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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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verwirrt von tausenderlei Gerüchen
     und Geräuschen. Eng standen die Fachwerkhäuser nebeneinander.
     Auf Höhe des zweiten oder dritten Geschosses trugen mächtige,
     schwarze Eichenbalken Erker und vorkragende Etagen, welche die Straße
     verdunkelten. Nur zu oft kamen sich gegenüberliegende Häuser in
     luftiger Höhe so nahe, dass kein Licht mehr auf die Straße
     fiel, sodass sie selbst am Tage einer düsteren Höhle glich.
     Schlamm und Kot besudelten meine Füße, während ich hinter
     meinem Mitbruder die Gasse entlangstolperte, von rücksichtslosen
     Bauern geschubst wurde, gefährlich schwankenden Ochsenkarren aus dem
     Weg sprang und mich an den halbwilden Schweinen und räudigen Hunden,
     die in den stinkenden Abfallhaufen wühlten, vorbeidrückte.
     Einmal bewarf mich gar eine Horde schmutziger Kinder mit Nüssen und
     schleuderte mir Schimpfworte hinterher, die ich nicht verstand, die jedoch
     offensichtlich etwas mit meiner Kutte zu tun hatten. In jedem Haus, so
     schien mir, öffnete sich im Erdgeschoss ein Laden, eine Werkstatt
     oder ein anderes Gewerbe, um Geld zu verdienen. Metzger priesen Schinken
     und Rinderlungen an; aus Backstuben duftete es nach schwarzem Brot; den
     Schmieden entquollen der Lärm von Hammer und Amboss, der Gestank heißen
     Metalls und glühender Kohlen, die beißende Hitze von Feuer und
     Rauch; aus den Tavernen tönte das Gegröle der Betrunkenen und es
     stank nach Wein und dem, was von sich gibt, wer davon zu viel trinkt; aus
     den Badestuben, den sündigen Pfuhlen, kam Nebel wie aus einem Sumpf
     und der Duft nach Birkenrinden und Gewürzseife.
    So betäubt war ich, so
     überwältigt waren alle meine Sinne, dass ich das Ufer der Seine
     erst bemerkte, als Bruder Anselm unvermittelt seinen Schritt anhielt und
     ich in ihn hineinstolperte. »Die Place de Greve«, sagte er und
     deutete mit einer halb verächtlichen, halb bewundernden Geste einmal
     rundum. Ich fand mich auf einem Platz wieder, der wie ein lang gestrecktes
     Viereck geformt war, dessen eine Schmalseite sich zum Fluss hin öffnete.
     Hier hatte die große Zunft der Seineschiffer ihren Hafen, an dem sie
     all die Kähne mit Wein anlegen ließ. Diese Zunft - die
     marchands de l'eau - ist so mächtig, dass ihr Wappen mit dem Schiff
     zum Wappen von Paris geworden ist. Dicht nebeneinander lagen Schiffe und Kähne
     am Pier. Wie ein schwimmender Wald aus schlanken Bäumen tanzten ihre
     Masten und Rahen vor dem Himmel. Glücklich war ich — und
     verwirrt. Verwirrt von den Schauerleuten, die Fässer rollten oder Säcke
     schleppten, die in düsteren Lagerhäusern verschwanden, welche
     die Längsseiten des Platzes einfassten. Dazwischen drängten sich
     die Tavernen — die Orte, zu denen die Schiffsleute strebten, die
     Landsknechte, die Gehilfen des Waagenmeisters, die Beutelschneider und
     Wahrsager, die sündigen Mädchen und die alten Vetteln, deren
     schwarze Künste mich schaudern ließen. Ein hoher Herr
     stolzierte vorbei, ganz Eitelkeit und Tand: die Füße in
     Schnabelschuhen, so lang wie die größten Kerzen, die im Kloster
     zu Ostern entzündet werden; die Beine in einer weißen
     Seidenhose, so schamlos eng, dass sich jeder Muskel und noch ganz Anderes
     so deutlich abzeichnete, als würde er gänzlich nackend gehen;
     der blaue, mit Gold durchwirkte Mantel so kurz, als hätte sich der
     Edle vergriffen und versehentlich das Gewand seines Sohnes angezogen. Als
     ich gar zu sehr gaffte, starrte einer der beiden Knappen, die im Gefolge
     des Adeligen genauso eingebildet daherstolzierten wie ihr Herr, zu mir zurück,
     stieß dann seinen Kumpanen an, deutete auf mich und sagte etwas.
     Beide lachten, und ich drehte mich beschämt weg. Doch nahmen mich so
     viele Dinge gleichzeitig gefangen, dass meine Sinne und mein Geist alsbald
     weiterschweiften. Ich ließ mich willig fortziehen, als Bruder Anselm
     mich am Arm packte und zur Brücke wies.
    Es waren nur ein paar
     Schritte nach rechts bis zum Grand Pont. Die Brücke ist ganz aus mächtigen
     Eichenbalken gezimmert und spannt sich in fünf Bögen bis zur
     Insel. Wohl hundert Häuser säumen ihre Seiten, sodass sie einer
     über den Wassern schwebenden Stadt gleicht und man kaum einen Blick
     auf die Seine erhaschen kann, wenn man auf ihr entlangschreitet.
    In diesen Häusern haben
     die Juweliere ihre Werkstätten und die Geldwechsler ihre Stuben,
     sodass man wohl kaum irgendwo in Paris so viele in bunte Wämser gehüllte
     Edle und

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