In Schönheit sterben
Tischen aufgebaut worden. Gläser und schimmernde Flaschen mit bernsteinfarbenem und blutrotem Wein standen auf silbernen Tabletts, die ihrerseits auf strahlend weißen Tischdecken ruhten.
Als Kulisse für die Barleute hatte man einen kleinen auf einen größeren Tisch gestellt, beide in gestärktes weißes Leinen gehüllt. Ganz hoch oben auf dieser übergroßen Hochzeitstorte thronte anstelle des Brautpaars Honeys glänzender Glas-Epergne, ein ziemlich massiges Teil, das sie einmal bei einer Auktion erworben hatte.
Ganz hoch oben, das machte Honey zu schaffen.
»Ich habe fünfhundert Pfund für das Ding bezahlt. Ich hoffe, Casper ist versichert«, murmelte sie.
Doherty schien sie nicht gehört zu haben. Er war zu sehr damit beschäftigt, dem Anlass Genüge zu tun.
»War das ein Shiraz, was ich gerade getrunken habe? Kann ich noch einen haben?«
Honey nickte einem Kellner zu. »Geben Sie ihm bitte noch ein Glas von dem Wein, den er gerade hatte, was immer das war.«
Der Kellner rümpfte die Nase. »Es gibt pro Person nur eine Verkostung pro Wein und Jahrgang.«
»Und würde es etwas ändern, wenn ich eine Kiste davon kaufe?«
»Na gut.« Was hätte er auch sonst sagen können?
Der Kellner schenkte ein. Doherty schwenkte den Wein im Glas, schnupperte daran und trank endlich sein zweites Glas Shiraz.
»Mh, sehr gut.«
Honey hielt ihr Glas mit beiden Händen umschlossen und starrte ihn an. Es war ihr nicht entgangen, dass er dem Gespräch über David Carpenter auswich. Sie wusste nicht genau, warum er nicht über ihn reden wollte. Das erhöhte ihre Entschlossenheit nur noch.
»Also, warum war dieser Mandrill in meinem Hotel?«
»Wirklich ausgezeichnet«, sagte Steve und schlürfte geräuschvoll.
»Du weichst mir aus.«
Er lachte, nahm noch einen Schluck und schüttelte den Kopf.
Darauf fiel Honey nicht herein. Irgendwas wollte er ihr nicht erzählen. Plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf. Sie äußerte eine wilde Vermutung: »Der sollte mich doch nicht etwa umbringen? Großer Gott! War der deshalb gekommen?«
»Nein.«
So wie er das sagte, konnte sie es ihm nicht ganz glauben. Doherty war Polizist. Er wusste, wie man log.
Er schaute ihr nicht in die Augen, schien aber die versammelte Menschenmenge zu mustern, lächelte fröhlich Leute an, die er nicht einmal kannte.
»Die halten dich bestimmt für einen ungeladenen Gast, der sich hier eingeschlichen hat.«
»Wie bitte?«
»So, wie du alle angrinst.«
»Ich bin eben ein freundlicher Mensch.«
»War Mandrill auch ein freundlicher Mensch? War der nur bei mir vorbeigekommen, um zu sagen: Tag auch, ich bin ein gefährlicher Typ, und ich möchte Sie besser kennenlernen?«
»Sei nicht albern. Mandrill ist nicht – vielmehr, er war nicht – der Typ, der so was ohne Grund oder ohne Bezahlung macht.«
»Würdest du das bitte ein bisschen näher erläutern?«
Doherty legte den Kopf zurück, schloss ein Auge und musterte angelegentlich den großen Kronleuchter.
Diesen Blick kannte Honey. Vielleicht würde er ihr die Wahrheit sagen, vielleicht aber auch nicht. So schaute Doherty immer, wenn er verschiedene Möglichkeiten gegeneinander abwog. Jetzt musste sie ein bisschen nachhelfen.
»Na gut«, sagte sie und wagte den Sprung ins kalte Wasser. »Dann will ich mal meine Fähigkeiten als Medium testen.«
Das Weinglas fest mit der einen Hand umfasst, griff sie sich mit der anderen Hand zart an die Schläfe und schloss die Augen.
Er schaute sie mit einer Mischung aus Überraschung und verwirrter Belustigung an. »Komm schon, Honey, das meinst du doch nicht ernst, oder?«
Sie summte vor sich hin, ein seltsames Geräusch, das ihr für ihre gegenwärtige Rolle angebracht schien.
Doherty fiel darauf herein. »Bist du wirklich ein Medium?«
Er war offensichtlich noch ein bisschen skeptisch. Nun, da konnte sie nachhelfen.
»Ich brauche Ruhe. Ich muss mich jetzt aufs Gedankenlesen einstimmen. Dazu muss ich all meine Kräfte bündeln.«
»Honey, du machst mir echt Angst. Ich glaube nicht, dass du so was kannst. Seit wann hast du solche Fähigkeiten bei dir entdeckt?«
»Mary Jane hat mir das beigebracht. Sie findet, dass ich als Medium eine Naturbegabung bin.«
Das entschied die Sache. Er prustete vor Lachen los. »Du?«
»Wieso nicht ich?«
Er gluckste weiter. »Also, du kannst mir glauben, dass schon jede Menge Medien bei mir auf der Wache erschienen sind, die mir Hilfe bei der Lösung von Fällen angeboten haben. Die behaupten alle, dass
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