In Nomine Mortis
Hausherren bringen mochten.
Magdalena schlüpfte
hinein und ließ die Pforte einen Spalt weit offen. Ich verstand
— und blieb draußen auf der Straße stehen. Es war mein
Schicksal, dass ich mich durch Hintereingänge in Häuser
schleichen musste wie ein Dieb — ein Sünder, der sich nahm, was
ihm nicht zustand. Eine Weile sah ich mich um und als ich glaubte, dass
niemand meiner achtete, eilte ich mit wenigen großen Sprüngen
die Treppe hoch und verschwand im Innern des Hauses.
Ich hatte richtig geraten,
denn ich fand mich in einer großen, wohlgepflegten Küche
wieder. Allerdings sah es dort so aus, als habe schon seit Tagen niemand
mehr gekocht, zumindest nicht für eine größere Gruppe von
Menschen. Alles war sauber, ordentlich und aufgeräumt. Niemand war zu
sehen, auch Magdalena nicht mehr. Ich eilte durch die Küche, kam auf
einen Gang und erspähte, dass von den vielen Türen, die dort zu
beiden Seiten die Wände durchbrachen, nur eine geöffnet war:
Einen Augenblick später lag Klara in einer winzigen Stube in meinen
Armen.
*
Oh süße Lust, die
uns alle Sorgen vergessen lässt! Auf dem Weg zum Haus des Wollhändlers
hatte ich mich immer wieder umgesehen, aus Sorge um einen geheimnisvollen
Verfolger. Ich hatte Angst um Klara.
Mein Geist war verwirrt vom
Gesicht des Inquisitors im nächtlichen Licht des Blitzes und vom
Anblick des gefolterten Vaganten, der für ein Verbrechen gestorben
war, das er nicht begangen hatte. Ich fragte mich, wo sich die terra perioeci befinden mochte und wie ich, ohne
Verdacht zu erregen, geografische Werke studieren konnte. Ich fühlte
mit der Jüdin Lea, die sich um ihren Vater ängstigte. Ich fürchtete
einen Mann, der mit der Linken zwei Männer GOTTES und eine
schandbare, mir jedoch teure Frau erstochen hatte. Dann kam Klara und
brannte mit ihrem ersten Kuss all die Bedrängnisse meiner Seele zu
Asche. Ich seufzte auf und ergab mich ihren Liebkosungen, die ich so viele
Tage entbehrt hatte. Erst nach einer langen Zeit kam ich wieder zu Sinnen.
Ich lag auf einem schmalen, harten Bett, der nackte Körper meiner
Geliebten schmiegte sich noch immer an den meinen. Ich blickte mich um.
Das Zimmer der Dienerin war klein, die Wände glänzten kahl, das
winzige Fenster ließ nur wenig Licht ins Innere.
Klara, die mich beobachtete,
lächelte. »Mach dir keine Sorgen, Ranulf«, flüsterte
sie. »Der Wollhändler ist schon im Frühling nach Brügge
aufgebrochen. Längst sollte er zurückgekehrt sein, doch seit
Wochen hat niemand mehr etwas von ihm gehört. Seine Gattin führt
den Haushalt, doch sie verbringt ihre Tage bei einer verheirateten Tochter
auf der anderen Seite des Flusses. Sie wird, wie stets, erst am Abend zurückkehren.
Sollte sie doch wider Erwarten früher kommen, dann wird sie uns hier
in dieser Stube des Gesindes nicht finden. Meine Dienerin Magdalena hat
alles vorbereitet.« Ich dachte an die Bettler und Krüppel,
welche die Augen der Inquisition waren. Wenn schon diese Elenden würdig
waren, der Kirche zu dienen, dann könnten doch sicher auch
Dienerinnen dazu auserkoren sein. »Ist Magdalena verschwiegen?«,
fragte ich deshalb nicht ohne Unruhe.
Klara lachte. »Es ist
ein bisschen spät, dass du dir darüber Sorgen machst, mein
Geliebter!«, schalt sie mich neckisch. »Doch sei ohne Furcht:
Magdalena ist in meinem Elternhaus groß geworden, folgte mir zu
meinem Gatten und ist mir bedingungslos ergeben. Ihr allein traue ich -
denn sonst traue ich niemandem mehr.«
Kälte durchfuhr meinen Körper.
Ich richtete mich auf und blickte Klara an.
»Was ist vorgefallen?«,
begehrte ich zu wissen.
Die Reedersgattin wurde
ernst. Die Spottlust, die ich so an ihr liebte, war in ihren Augen
erloschen. »Ranulf«, fragte sie mich, »ist es möglich,
dass in wenigen Stunden Dinge geschehen mögen, die ein Leben, das
doch schon so manches Jahr währt, von Grund auf verändern können?«
Ich lächelte schwach.
»Die erste Liebesnacht, die du mir schenktest, währte wohl kaum
mehr als eine Stunde — und machte doch zwei Jahrzehnte Keuschheit
und Gehorsam zunichte«, erinnerte ich sie. »Und«, setzte
ich rasch hinzu, um ihr Gewissen nicht zu belasten, »ich habe diese
große Veränderung seither nicht einen Augenblick bereut.«
Klara blieb ernst. »Ich
jedoch bereue die Veränderungen der letzten Stunden«, flüsterte
sie und seufzte.
»Es
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