In Schönheit sterben
wahrscheinlich am vernünftigsten, wenn ich nicht selbst vorbeigehe und den Epergne abhole. Ich lüge so ungern.«
»Das verstehe ich. Wir wollen ja nicht, dass jemand errät, wo sie ist. Klatsch verbreitet sich doch in Bath wie ein Lauffeuer. Wir haben ihrer Familie nicht die Wahrheit gesagt, und das ist auch besser so.«
»Mein Personal hat mir mitgeteilt, dass alle im Green River zu glauben scheinen, dass sie bei Ihnen ist.«
Doherty hörte eine gewisse Belustigung aus Caspers Stimme heraus.
»Das denken sie bestimmt nicht mehr, wenn ich im Hotel vorbeigehe und diesen
Epergne
selbst abhole«, sagte er und betonte das Wort, damit Casper ein bisschen das Lachen verging.
Manchmal konnte man Casper mit einem einzigen Satz von der Fährte abbringen, aber diesmal funktionierte es nicht. Er sprudelte förmlich über.
»Im Dienstbotentrakt – wenn Sie mir diese altmodische Bezeichnung erlauben – geht das Gerücht um, dass sie weggefahren ist, um ein paar Pfunde zu verlieren und sich verschönern zu lassen, im Hinblick auf eine bevorstehende Vermählung.«
»Vermählung?«
»Hochzeit. Mit Ihnen, mein lieber Detective Inspector. Ist das nicht rasend komisch?«
Das Sprudeln steigerte sich zu einem lauten Glucksen.
»Nun, Sie wissen ja, wie Personal ist«, erwiderte Doherty, dessen Kiefer vor Anspannung schon schmerzten. »Diese Leute leben förmlich von Klatsch und Tratsch.«
»Honeys Mutter findet das natürlich gar nicht lustig.«
Doherty warf den Kopf zurück. »Verdammt!«, rief er, nachdem er die Sprechmuschel abgedeckt hatte. Dann nahm er die Hand wieder weg und sagte: »Dieses Ding, dieses Epergne, ich sorge dafür, dass es zu Ihnen gebracht wird. Ich hinterlasse im Hotel eine Nachricht. Wann ist übrigens die Verkostung?«
»Am Freitag. In den Assembly Rooms. Nur Hotelfachleute und geladene Gäste.«
»Großartig. Ich gebe einen wunderbaren Gast ab.«
Das Telefon fiel mit einem kleinen Knall wieder in die Basisstation. In Steves Kopf klang der so scharf und laut, als bräche ein Knochen. Normalerweise würde er sich nicht so viele Sorgen machen. Dass Honey dort verdeckt ermittelte war keine große Sache. Sie konnte gut auf sich aufpassen. Aber die Ankunft seiner Tochter, das war eine ganz andere Angelegenheit.
Als Christine mit dem Kaffee wiederkam, bat er sie, das Mädchen hereinzuführen.
»Sie ist wieder gegangen«, antwortete Christine.
Doherty zwinkerte. »Oh.«
Nur wenige Leute wussten überhaupt, dass er eine Tochter hatte. Honey gehörte nicht zu diesem Kreis. Irgendwie hatte es sich nie ergeben, dass er ihr davon erzählte. Er konnte sich auch nicht erklären, warum. Aber es musste bald passieren. Wenn Rachel noch in Bath war, tauchte sie bestimmt wieder auf. Wie immer.
Sag’s ihr sofort, murmelte er vor sich hin, nahm sein Handy und tippte Honeys Nummer. Es meldete sich der Anrufbeantworter. Ihr Mobiltelefon war abgeschaltet.
Die zweite Option war, bei seiner Ex-Frau anzurufen. Cheryl antwortete beinahe sofort, wie immer mit leicht atemloser, gehetzt klingender Stimme.
»Oh, du bist es. Ich hätte es mir denken können.«
»Natürlich hättest du das. Cheryl weiß ja immer alles am besten.« Es hatte nicht sarkastisch klingen sollen, aber Cheryl brachte stets die fieseste Seite an ihm zum Vorschein. Wenn er ihre Stimme hörte, fühlte er sich gewöhnlich wie ein Wurm – der bald halb durchgehackt wird.
»Jetzt hör mir mal zu!«, kommandierte Cheryl. »Du setzt Rachel auf der Stelle in den nächsten Zug nach Hause. Ruf mich sofort an, wenn du das gemacht hast. Hugh und ich warten dann in Paddington auf sie.«
»Hugh? Ich dachte, das wäre ein Ralph, mit dem du in wilder Ehe lebst.«
»Das geht dich einen feuchten Kehricht an. Der kommt zumindest abends nach Hause.«
»Hugh oder Ralph?«
»Mich kannst du nicht ärgern, Steve. Setze einfach Rachel in den verdammten Zug. Mein Gott, es ist wie immer, nie bist du da, wenn man dich mal braucht.«
»Ich habe nachts zu tun, Cheryl. Das bringt mein Job so mit sich.«
»Setze einfach Rachel in den Zug.«
»Ich weiß nicht, wo sie ist.«
Cheryl explodierte, hatte sich aber bald wieder im Griff. »Dann mache, was ich gemacht habe. Sieh dir ihren Kreditkartenauszug an. Sie hat mit der Kreditkarte eine Fahrkarte gekauft.«
»Ich habe sie noch nicht gesehen.«
»Dann geh sie suchen. Du bist doch Polizist. Ich dachte, ihr seid für so was da.«
Doherty verdrehte die Augen zu Decke. Wenn er Cheryl zuhörte, wie sie ihn beschimpfte,
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