In Nomine Mortis
Bischof, schlummerte auf dem Weg ein und bemerkte
sicherlich nichts und niemanden.
Zum seligen Schlaf allerdings
sollte er noch lange nicht finden. Kaum waren wir im ›Haus zum Hahn‹
angelangt — wir hatten uns noch nicht einmal unserer nassen Obergewänder
entledigt —, da klopfte es laut an die Tür. Ich erschrak und
mein Gatte wohl ebenso. Trotzdem hieß er einem Diener nachzusehen,
wer uns zu dieser späten Stunde zu stören wagte. Es war ein Mönch.«
Ich glaubte, dass sich der
Boden unter mir öffnete und ich in den tiefsten Schlund der Hölle
fallen würde.
»Welchem Orden gehörte
er an?«, wollte ich wissen — und konnte mir die Antwort doch
schon denken.
»Es war einer deiner
Mitbrüder«, antwortete Klara und bedachte mich mit einem
seltsamen Blick. »Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, denn er hatte
die Kapuze übergeworfen und unser Haus wurde zu so später Stunde
nur durch eine Kerze erhellt, deren flackerndes Licht nicht bis zu ihm
reichte.«
»Was wollte der
Dominikaner?«, fragte ich.
»Auch das weiß
ich nicht. Denn sobald mein Gatte des Mönches ansichtig wurde, verfärbte
sich sein Gesicht. Er wurde blass. Dann wies er mich aus dem Zimmer. Seine
Worte mir gegenüber waren unhöflich, ja grob, doch hörte
ich, wie seine Stimme dabei zitterte. Also schluckte ich die scharfe
Erwiderung auf diese Ungehörigkeit, die mir schon auf der Zunge
gelegen hatte, wieder hinunter und gehorchte schweigend. Zumindest tat ich
so. Denn kaum hatte mein Gatte die Tür hinter mir geschlossen, da
schlich ich zurück und versuchte, die beiden zu belauschen. Leider
sind die Türen in unserem Haus aus dicken Eichenbrettern, sodass ich
kein Wort verstehen konnte. Nur so viel glaube ich zu wissen: Es hörte
sich an, als ob der Mönch meinem Gatten in bestimmendem Tonfall
Befehle erteilt hätte, die dieser, wiewohl voller Furcht, doch demütig
entgegennahm. Ich wagte auch, durchs Schlüsselloch zu spähen,
und sah dabei, wie der Dominikaner meinem Gatten ein Buch übergab.
Dann jedoch musste ich mich rasch verstecken, denn der Mönch und mein
Gatte näherten sich der Tür.
Lautlos eilte ich in unser
Schlafgemach, ging zu Bett und stellte mich tief schlummernd. Nach einiger
Zeit kam mein Gatte und legte sich zu mir. Der Wein übermannte ihn
sofort und er schlief rasch ein, doch seine Angst - ob durch den Besuch
beim Bischof verstärkt, durch den Mönch oder beide Ereignisse
— quälte ihn weiter. Außerdem erfüllten die
zuckenden Blitze und der grollende Donner die Nacht, auf dass nicht einen
Moment Ruhe einkehrte in unserem Haus. So warf er sich unruhig hin und
her, sprach manches unverständliche Wort und wurde wohl auch von
finsteren Albträumen heimgesucht. Ich wartete wohl eine halbe Stunde,
ob mein Gatte wieder erwachen würde. Stets trieb er am Rand des
Schlummers dahin, ohne jedoch die Augen aufzuschlagen. Deshalb wagte ich
es irgendwann, mich vorsichtig und leise vom Bett zu erheben. Eine Kerze
mochte ich nicht anzünden, denn ich fürchtete, dass dieses zusätzliche
Licht meinen Mann wecken würde. Mir musste das flackernde Leuchten
der Blitze genügen.
Zur großen Truhe
schlich ich mich, auf die mein Gatte in seiner Müdigkeit achtlos sein
Wams geworfen hatte. Dieser Ermattung schreibe ich es auch zu, dass er
nicht mehr daran gedacht hat, jenes Buch besser zu verstecken, welches ihm
der Mönch zuvor überreicht hatte. Es steckte noch in der
Innentasche seines Gewandes. Es war ein alter Kodex, gebunden in brüchiges,
braunes Leder.«
Mir schwante Unheimliches.
»Um was handelte es sich bei diesem Werk?«, fragte ich - und fürchtete
mich doch schon vor der Antwort.
Klara nickte. »Im Licht
der Blitze war nur wenig zu erkennen. Ich hatte nur Zeit, es einmal
aufzuschlagen. Dann rollte ein so heftiger Donner über den Himmel,
dass mein Gatte sich erschrocken im Bett aufrichtete. Ich musste an seine
Seite eilen, bevor er richtig erwachte. Danach wagte ich es nicht mehr,
das Bett noch einmal zu verlassen. Am nächsten Morgen, ich musste
irgendwann entschlummert sein, da waren alle seine Gewänder weggeräumt
— und das Buch war verschwunden.«
»Was hast du in jenem
kurzen Augenblick gesehen?« drängte ich ungeduldig.
»Landkarten«,
verriet mir meine Geliebte. »Ich sah Karten von Ländern und
Meeren, doch vermag ich nicht zu sagen, welche Region auf GOTTES Erde ich
Weitere Kostenlose Bücher