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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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dort verzeichnet fand. Eines nur weiß ich: Der Name des Kartografen
     prangte in großen roten Lettern auf der Titelseite.«
    »Castorius aus Ravenna«,
     murmelte ich.
    Klara blickte mich überrascht
     an. »Du weißt es schon?«, entfuhr es ihr.
    »Ich ahnte es«,
     erwiderte ich resigniert.
    Meine Hände zitterten,
     mein Herz raste, meine Gedanken tanzten wirbelnde Kreise. Das
     geheimnisvolle geografische Werk, das Heinrich von Lübeck in der
     Nacht seines Todes bei sich getragen hatte, lag nun in den Händen des
     Reeders. Sollte es von Anfang an in die Hände Richard Helmstedes
     gelangen? Doch wozu? Es musste etwas mit dessen baldiger Abreise zu tun
     haben — war sein Ziel auf den Karten des Castorius verzeichnet?
    Konnte dieses Ziel irgendein
     anderes Land sein als die terra perioecp. Welche Rolle spielte dabei Philippe
     de Touloubre? Ich zweifelte keinen Moment, dass es der Inquisitor war,
     welcher, sobald er das Buch aus dem Versteck des Vaganten geborgen hatte,
     den Entschluss fasste, das Werk des Castorius dem Reeder aus Lübeck
     zu übergeben. Wahrscheinlich war es Meister Philippe selbst, der in
     der letzten Nacht Richard Helmstede aufgesucht hatte. In der letzten
     Nacht.
    Da war der Inquisitor auch
     Teilnehmer jener heimlichen Versammlung, die ich, wenn auch nur kurz,
     gesehen hatte. War er also wahrhaftig beim Reeder gewesen? Klara hatte mir
     die exakte Stunde nicht sagen können — und ich wusste ja selbst
     nicht genau, zu welcher Zeit ich Meister Philippe in der Dunkelheit des
     Klosters erspäht hatte. Gut möglich, dass der Inquisitor zuvor
     oder danach den Weg zum Reeder gemacht hatte. Dann mochten die nächtlichen
     Zusammenkünfte irgendetwas mit dem Reeder zu tun haben — und
     auch mit dem Tod unseres Mitbruders Heinrich von Lübeck.
    Andererseits: Ich konnte
     nicht ausschließen, dass der nächtliche Besucher im »Haus
     zum Hahn« genau zu jener Zeit anklopfte, da ich Meister Philippe im
     Kloster in der Rue Saint-Jacques gewahrte — am anderen Ende von
     Paris, gut eine halbe Stunde Fußweg entfernt. Dann musste es ein
     anderer Mönch gewesen sein, der Richard Helmstede aufgesucht hatte.
     Nur wer? Und wie mochte er in den Besitz des Werkes von Castorius gelangt
     sein? Wusste Meister Philippe davon? Tausend Fragen quälten meine
     Seele und verwirrten meinen Geist. Ich beriet mich mit Klara und
     berichtete ihr von allem, was ich wusste und von allem, was ich nur
     vermutete. Doch auch sie vermochte keine neuen Schlüsse zu ziehen.
     Anders als ich erkannte sie jedoch, wann es Zeit war, einen Weg, der
     nirgendwohin führte, wieder zu verlassen. Während ich noch grübelte
     und alles immer und immer wieder bedachte, redete sie plötzlich in
     der Sprache der Liebe zu mir. Das ganze Haus war ruhig, kein Laut drang in
     unsere kleine Stube. Golden war das Licht, das durch das winzige Fenster
     drang und einen Schimmer um die seidige Haut meiner Geliebten legte gleich
     einem Heiligenschein, wiewohl sie doch eine Sünderin war.   
    Während ich noch
     ausgestreckt auf der Schlafstatt lag und mich in fruchtlosen Überlegungen
     erging, spürte ich plötzlich ihre Lippen und ihre Fingerspitzen
     auf meiner Haut. Jeder Kuss und jede Berührung war sanft und zugleich
     fordernd. Sie brauchte keine Worte, um mir zu befehlen: Komm, ergib dich
     mir!
    So verscheuchte sie meine düsteren
     Gedanken an die Vergangenheit und die Zukunft. Ganz überließ
     ich mich ihr und der Gegenwart in unserem stillen Versteck inmitten der
     großen Stadt Paris. Wir genossen die Wollust mit der Leidenschaft
     der Verzweiflung. Wir tranken einander, wie Verdurstende das erquickende
     Nass in sich aufsaugen. Wir hielten uns fest am anderen, als müssten
     wir allein aus dieser Welt stürzen. Wir liebten uns, als hätten
     wir in jenem Augenblick schon geahnt, dass wir uns niemals wieder lieben würden.
    *
    Die Sonne stand schon weit im
     Westen, als Klara und ich voneinander schieden. »Die Frau des Wollhändlers
     wird bald zurückkehren«, hatte sie gesagt und mich dann zärtlich
     gedrängt, mich zu eilen. »Wann werde ich dich wiedersehen?«,
     fragte ich, da ich schon die Tür der Stube geöffnet hatte.
    »Ich werde Magdalena
     vor das Kloster schicken, wenn die Gelegenheit günstig ist. Nun, da
     wir dieses Versteck entdeckt haben, mag es hoffentlich häufiger
     geschehen als zuvor.« Dann verabschiedete sie mich mit einem Kuss.
     Ich schlich mich aus dem Haus, obwohl ich noch immer

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