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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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man
     jahrelang zur See gefahren sein. Wir jedoch handeln mit Hamburg und
     Bergen, mit Brügge, Stockholm, London, mit Danzig und Riga und mehr Häfen,
     als ich aufzuzählen vermag. Jahr für Jahr werden die Fässer,
     Säcke und Ballen, die unsere Koggen transportieren, zahlreicher und
     größer. Wir schicken Schiffe hinaus, mehr und immer mehr.«
    »Das wird gut sein für
     das Geschäft«, warf ich ein und dachte in jenem Augenblick an
     die Münzen, die wir bei meinem toten Mitbruder gefunden hatten.
    »Ja«, sagte Klara
     Helmstede, die kaum auf meinen Einwurf geachtet zu haben schien. »Gulden
     füllen unsere Kasse. Mit Gulden kann man neue Schiffe auf Kiel legen
     lassen und Seeleute anheuern, auf dass sie diese Schiffe auch bemannen.
     Aber Kapitäne? Die kann man sich nicht einfach kaufen: Es gibt nur
     wenige, denn Jahre dauert die Ausbildung, und auch von jenen, die diese
     lange Zeit zur See gefahren sind, sind viele nicht gut genug, um ein
     ganzes Meer in ihr Gedächtnis zu zwingen.
    Also sann mein Gatte darüber
     nach, wie wir schneller Kapitäne ausbilden könnten. Es muss, so
     glaubt er, eine Möglichkeit geben, guten, wenn auch noch relativ
     unerfahrenen Männern ein Mittel an die Hand zu geben, auf dass sie
     die Häfen finden, die sie ansteuern sollen. Da hörte er von
     neuen Karten, die in Italien und Spanien gezeichnet werden. Von Seekarten.«
    »Seekarten?«
    Sie lächelte mich an.
     »Bruder Ranulf, ihr seid gelehrt. Ihr wisst, dass Jerusalem der
     Mittelpunkt des Erdenrundes ist. Doch zeichnet man unsere Welt mit der
     Heiligen Stadt im Zentrum, dann, so erinnert Euch, sind Nord- und Ostsee
     kaum mehr als blaue Tintenkleckse irgendwo am linken Rand der
     Weltenscheibe. Das ist so, denn es ist GOTTES Wille, dass sie unbedeutende
     Meere nur sind. Doch einem Kapitän, der auf diesen vielleicht
     unbedeutenden, doch stürmischen und gefährlichen Meeren fährt,
     dem nützt eine Karte wenig, wie sie wohl einem Mönch im Kloster
     gefiele. Was soll ein Seemann, der von Lübeck über die Ostsee
     bis Gotland segelt, mit einer Karte anfangen, welche alle Straßen um
     Jerusalem zeigt und alle Burgen der Kreuzritter im Heiligen Land und die
     Mauern von Rom und wohl auch noch die Kirchen von Paris — aber nicht
     eine einzige Insel in der Ostsee?
    So sind einige Gelehrte aus
     Genua, die ein ähnliches Problem plagt, wiewohl sie das Mittelmeer
     befahren, als Erste auf die Idee gekommen, Karten zu zeichnen, die nichts
     anderes zeigen als die Küsten eines Meeres sowie alle Häfen,
     Inseln und sogar tückische Riffe und Sandbänke.
    Mit ihnen - sofern man sie zu
     lesen versteht, doch das lernt sich recht schnell — ist es nun nicht
     mehr notwendig, alle Küsten im Kopf zu haben. Man kann ja nachsehen,
     wo jener Hügel liegt, den man gerade erblickt hat, oder dieser
     Kirchturm. Ist er noch zehn Meilen von meinem Hafen entfernt oder gar
     einhundert? Auch dies muss man sich nicht länger merken — ein
     Blick auf die Karte genügt, dann kennt man die Distanz.
    Das, was die Italiener seit
     einigen Jahren umtreibt, ist keine geheime Kunst. So haben es die Spanier
     von ihnen gelernt und haben nicht nur das Mittelmeer gezeichnet, sondern
     auch den jenseitigen, großen Ozean sowie das Meer zum Norden,
     zwischen Frankreich und England, weil auch dort ihre Schiffe kreuzen. Und
     dann haben sie einfach weitergemacht - da Männer wie mein Gatte den
     Wert dieser Karten erkannt haben und ihnen gutes Geld dafür bieten.
     Wir haben selbst einige unserer erfahrensten Kapitäne nach Barcelona
     und Sevilla geschickt und sogar auf die Insel Mallorca, wo die besten
     Kartografen arbeiten. Unsere Schiffsführer haben alles berichtet, was
     sie von der Ostsee und der Nordsee wissen - und sie sind mit Karten zurückgekehrt,
     auf denen Ihr genau sehen könnt, wie Ihr Euren Kurs abzustecken habt,
     wollt Ihr von Lübeck nach Gotland segeln.« Endlich dämmerte
     es mir, warum mich Klara Helmstede so bewundernd angestarrt hatte. »Diese
     spanischen Kartenzeichner«, hub ich an, »sind Juden?«
    »Sie verstehen sich
     aufs Zeichnen besser als so manche Christen, die einfach nicht einsehen
     wollen, warum wir Jerusalem nicht in der Mitte unserer Karte haben wollen.«
    »Es riecht nach
     Ketzerei«, flüsterte ich.
    Klara Helmstede lachte.
     »Das mag sein, Bruder Ranulf. Deshalb ist es den Juden, deren Seelen
     sowieso verdammt sind, vielleicht gleichgültig. Mein Mann denkt
     zumindest in diesem

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