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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Kristensen
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kalte Flüssigkeit seinen Mund füllte und ihm den Hals heruntertropfte. Er leerte die Dose in einem einzigen langen Zug.
    Der Dolmetscher hatte seine aufgesetzte Art zu reden abgelegt, nun zeigte sich eine ganz selbstverständliche Gastfreundschaft. Knut überraschte es nicht. Er hatte solche Verhaltensänderungen bei den Leuten in Barentsburg schon früher erlebt – eine Eigenschaft, die bei den Bewohnern von Longyearbyen zu der Meinung führte, dass man den Russen nicht trauen konnte. Nie wusste man, mit wem man es wirklich zu tun hatte. Knut hatte innerlich entschieden, dass beide Verhaltensweisen zwei Seiten derselben Person waren – sie traten nur zu unterschiedlichen Zeiten und in verschiedenen Situationen in Erscheinung.
    Die Silhouette am Fenster redete weiter in einer informellen Mischung aus Russisch und Norwegisch: »Piroggen, bitte sehr, eigentlich muss es ja Kaninchenfleisch sein, aber diese sind auch sehr gut. Schwein. Und hier haben wir eine eingelegte Gurke, nehmen Sie nur … und eingelegte Zwiebeln, gut für, wie sagt man, ja, wenn es einem am Tag danach … nicht gut geht.«
    Der Geruch von gärendem Teig und gewürztem Fleisch … Knut spürte, wie sein Magen sich gefährlich zusammenzog. Er aß ein paar kleine Gurken und eine Zwiebel. Es half nichts, verschlimmerte nur sein Befinden. Er stand auf, stützte sich auf den Tisch, versuchte, die Tür zu finden.
    »Die Toilette?« Er kam nicht weiter als zum Waschbecken. Hinterher ließ er das Wasser laufen und rührte hilflos mit den Fingern im Becken, um alles in den Abfluss zu spülen. Er trocknete die Hände an seiner Hose.
    Der Dolmetscher hatte eine halbe Flasche Wodka und zwei Schnapsgläschen mitgebracht. Knut leerte ein paar Gläser, bevor er wagte, noch etwas zu essen. Es war erbärmlich, tadelnswert. Er hoffte, der Dolmetscher würde niemandem von seinem plötzlichen Unwohlsein erzählen, ahnte aber, dass der Grubenleitung alles zugetragen wurde. Knut biss die Zähne zusammen, um nicht laut zu jammern. »Und, ist es möglich, dass ich morgen früh mit einem russischen Hubschrauber zurück nach Longyearbyen fliegen kann?«
    » Da , da . Es wird möglich sein. Kostja … also Direktor de Rustin lässt grüßen. Selbstverständlich gibt es in dem Helikopter einen Platz für den Vertreter der Regierungsbevollmächtigten. Und selbstverständlich hofft er, dass die Dokumente über den Arbeitsunfall zuvor unterzeichnet werden … es wäre am besten, wenn alle Formalitäten erledigt sind, bevor der Verstorbene aus Barentsburg ausgeflogen wird.«
    Knut aß vorsichtig von den halbmondförmigen, mit Fleisch und Gemüse gefüllten Teigtaschen. Er fühlte sich besser. Ach, zur Hölle damit , dachte er. Was geht mich das an, ob bei diesem armen Schwein von Steiger bei seinem Sturz in den Betonmischer nachgeholfen wurde.
    Der Dolmetscher hatte seine Liste der schlechten Nachrichten allerdings noch nicht abgearbeitet. »Der Transport hängt auch davon ab, ob Kostja alle Probleme mit den Arbeitern lösen kann. Habe ich erzählt, dass einige von ihnen sich in dem älteren Teil des Bergwerks verschanzt haben? Leider ist es dort nicht ganz sicher … Methangas … große Explosionsgefahr. Seit der Tragödie von 1997 war dieser Bereich geschlossen … Sie haben davon gehört? Aber jetzt haben die Arbeiter die soliden Tore eingerissen, mit denen die alten Stollen verschlossen waren. Wussten Sie übrigens, dass die Stollen direkt unter uns verlaufen, hier, wo wir sitzen … unter ganz Barentsburg?«

KAPITEL 9 Ein Held
    Knut stand auf und trat ans Fenster. Insgeheim hatte er erwartet, irgendein Zeichen von der dramatischen Situation unter der Erde zu sehen – eine Ansammlung aufgebrachter, ängstlicher Menschen, Bergleute, Fahrzeuge, zumindest irgendetwas. Aber der Platz war verwaist, die Straßen menschenleer.
    Der Dolmetscher blieb sitzen und gab ihm mit der Hand ein Zeichen, sich wieder hinzusetzen, in seiner Stimme schwang ein Anflug von Abschätzigkeit mit. »Bleiben Sie ruhig. Die Bergarbeiter haben keine Chance. Sie haben genauso Angst vor einer Explosion wie wir. Die Mehrzahl von ihnen ist verheiratet und hat Frauen und Kinder in der Ukraine. Das sind alles nur leere Drohungen; letztendlich wollen sie einfach ein paar Verbesserungen durchsetzen. Der Direktor ist selbst eingefahren, um mit ihnen zu verhandeln. Wenn er glauben würde, dass tatsächlich ein Risiko besteht, hätte er die Bevölkerung von Barentsburg evakuiert.«
    Knut fühlte sich nicht so

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