In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Venezianer all diese Menschen umbringen?«
»Es wird wohl sein, wie wir vermutet haben. Sie haben es auf den König abgesehen. Sigismund ist Venedigs ärgster Feind!«
»Tommaso Mocenigo, unser Doge, hat den König nach der Schlacht von Nikopolis auf seinem Schiff in die Heimat zurückgebracht! Er war als Gesandter Venedigs viele Male bei Sigismund, bevor er Doge wurde. Er würde gewiss keinen Mordauftrag für den König erteilen.«
Doch Poggio war nicht überzeugt.
»Was macht dich da so sicher? Du als einfacher Bäckergeselle kannst doch gar nicht wissen, was deine Oberen alles im Schilde führen!«
Da biss sich Giovanni ärgerlich auf die Lippen und schwieg.
Heumond
Der Juli brachte große Hitze über das Land. Schon früh am Morgen brannte die Sonne auf die Welt, sie erhitzte die Luft und das Wasser und die Dinge, und wo man sich aufhielt und was man berührte, alles verströmte heißen Odem. Wer es sich leisten konnte, der verlegte seine aushäusigen Geschäfte auf den Abend oder sogar in die Nacht und verschloss tagsüber Fenster und Türen vor der heißen Luft. Die Damen der besseren Gesellschaft und die Prälaten in ihren schweren Gewändern fächelten sich ununterbrochen Kühle zu, oder sie ließen fächeln, je nach Wohlstand und Dienerschaft.
Dabei waren die Menschen der Stadt in den schattigen Gassen noch gut daran, denn die Bauern, die auf dem freien Feld arbeiten mussten, um Heu und Getreide einzubringen, fanden allenfalls unter ein paar Bäumen oder in einer traurigen Hütte ein wenig Schatten, ansonsten waren sie der unbarmherzig brennenden Sonne ausgesetzt. Mancherorts versiegten die Brunnen oder man konnte ihr Wasser höchstens noch zum Waschen verwenden, weil es warm war oder stank, und auch die Zisternen hielten ihre Fracht nicht mehr kühl. Um sich zu erfrischen, tranken die Menschen dennoch mehr als sonst, am liebsten Wein aus tiefen Kellern. Wenn ihnen dieser zu Kopf stieg, kam es häufig wegen einem Nichts zu Streit und Handgreiflichkeiten.
Auch die Teilnehmer des Konzils blieben nicht von der Hitzewelle verschont. Sie reagierten unterschiedlich darauf, je nach ihrer Herkunft. Während die Prälaten aus dem Mittelmeerraum wussten, dass man sich am besten in leichte, weite Gewänder kleidete, regelmäßig mit kalten Wassergüssen den Körper kühlte, geeiste Getränke mit leichten Aromen zu sich nahm und ansonsten im schattigen Haus blieb, schwitzten die Männer des Nordens ohne Unterlass und wussten sich kaum zu helfen. Ein Theologieprofessor aus Münster behauptete gar, ihm sei die Predigt wegen der großen Hitze schlecht geraten. So blieb es nicht aus, dass sich auch in den Köpfen die Hitze staute und manch einer streitlustiger war als zu normalen Zeiten.
Vielleicht war es auch deshalb ein schlechter Zeitpunkt für den Prozess gegen Jan Hus. Am frühen Morgen des 6. Juli hatten sich die Konzilsväter zu einer feierlichen Sitzung im Münster versammelt, in der das endgültige Urteil über ihn gesprochen werden sollte. Da schon Wochen vorher die Befürworter und Gegner des böhmischen Magisters ihre Ansichten in Plakaten an Mauern und Kirchentüren kundgetan hatten, wussten die Menschen in Costentz genau, dass dies die entscheidende Sitzung in der Causa Hus war. So kamen viele auf dem Münsterplatz zusammen, um den Ausgang der Verhandlung mitzuerleben, heimliche und offene Anhänger seiner Lehre, wobei die Letzteren ein kleines Häufchen bildeten, Gegner, die über den Häretiker schimpften, oder einfach Neugierige, die darauf warteten, dass es womöglich eine Hinrichtung gab.
Die Bäcker ließen sich diese Gelegenheit nicht entgehen und positionierten sich schon früh am Morgen auf dem Münsterplatz gegenüber dem Tor zur Bischofspfalz. Die Plache, die ihnen bei schlechtem Wetter als Regenschutz diente, schützte sie nun gegen die Sonne, die rasch steil emporstieg. Auch mancher Umstehende war froh, ein Eckchen Schatten unter ihrem Dach genießen zu dürfen, und kaufte ihnen dafür gern eine Brezel oder eine Pastete ab. Die vor dem Münster wartenden Söldner des Königs und des Konzilsprotektors Ludwig von der Pfalz waren ebenfalls dankbare Abnehmer für die Backwaren, und auch der städtische Vogt Hanns Hagen hatte sich mit einigen Stadtwachen in der Nähe des Kirchenportals postiert, um für alle Eventualitäten parat zu sein. Allerdings warf er nur hin und wieder einen kritischen Blick zu den Bäckern hinüber.
Das Warten dauerte bis um die zehnte Stunde, als endlich die
Weitere Kostenlose Bücher