In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
ließ sich von ihnen erklären, in welchem Haus sie wohnten.
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Costentz, am 24. März, Palmsonntag
Mein guter Niccolò, nun erst komme ich dazu, mit dem Schreiben des Briefes fortzufahren, bei dem ich in der Nacht vor dem Sankt-Benedikts-Tag jählings unterbrochen worden bin. Du wirst fragen, was mich denn abgehalten hat, dir, meinem Freund, noch mehr von den neuesten Ereignissen des Konzils zu berichten. Es war ein Novum, das die anderen Neuigkeiten noch an Neuheit übertraf, obwohl es doch von allen Seiten längst erwartet worden war.
Während meine Feder über den Papierbogen flog, um die Worte, die mein Herz Dir sagen wollte, festzuhalten, war mir plötzlich, als ob ich Schritte und Flüstern auf den Gängen der Bischofspfalz hörte, dann klopfte es an meine Tür. Als ich öffnete, trat mein Diener Antonio in die Kammer und berichtete mir, dass soeben der Papst zusammen mit dem Herzog Friedrich von Österreich die Pfalz verlassen habe. Er sei als Knappe verkleidet mit dem Herzog fortgegangen und wohl mit dessen Hilfe aus der Stadt geflüchtet.
Nun hatte ich dir ja schon mehrfach geschrieben, dass ich wohl vermutete, dass Johannes etwas im Schilde führte, aber dass er so dreist einfach das Weite suchte, ohne uns Sekretären und Skriptores darüber Bescheid zu geben, empört mich doch einigermaßen. Es scheint, dass der päpstliche Kämmerer, Bischof Stefano di Geri aus Volterra, als einer der wenigen über seine Pläne im Bilde war und ihm mit der Kasse der Apostolischen Kammer schon am Nachmittag jenes Tages vorausgereist war.
Manches Vorkommnis erklärt sich nun: die plötzliche Bereitschaft des Papstes, Vertreter für Nizza zu ernennen, um das Konzil in Sicherheit zu wiegen, seine vorgebliche Krankheit, die ihm erlaubte, in Ruhe alle Vorbereitungen für die Flucht zu treffen, und das Turnier, das der Herzog organisiert hatte, um die Menschen abzulenken. Einer der päpstlichen Diener – es ist nicht bekannt, welcher – soll jedoch dem Konzil noch am Mittag die Fluchtpläne verraten haben, und es heißt, dass der König deswegen das Turnier um die Vesperzeit verlassen habe, um Johannes ins Gewissen zu reden. Der habe sich jedoch hinter seiner Krankheit versteckt, dem König etwas vorgehinkt und alle Fluchtpläne weit von sich gewiesen. Dennoch ließ Sigismund die Wachen verstärken, doch es hat am Ende nichts genützt, Johannes hat ein Schlupfloch gefunden, um diese ihm so verhasste Stadt zu verlassen.
Du kannst dir das Chaos nicht vorstellen, das in der Pfalz ausbrach, als wir alle begriffen, was geschehen war. Ein Durcheinanderschreien und Hinundherlaufen, Kardinäle, die ihre Diener riefen, Knechte, die mit Packen begannen, Kuriale, die sich bald hier, bald dort trafen, um die Situation zu bereden – in einem Hühnerstall, in den soeben der Fuchs eingefallen ist, könnte es nicht schlimmer zugehen. Nur, dass unser Fuchs den Stall verlassen hatte!
Am Morgen sah es in der Stadt nicht besser aus. Überall begannen die Menschen, die von weither zu diesem Konzil gekommen waren, ihre Sachen zusammenzuräumen, Pferde und Wagen strebten voll bepackt den Toren zu, Geldeintreiber und Wechsler liefen umher in Sorge, dass ihre Schuldner die Stadt verlassen würden, ohne ihre Verbindlichkeiten zu begleichen.
Nachdem er früh am Morgen von des Papstes Flucht erfahren hatte, ließ König Sigismund rasch die Stadttore schließen, aber ein Großteil der Kurie und auch viele andere Kardinäle mit ihrem Gefolge waren bereits abgereist. So versuchte er zu retten, was zu retten war. Mit seinen Soldaten zog er von Haus zu Haus, um persönlich mit den weltlichen und geistlichen Würdenträgern, aber auch mit den Geldwechslern und Kaufleuten zu sprechen. Er schickte Herolde in der ganzen Stadt umher, die den Menschen verkünden mussten, dass das Konzil nicht zu Ende sei und sie Ruhe bewahren sollten, denn der König werde persönlich dafür sorgen, dass Papst Johannes in die Stadt zurückkehre. Wenn er da den Mund nur nicht zu voll genommen hat!
Am Freitag hat dann der Kanzler der Pariser Universität, der hochgelehrte Jean Gerson, im Münster eine Predigt gehalten. In langer, sehr gewählter Rede legte er dar, dass das Generalkonzil über dem Papst stehe und der Papst die Beschlüsse des Konzils akzeptieren und einhalten müsse, selbst wenn es ihn zum Amtsverzicht auffordere, sei er verpflichtet, diesen zu leisten. Damit hat Gerson deutlich gemacht, dass das Konzil in Costentz auch ohne den Papst Johannes
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