In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
er sich allein auf den Weg zum Ziegelgraben. Doch er war noch keine zehn Ellen weit gegangen, da rief Giovanni hinter ihm her: »Warte, Cunrat, ich komme mit!«
Cunrat blieb stehen. Er konnte sich ein Lächeln nicht verbeißen. Als Giovanni ihn eingeholt hatte und sein Gesicht sah, fügte er schnell hinzu: »Ich habe ja sonst nichts zu tun. Außerdem kann ich dich nicht allein zu diesem Ungeheuer mit seinem Monstrum von Hund gehen lassen.«
Cunrat klopfte ihm zustimmend auf die Schulter, dann gingen sie gemeinsam durch die Niederburg zum Ziegelgraben.
Im Haus des Scharfrichters brannte Licht, und als Cunrat klopfte, bellte zunächst der Hund mit tiefem Grollen, dann fragte die fast ebenso tiefe Stimme von Egli Locher, wer um diese Zeit noch etwas von ihm wolle. Cunrat bat um Einlass, und schließlich öffnete der Henker widerwillig die Tür. Der Hund schnupperte zunächst knurrend an Cunrats Mantel, dann ließ er ihn und Giovanni, der sich vorsichtshalber erst einmal im Hintergrund gehalten hatte, vorbei in die Stube, wo ein loderndes Feuer im Kamin brannte.
»Werden eure Besuche bei mir jetzt langsam zur Gewohnheit?«, fragte Egli Locher, doch er schien nicht unerfreut, dass ihn überhaupt jemand besuchen kam. Er bot den beiden heißen, kräftig gewürzten Wein an, den sie gern nahmen, und hieß sie auf zwei Schemel beim Kamin sitzen, während er sich einen Stuhl holte. Falk zog sich auf sein Lager zurück, ohne die Besucher aus den Augen zu lassen.
Keiner der beiden Bäcker wusste recht, wie anfangen, sie redeten ein wenig über das Wetter, wie sehr es geregnet hatte und dass es jetzt endlich aufgehört hatte zu regnen, und dass es ein langer, harter Winter gewesen war und ob das Wetter jetzt wohl besser werden würde.
Schließlich fragte der Henker: »Und was hat euch jetzt zu mir getrieben? Gewiss nicht meine Schönheit oder Falks Freundlichkeit!«
Bei der Nennung seines Namens spitzte der Hund die Ohren.
»Oder wolltet ihr, dass ich euch das Wetter voraussage?«
»Nun, Herr Egli …«, begann Cunrat, doch viel zu langsam für Giovanni.
»Man hat mich heute Morgen aus dem Turm entlassen«, erklärte er rasch, »aber ohne mir zu sagen, warum. Ich dachte, Lucia wäre wieder aufgetaucht, denn wegen ihres Verschwindens hatte man mich ja einsperrt. Aber das ist nicht so, sie ist weiterhin unauffindbar. Also frage ich mich, warum man mich freigelassen hat! Was steckt dahinter? Da stimmt doch etwas nicht! Was ist mit Lucia passiert? Wisst Ihr etwas darüber?«
Egli Locher seufzte tief.
»So viele Fragen! Warum man Euch entlassen hat? Alle anderen wollen wissen, warum man sie einsperrt, aber Ihr fragt, warum man Euch freigelassen hat. Verkehrte Welt!«
Kopfschüttelnd trank er einen großen Schluck Wein.
»Es geht mir nicht nur um meine Freiheit, Herr Egli, ich habe Angst um Lucia. Was ist mit ihr geschehen? Jemand muss es wissen, sonst hätte man mich nicht entlassen, versteht Ihr?«
Nun nickte der Scharfrichter langsam.
»Ja, ich verstehe Euch. Ihr seid ein kluger Mann, mein Freund, aber vielleicht solltet Ihr Eure Klugheit besser nützen. Dann würdet Ihr die Frau vergessen und Euch ein anderes hübsches Hürlein suchen.«
Da sprang Giovanni mit einem zornigen »Nennt sie nicht Hure!« von seinem Schemel auf, doch der Hund war mit einem Satz bei ihm und fletschte bedrohlich die Zähne.
»Platz, Falk!«, wies ihn der Henker auf sein Lager, dann wandte er sich dem jungen Bäcker zu, der vor der Rage des Hundes erstarrt war. »Seht Ihr, dass Ihr manchmal doch unklug seid? Ihr solltet Eure Lage besser einzuschätzen wissen und nicht diejenigen reizen, die stärker sind als Ihr. Setzt Euch nur, der Hund wird Euch nichts tun.«
Langsam ließ sich Giovanni wieder auf seinem Schemel nieder, dann fragte er in flehentlichem Ton: »Herr Egli, ich bitte euch, sagt mir, was das zu bedeuten hat? Was ist mit Lucia geschehen? Wisst Ihr, wo sie ist und bei wem?«
»Nein, das weiß ich nicht. Das Einzige, was ich Euch sagen kann, ist, dass Rosshuser heute Morgen zu Hanns Hagen kam und sagte, er habe sich getäuscht wegen Euch. Er wisse nun mit Sicherheit, dass die verschwundene Hure – ich meine, die Frau – mit einer Gruppe von fahrenden Leuten durchgebrannt und wohl schon auf dem Weg nach Straßburg sei. Er werde sich mit den dortigen Stadtoberen in Verbindung setzen.«
»Nach Straßburg?«
»Mit fahrenden Leuten? Lucia?«
Die beiden Bäckergesellen waren überrascht. Dann schüttelte Giovanni energisch
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