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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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der Trave‹ an einen abgelegenen Pier zu schleppen.«
    »Ihr tatet dies?«,
     hakte ich verwundert nach.
    Sie lachte. »Wer denn
     sonst? Mein Gatte war doch, wie er Euch sagte, nicht in Lübeck in
     jenen Tagen. Männer gehorchen meinen Worten, glaubt mir das, Bruder.«
     Wieder lachte sie und mir lief ein Schauder über den Rücken.
    »Warum ließet Ihr
     die Kogge so rasch an einen abgelegenen Pier bringen?«, wollte ich
     wissen.
    »Weil das Gerede
     anfing, kaum dass die ›Kreuz der Trave‹ im Hafen lag. Ein
     ›verhextes Schiff sei sie, sie habe den Teufel selbst an Bord
     gehabt — was ja vielleicht auch stimmte.«
    Ich nahm gerade einen Schluck
     Brombeerwein, als Klara Helmstede dies fast gleichmütig sagte, und
     musste husten vor Überraschung. »Wieso glaubt Ihr das?«,
     keuchte ich. »Ich habe die Ladung gesehen«, gab sie zur
     Antwort. Ich hustete wieder. »Aber Euer Gatte und der Steuermann
     Gernot sagten, dass das Schiff nichts geladen hatte!«
    Klara Helmstede schüttelte
     den Kopf. »Die beiden haben nichts gesehen, das ist etwas anderes.
     Die Kogge hatte fast nichts geladen. Ein paar Matrosen, die das steuerlose
     Schiff beim Einfahren in den Hafen geentert hatten, um es unter Kontrolle
     zu bringen, führten mich hinunter in den Frachtraum. Dort lag«,
     sie zögerte kurz, »ein Fell.«
    »Ein Fell?«
    »Ja, ein Fell. Ich
     kenne mich aus mit Pelzen, glaubt mir Bruder! Hermelin und Fuchs schmücken
     meine Gewänder. Ich dachte zunächst, dass dieses Fell, das
     übrigens stank wie Aas und Schwefel, einem Bären abgezogen
     worden sei. So groß war es und braun, wie es das der Bären aus
     den Pyrenäen und aus Polen ist. Doch, denkt Euch, am Fell hingen
     lange Beine — mit einem Huf. Und ein langer Schwanz. Und auf dem
     wuchtigen Kopf, da wuchsen zwei Hörner!« Ich schlug das Kreuz
     und schluckte. Auch die Stimme der Reedersgattin zitterte.
    »Oh ja, es war, als
     habe jemand dem Leibhaftigen das Fell abgezogen! Die Matrosen flohen, als
     sie die Hörner und den Huf erkannten. Und ich«, ihre Stimme
     verlor sich. »Ich blieb unten, in jenem düsteren, stickigen
     Raum unter Deck, und betete. Da glaubte ich, eine Stimme zu vernehmen:
     ›Verbrenne es!‹, befahl sie mir.«
    »Ihr habt das Fell
     verbrannt?«, fragte ich ungläubig. »Was hätte ich
     sonst tun sollen? Schon flogen Gerüchte durch die Gassen von Lübeck.
     Ich ließ eilig nach Bruder Heinrich schicken, der in die Kirche
     geeilt war, um eine neue Totenmesse - denn wir hatten ja schon vor langem
     eine abhalten lassen - vorzubereiten. Ich beriet mich mit ihm. Auch er
     glaubte, dass irgendwie - GOTT allein mag wissen, wie - ein Wesen der
     Finsternis an Bord gekommen sein muss.
    Er befahl also auf der Stelle
     einigen Matrosen, noch am Pier einen Scheiterhaufen aufzuschichten. Da die
     Männer ihn liebten und fürchteten, überwanden sie ihre
     Angst, schleppten das scheußliche Fell hinaus und warfen es in die
     lodernden Flammen. Hinterher schworen alle, die dabei gewesen waren, dass
     sie eine schwärzliche Seele gesehen hatten, die schreiend aus den
     Flammen stob und in einer Spalte der Erde verschwand.
    Ich habe meinem Gatten nichts
     davon erzählt. Ich wollte nicht, dass ihm noch mehr Schmerzen zugefügt
     werden, als er sie durch den Tod seines Bruders sowieso schon erdulden
     musste. Mag sein, dass er später trotzdem von der Geschichte erfahren
     hat. Die Seeleute haben sie sicherlich herumerzählt. Wir beide haben
     darüber jedoch nie ein Wort verloren.«
    Wie betäubt saß
     ich da. Ich sollte fieberhaft nachdenken, doch irgendwie wollte es mir
     nicht gelingen, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
    »Gab es noch eine
     andere Fracht?«, fragte ich schließlich, da mir nichts
     Besseres einfiel.
    »Nein«, Klara
     Helmstede schüttelte den Kopf. »Das heißt, doch, ja, es
     gab da noch ein paar Säcke mit einem seltsamen Getreide. Einem Korn,
     so groß wie Erbsen, doch fahl und hart und ungenießbar. Wir
     warfen es auch ins Feuer, wie auch einige Lumpen und Papiere, die im
     Achterschiff verstreut herumlagen.«
    »Sonst nichts?«
    »Nichts.«
    Ich starrte lange auf den
     Tisch und dachte nach. »Ich mag nicht glauben, dass die ›Kreuz
     der Trave‹ in die Hölle gefahren ist. Denn wäre es so
     gewesen, Satan hätte sie niemals mehr freigegeben«, murmelte
     ich. »Wenn sie allerdings auch nicht in einem Hafen der nordischen Länder
     der Christenheit war, wo war die Kogge dann all die

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