegnet ist«, bemerkte Cosimo. »Du scheinst zwar eine Dame von makelloser Erziehung zu sein, aber ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass der Schein in deinem Fall trügt.«
Megs Lippen verzogen sich zu einem flüchtigen Grinsen. Er hatte absolut Recht. Wenn man davon ausging, wie die feine Gesellschaft den Begriff verstand, war sie genauso wenig eine Dame wie Cosimo ein Gentleman. »Das würden meine Eltern nur ungern hören«, sagte sie. »Denn meine Abstammung ist zweifellos ohne jeden Makel.«
Er neigte anerkennend den Kopf und drehte sich um, als Biggins’ Schritte hinter ihm auf dem Deck ertönten. »Es gibt noch Rhabarberkuchen, Sir, falls Ihr und die Dame ein Dessert wünscht.« Er stellte einen Kuchen mit brauner Kruste auf den Tisch.
»Herrlich!«, jubelte Meg enthusiastisch.
»Herrlich«, schnarrte Gus und betrachtete den Kuchen schräg aus einem Knopfauge.
Biggins räumte die Eintopfschüsseln weg und verschwand. Cosimo schnitt den Kuchen an und legte ein großes Stück für Meg auf einen Teller.
»Du bist so zierlich, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wo du all das Essen lässt«, sagte er dazu und gab ihr den Teller.
Meg stellte fest, dass sie zwei Schüsseln Eintopf gegessen hatte, dazu einen großen Teil des Brotes, und war jetzt im Begriff, einen halben Rhabarberkuchen obendrein zu verspeisen. »Ich scheine heute Abend besonders hungrig gewesen zu sein«, stellte sie entschuldigend fest. »Normalerweise bin ich nicht so gierig.«
»Ich habe nicht behauptet, dass du gierig bist«, protestierte er, »nur mit einem bemerkenswerten Appetit gesegnet.« Er aß das erste Stückchen von seinem Kuchen.
Es war kaum in seinem Mund angekommen, da ertönte ein Ruf von irgendwo über ihnen. »Ein Segel backbord voraus!«
Cosimo legte seine Gabel ruhig zur Seite, murmelte: »Entschuldige mich«, und schob seinen Stuhl zurück. Er griff nach dem Fernrohr und ging hinüber zur Backbordreling. Im silbrigen Licht von Mond und Sternen konnte er die weiße Form der Segel dicht über dem Horizont erkennen, und dann darunter die Umrisse einer Fregatte, die vor den Schatten der Nacht auftauchte. Er musste davon ausgehen, dass die Mary Rose erst seit ein paar Minuten für die Fregatte sichtbar gewesen war.
Mr. Fisher kam herbeigerannt. »Französisch oder englisch, Sir?«, fragte er atemlos.
»Das kann ich noch nicht sagen«, meinte Cosimo in einem Tonfall, der leicht vorwurfsvoll klang. »Holt Fahne und Wimpel ein.« Wenn er die Erkennungszeichen der Fregatte nicht sehen konnte, war es logisch anzunehmen, dass man von dort auch die ihren nicht erkannte.
»Aye, Sir.« Der junge Mann rannte in offensichtlicher Erregung davon. Er blies eine Reihe von Tönen auf seiner Pfeife, und zwei Matrosen flitzten heran. Meg beobachtete, wie sie die englische Flagge und den Wimpel des Schiffes einzogen.
»Sollten wir vielleicht die französische Flagge hissen, Sir?« Cosimos zweiter Neffe kam ebenfalls aufgeregt angelaufen.
»Junge, warum sollten wir das tun, falls das Schiff, das sich uns nähert, englisch ist?«, fragte Cosimo. »Ich habe nicht die Absicht, unsere Freunde dazu zu bewegen, dass sie uns beschießen.«
»Verzeiht, Sir.« Der junge Mann war rot angelaufen.
»Nehmt das zweite Fernrohr und steigt hinauf ins Krähennest. Sobald Ihr die Flagge der Fregatte erkennen könnt, rufen Sie sie mir herunter.«
»Aye, Sir.«
Der Junge wollte sich in die Wanten stürzen, blieb aber noch einmal stehen, als ihm sein Onkel leise nachrief: »Das Fernrohr, Junge!«
Meg sah der Szene
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