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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Monate?«
    »Ihr glaubt, dass
     Bruder Heinrich deshalb umgebracht worden ist, weil er von meinem
     Schwager, dem sterbenden Kapitän, das Ziel der Reise erfahren hat?«,
     fragte Klara Helmstede. »Aber vielleicht ist das alles nur ein
     tragischer Zufall und mein Gatte und seine Kogge haben nichts mit jener
     Untat zu schaffen.«
    »Das mag wohl sein«,
     gab ich zu, doch ich erinnerte mich an die Nachricht, welche mir die
     Tochter des Geldwechsler zugesteckt hatte. Ich war leider nicht sehr
     geschickt darin, ein Gespräch zu führen - und bin es auch heute
     noch nicht —, schon gar nicht mit einer Frau wie Klara Helmstede,
     die einem die Sinne und den Geist verwirrte. So fiel mir denn keine unauffällige
     Äußerung ein, mit der ich unserer Unterhaltung eine neue
     Wendung hätte geben können. Stattdessen fragte ich schließlich
     rundheraus, auch wenn es grob war: »Hat Euer Gatte etwas mit den
     Juden von Lübeck zu schaffen? Gar mit ihrem Rabbiner?«
    Aus den Augen der
     Reedersgattin schössen Blitze zu mir und einen Moment lang glaubte
     ich, sie würde mir einen Teller ins Gesicht schleudern oder meine
     Wange mit ihren langen, wohlgepflegten Fingernägeln zerkratzen.
    »Seid Ihr von Sinnen,
     Bruder Ranulf? Wir sind gute Christen«, rief sie empört.
    Dann jedoch stockten ihr die
     Worte. Sie dachte nach — und urplötzlich änderte sich, ich
     vermag es nicht anders zu beschreiben, das Blitzen ihrer Augen. Und ich,
     Narr, der ich war, sonnte mich auf einmal in ihrer Bewunderung. Sie, die
     mich stets mit einer Spur Hochmut behandelt hatte, dachte nun nicht mehr
     an Spott. »Jetzt weiß ich, Bruder Ranulf, warum Meister
     Philippe Euch zum Gehilfen erkor. Ihr werdet einen guten Inquisitor
     abgeben, nein, Ihr seid es schon!«, rief sie aus.
    In gespielter Demut neigte
     ich mein Haupt, um meinen Hochmut zu verbergen - und meine Verlegenheit.
     Zwar schmeichelte mir die überraschende Bewunderung dieser Frau, doch
     warum sie meine so plumpe Frage dermaßen in Erregung versetzte - das
     wiederum vermochte ich nicht zu ergründen. Doch ich musste nicht
     lange auf die Aufklärung dieses Rätsels warten.
    »Seekarten!«,
     rief sie nun. »Ihr spielt darauf an, Bruder Ranulf. Ja«, sie
     nickte, während sie weitersprach, »mein Gatte vertraut diesen
     neumodischen Dingen mehr als der überlieferten und erprobten
     Tradition und er befiehlt auch seinen Kapitänen, es so zu halten.«
     Ich blickte sie fragend an, doch verzichtete ich klugerweise darauf, etwas
     zu sagen.
    »Wisst Ihr, Bruder
     Ranulf, wie ein Kapitän seinen Kurs findet?« Ich schüttelte
     den Kopf und schwieg.
    »Es ist ein Ding der
     Erfahrung, der langen Jahre auf See, der unzähligen Fahrten entlang
     der Küsten. Irgendwann kennt ein Seemann — ein guter Seemann
     zumindest, einer, der das Zeug hat zum Kapitän - alle diese Küsten.
     Kennt jeden Hügel und jede Windmühle, jede Kirchturmspitze und
     jede Halbinsel, hat Tausende und Abertausende Ellen Küstenlinie im
     Kopf. Ein Blick genügt ihm und er weiß, wo er ist, bei Tag und
     selbst bei Nacht - vorausgesetzt, dass der Mond ein wenig Licht spendet.«
    »Und wenn er einen
     entfernten Hafen ansteuern muss? Oder ihn ein ungünstiger Wind
     forttreibt? Was macht ein Kapitän, wenn die Küste hinter dem
     Horizont versunken ist?«
    »Der Kapitän sieht
     auf das Wasser«, antwortete die Reedersgattin, die offenbar nicht
     nur in Dingen des Geldes mehr wusste, als einem Weibe anstand. »Mancherorts
     ist das Wasser tiefblau wie Eisen, andernorts schwarz oder grün oder
     braun wie eine helle Soße. Oft lässt er auch das Senkblei
     werfen. Das Meer, das uns doch immer gleich scheint, ist in Wahrheit an
     manchen Stellen bloß einige Klafter tief, an anderen hingegen
     Hunderte. Kennt ein Kapitän die Farbe und die Tiefe des Wassers, so
     mag er schon wissen, wo er sich befindet. Reicht ihm dies nicht, müssen
     ein paar Matrosen mit einem kleinen Eimer, der an ein festes Tau gebunden
     ist, Meeresgrund nach oben schöpfen. Denn mancherorts liegt gelber
     Sand in der Tiefe, an anderen Stellen ist es weißer, an wieder
     anderen Stellen sind es Steine oder schwarzer Schlamm oder brauner.«                     
    »Also müssen Eure
     Kapitäne, Frau Helmstede, nicht nur die Küsten der Meere kennen,
     sondern auch ihren verborgenen Grund und die Farbe ihres Wassers.«
    »Ja, und genau das
     plagt meinen Gatten: Denn um ein guter Kapitän zu werden, muss

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