In Nomine Mortis
der Trave‹ an einen abgelegenen Pier zu schleppen.«
»Ihr tatet dies?«,
hakte ich verwundert nach.
Sie lachte. »Wer denn
sonst? Mein Gatte war doch, wie er Euch sagte, nicht in Lübeck in
jenen Tagen. Männer gehorchen meinen Worten, glaubt mir das, Bruder.«
Wieder lachte sie und mir lief ein Schauder über den Rücken.
»Warum ließet Ihr
die Kogge so rasch an einen abgelegenen Pier bringen?«, wollte ich
wissen.
»Weil das Gerede
anfing, kaum dass die ›Kreuz der Trave‹ im Hafen lag. Ein
›verhextes Schiff sei sie, sie habe den Teufel selbst an Bord
gehabt — was ja vielleicht auch stimmte.«
Ich nahm gerade einen Schluck
Brombeerwein, als Klara Helmstede dies fast gleichmütig sagte, und
musste husten vor Überraschung. »Wieso glaubt Ihr das?«,
keuchte ich. »Ich habe die Ladung gesehen«, gab sie zur
Antwort. Ich hustete wieder. »Aber Euer Gatte und der Steuermann
Gernot sagten, dass das Schiff nichts geladen hatte!«
Klara Helmstede schüttelte
den Kopf. »Die beiden haben nichts gesehen, das ist etwas anderes.
Die Kogge hatte fast nichts geladen. Ein paar Matrosen, die das steuerlose
Schiff beim Einfahren in den Hafen geentert hatten, um es unter Kontrolle
zu bringen, führten mich hinunter in den Frachtraum. Dort lag«,
sie zögerte kurz, »ein Fell.«
»Ein Fell?«
»Ja, ein Fell. Ich
kenne mich aus mit Pelzen, glaubt mir Bruder! Hermelin und Fuchs schmücken
meine Gewänder. Ich dachte zunächst, dass dieses Fell, das
übrigens stank wie Aas und Schwefel, einem Bären abgezogen
worden sei. So groß war es und braun, wie es das der Bären aus
den Pyrenäen und aus Polen ist. Doch, denkt Euch, am Fell hingen
lange Beine — mit einem Huf. Und ein langer Schwanz. Und auf dem
wuchtigen Kopf, da wuchsen zwei Hörner!« Ich schlug das Kreuz
und schluckte. Auch die Stimme der Reedersgattin zitterte.
»Oh ja, es war, als
habe jemand dem Leibhaftigen das Fell abgezogen! Die Matrosen flohen, als
sie die Hörner und den Huf erkannten. Und ich«, ihre Stimme
verlor sich. »Ich blieb unten, in jenem düsteren, stickigen
Raum unter Deck, und betete. Da glaubte ich, eine Stimme zu vernehmen:
›Verbrenne es!‹, befahl sie mir.«
»Ihr habt das Fell
verbrannt?«, fragte ich ungläubig. »Was hätte ich
sonst tun sollen? Schon flogen Gerüchte durch die Gassen von Lübeck.
Ich ließ eilig nach Bruder Heinrich schicken, der in die Kirche
geeilt war, um eine neue Totenmesse - denn wir hatten ja schon vor langem
eine abhalten lassen - vorzubereiten. Ich beriet mich mit ihm. Auch er
glaubte, dass irgendwie - GOTT allein mag wissen, wie - ein Wesen der
Finsternis an Bord gekommen sein muss.
Er befahl also auf der Stelle
einigen Matrosen, noch am Pier einen Scheiterhaufen aufzuschichten. Da die
Männer ihn liebten und fürchteten, überwanden sie ihre
Angst, schleppten das scheußliche Fell hinaus und warfen es in die
lodernden Flammen. Hinterher schworen alle, die dabei gewesen waren, dass
sie eine schwärzliche Seele gesehen hatten, die schreiend aus den
Flammen stob und in einer Spalte der Erde verschwand.
Ich habe meinem Gatten nichts
davon erzählt. Ich wollte nicht, dass ihm noch mehr Schmerzen zugefügt
werden, als er sie durch den Tod seines Bruders sowieso schon erdulden
musste. Mag sein, dass er später trotzdem von der Geschichte erfahren
hat. Die Seeleute haben sie sicherlich herumerzählt. Wir beide haben
darüber jedoch nie ein Wort verloren.«
Wie betäubt saß
ich da. Ich sollte fieberhaft nachdenken, doch irgendwie wollte es mir
nicht gelingen, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
»Gab es noch eine
andere Fracht?«, fragte ich schließlich, da mir nichts
Besseres einfiel.
»Nein«, Klara
Helmstede schüttelte den Kopf. »Das heißt, doch, ja, es
gab da noch ein paar Säcke mit einem seltsamen Getreide. Einem Korn,
so groß wie Erbsen, doch fahl und hart und ungenießbar. Wir
warfen es auch ins Feuer, wie auch einige Lumpen und Papiere, die im
Achterschiff verstreut herumlagen.«
»Sonst nichts?«
»Nichts.«
Ich starrte lange auf den
Tisch und dachte nach. »Ich mag nicht glauben, dass die ›Kreuz
der Trave‹ in die Hölle gefahren ist. Denn wäre es so
gewesen, Satan hätte sie niemals mehr freigegeben«, murmelte
ich. »Wenn sie allerdings auch nicht in einem Hafen der nordischen Länder
der Christenheit war, wo war die Kogge dann all die
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