In meinem Himmel
weiteren Tag lang auf den schwankenden Pfad des Vergessens. Der Schatten der Jahre lastete nicht so schwer auf seinem kleinen Körper. Er wusste, dass ich nicht da war, aber wenn Menschen fortgingen, kamen sie immer zurück.
Als Len Fenerman in der Nachbarschaft von Tür zu Tür gegangen war, hatte er bei George Harvey nichts Bemerkenswertes festgestellt. Mr. Harvey war ein allein stehender Mann, der, so hieß es, mit seiner Frau hatte einziehen wollen. Sie war kurz zuvor gestorben. Er baute Puppenhäuser für Spezialgeschäfte und war ein Einzelgänger. Das war alles, was die anderen wussten. Obwohl nicht gerade Freundschaften mit ihm gediehen waren, hatte er stets das Mitgefühl seiner Nachbarn gehabt. Jedes Einfamilienhaus enthielt eine Geschichte. Besonders Len Fenerman erschien diejenige von George Harvey unwiderstehlich.
Nein, meinte Harvey, er kenne die Salmons nicht gut. Habe die Kinder gesehen. Jeder wisse, wer Kinder hatte und wer nicht, bemerkte er mit ein bisschen nach links gesenktem Kopf. »Man kann die Spielsachen im Garten sehen. Die Häuser wirken immer lebendiger«, sagte er mit verklingender Stimme.
»Ich habe gehört, dass Sie kürzlich ein Gespräch mit Mr. Salmon geführt haben«, sagte Len bei seinem zweiten Besuch in dem dunkelgrünen Haus.
»Ja, stimmt irgendwas nicht?«, fragte Mr. Harvey. Er blinzelte Len an, musste dann aber innehalten. »Lassen Sie mich meine Brille holen«, sagte er. »Ich habe gerade an einigen Details von einem Zweiten Empire gearbeitet.«
»Zweitem Empire?«, fragte Len.
»Jetzt, wo meine Weihnachtsbestellungen raus sind, kann ich experimentieren«, sagte Mr. Harvey. Len folgte ihm nach hinten, wo ein Esstisch an die Wand geschoben war. Darauf waren Dutzende kleiner Streifen von etwas, das wie eine Miniaturtäfelung aussah, aufgereiht.
Ein bisschen sonderbar
, dachte Fenerman,
aber das macht ihn noch nicht zum Mörder.
Mr. Harvey holte seine Brille und wurde gleich offener. »Ja, Mr. Salmon kam auf einem seiner Spaziergänge vorbei und half mir, das Brautzelt aufzubauen.«
»Das Brautzelt?«
»Ich mache jedes Jahr etwas für Leah«, sagte er. »Meine Frau. Ich bin Witwer.«
Len hatte das Gefühl, er dränge sich in die Privatrituale des Mannes. »Das habe ich gehört«, sagte er.
»Ich finde es schrecklich, was mit dem Mädchen passiert ist«, sagte Mr. Harvey. »Ich habe versucht, das Mr. Salmon zu verstehen zu geben. Aber ich weiß aus Erfahrung, dass in einer Zeit wie dieser nichts hilft.«
»Sie errichten dieses Zelt also jedes Jahr?«, fragte Len Fenerman. Das war etwas, das er sich von Nachbarn bestätigen lassen konnte.
»Sonst habe ich es immer drinnen aufgebaut, aber dieses Jahr wollte ich es draußen versuchen. Wir haben im Winter geheiratet. Bis es anfing zu schneien, dachte ich, es würde klappen.«
»Wo drinnen?«
»Im Keller. Ich kann es Ihnen zeigen, wenn Sie wollen. Ich habe immer noch Leahs ganze Sachen da unten.«
Doch Len verfolgte die Angelegenheit nicht weiter.
»Ich habe Sie genug belästigt«, sagte er. »Ich wollte nur noch ein zweites Mal die Nachbarn befragen.«
»Wie geht Ihre Untersuchung voran?«, fragte Mr. Harvey. »Haben Sie schon was gefunden?«
Len mochte solche Fragen nicht, obgleich sie wohl das Recht der Menschen waren, in deren Leben er sich drängte.
»Manchmal glaube ich, die Hinweise finden ihren eigenen Weg«, sagte er. »Das heißt, wenn sie gefunden werden wollen.« Es war eine kryptische, irgendwie konfuzianische Antwort, aber sie tat ihre Wirkung bei fast jedem Zivilisten.
»Haben Sie mit dem Ellis-Jungen geredet?«, fragte Mr. Harvey.
»Wir haben mit der Familie gesprochen.«
»Er hat hier im Viertel Tiere gequält, habe ich gehört.«
»Er ist mit Sicherheit ein übler Bursche«, sagte Len, »aber er hat die ganze Zeit über im Einkaufszentrum gearbeitet.«
»Zeugen?«
»Ja.«
»Sonst fällt mir auch nichts ein«, sagte Mr. Harvey. »Ich wünschte, ich könnte mehr tun.«
Len hatte das Gefühl, dass er aufrichtig war.
»Er ist zweifellos ein schräger Vogel«, sagte Len, als er meinen Vater anrief, »aber ich habe nichts gegen ihn in der Hand.«
»Was hat er denn über das Zelt gesagt?«
»Dass er es für Leah, seine Frau, aufgebaut hat.«
»Ich erinnere mich, dass Mrs. Stead Abigail erzählt hat, seine Frau habe Sophie geheißen«, sagte mein Vater.
Len überprüfte seine Notizen. »Nein, Leah. Ich hab es mir aufgeschrieben.«
Mein Vater zweifelte an sich selbst. Woher hatte er den
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