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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Inquisitor — und ich meinte, eine
     Spur von Spott in seiner Stimme zu vernehmen. »Misitque et decollavit
     Iohannem in carcere et adlatum est caput eins in disco et datum est
     puellae et tulit matri suae.   
    Wollen wir unterdessen den
     Bader befragen? Mag sein, dass er Spuren sieht, die uns zum Mörder führen,
     bevor Euer Palast und unser Kloster in Flammen aufgehen.«
    Meister Philippe wandte sich
     an Nicolas Garmel. Er erzählte ihm kurz, welchen Verdacht wir hegten.
     Besonders betonte er, dass die Schönfrau möglicherweise nicht
     durch ein gestoßenes, sondern durch ein geworfenes Messer
     niedergestreckt worden war.
    »Sieh dir die Schönfrau
     gut an«, ermahnte er ihn schließlich. »Gut möglich,
     dass es hier noch mehr zu entdecken gibt.«
    In diesem Moment ließ
     uns ein machtvolles, lang gestrecktes Grollen erzittern. Dann wurde der
     Himmel finster — so finster, möchte ich glauben, wie er zur
     letzten Stunde war, da unser Heiland noch am Kreuze leiden musste.
    »Das Gewitter ist da«,
     flüsterte der Prévôt und schlug ein Kreuz.
    Die ersten, schweren
     Regentropfen klatschten auf das Pflaster. »Eile dich!«,
     ermahnte der Inquisitor den Bader. »Bevor das Wasser Spuren wegwäscht.«
    »Ich muss die Tote dafür
     entkleiden, Meister Philippe«, gab Garmel zu bedenken. Der dicke
     Bader schwitzte stark - ob vor Anstrengung in der drückenden Hitze
     oder vor Aufregung, das vermochte ich nicht zu sagen.
    »Dann tue es hier, auf
     der Straße. Sofort! Wir werden uns ein paar Schritte zurückziehen,
     auf dass wir ihren entblößten Körper nicht in Augenschein
     nehmen müssen.«                  
    Mit diesen Worten gab der
     Inquisitor uns ein Zeichen. Der Prévôt und ich folgten ihm
     bis unter das Baudets-Tor, wo wir vor dem Regen ein wenig geschützt
     waren. Die Uniformierten schlugen ihre Mäntel schützend über
     ihre Häupter und bildeten einen Kreis um den Bader und die Tote, auf
     dass kein Neugieriger ihnen zu nahe käme. Doch diese Maßnahme
     war überflüssig, denn wieder grollten Donner heran. Blitze
     zuckten über den schwarzen Himmel. Wie aus dem Nichts kam plötzlich
     ein kühler Wind auf, der uns erschauern ließ. Dann öffneten
     sich die Schleusen des Himmels. Der Regen stürzte dicht und schwer zu
     Boden - so dicht, dass ich den Bader kaum noch sehen konnte und den Körper
     der dahingeschiedenen Schönfrau gar nicht mehr. Er war so schwer,
     dass ein Klatschen und Dröhnen einsetzte, das alle anderen Laute
     erstickte. Wie verlorene Statuen standen die verhüllten Wächter
     bewegungslos im Unwetter. Und wir drei Gestalten, die wir uns unter das
     Tor drängten, verharrten in tiefstem Schweigen.
    Wohl eine halbe Stunde mochte
     vergangen sein, bevor der Bader zu uns kam. Nicolas Garmel war nass, als wäre
     er in die Seine getaucht worden, doch trotz des Regens und der Kühle
     glühte sein Gesicht rot. »Es ist, wie Ihr gesagt habt, Meister
     Philippe«, verkündete er. »Die Schönfrau ist
     erstochen worden. Es ist gut möglich, wenn auch durch nichts zu
     beweisen, dass das tödliche Messer geschleudert wurde.« Der
     Inquisitor nickte. »Ist die Wunde von dem gleichen Messer gerissen
     worden wie bei Heinrich von Lübeck?«
    Der Bader kratzte sich am
     Haupt. »Das kann ich nicht sagen, Herr.
    Ganz sicher war es auch
     diesmal ein Messer, kein Schwert, keine Lanze, kein Spieß, keine
     Axt. Doch ob es tatsächlich dieselbe Waffe war - das zu bestimmen
     vermag ich nicht.«
    »Hast du sonst noch
     etwas gefunden?«
    »Die Schönfrau
     muss Hunger gelitten haben, denn sie war sehr mager. Ich entdeckte zudem
     etliche Wunden und Narben von älteren Verletzungen, vor allem an den
     Armen und am Rücken. Doch ich fand nichts, das ihr in den letzten
     Stunden ihres Lebens beigebracht worden wäre.«
    »Trug sie etwas bei
     sich?«, wagte ich einzuwerfen. Nicolas Garmel schüttelte den
     Kopf. »Nein, nicht einmal einen Sous. Auch keinen Schmuck. Nur die
     elenden Gewänder, die sie am Leibe hatte. Nicht einmal Schuhe.«
    Das verwunderte mich. Denn
     die wenigen Male, die ich Jacquette gesehen hatte, war sie zwar ärmlich
     gekleidet, doch hatte sie stets Holzpantinen an den Füßen
     gehabt.
    »Also wollte sie nicht
     aus Paris fliehen«, sagte ich zu dem Inquisitor. »Denn hätte
     sie dies vorgehabt, dann wäre sie doch sicherlich nicht ohne Schuhe
     losgezogen.«
    »Aber warum sollte sie
     ohne Schuhe durch Paris gegangen sein?«,

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