In Schönheit sterben
zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Ich habe nicht gefragt.« Er runzelte die Stirn. »Der Typ mit dem Buchladen war auch da.«
»Ah, ja. Bei diesen Galaabenden trifft man immer jede Menge Leute.«
Er nickte bedächtig. Sie konnte es ihm an den Augen ablesen, dass er ihr den letzten Satz keine Sekunde lang abnahm. Egal. Von ihr würde er nicht mehr erfahren. John Rees war da gewesen, und er eben nicht. Sie konnte ja ihrLeben nicht auf Sparflamme setzen nur wegen eines gut aussehenden Polizisten, der seltsame Arbeitszeiten hatte, oder? Darüber berieten die Geschworenen noch.
Doherty war kein Dummkopf.
»Zwei Männer in einer einzigen Nacht. Hat dir deine Mutter nicht erklärt, dass du nicht zu Fremden ins Auto steigen sollst?«
Wenn ihr Glas nicht leer gewesen wäre, ihr Drink wäre in seinem Gesicht gelandet. Das sagte sie sich jedenfalls. Anderseits vielleicht auch nicht. Er hatte nur einen Witz machen wollen. Er versuchte, sie aufzuheitern, und beschleunigte die Sache erheblich, indem er ihr noch einen Drink bestellte.
»Was gibt’s sonst noch Neues?«, fragte sie ihn, während sie zuschaute, wie das Eis, die Zitrone, der Wodka und das Tonic in ihr Glas wanderten. Sie nahm einen Schluck von ihrem Drink, ehe sie fortfuhr: »Schlamm und ein schmiedeeisernes Gitter. Seltsame Mordwaffen. Haben die beiden Mordfälle wirklich etwas miteinander zu tun?«
Als Doherty mit den Achseln zuckte, machte seine Lederjacke ein seltsam knirschendes Geräusch.
»Ist die neu?«
Sie berührte einen Ärmel, nachdem ihr plötzlich auch der Geruch nach neuem Leder aufgefallen war.
»Die andere habe ich verschenkt«, erwiderte er ein wenig verlegen.
Seltsam, dachte sie. Das ist doch nicht schlimm, etwas zu verschenken.
»Ich habe sie meiner Tochter gegeben. Die wollte sie gern haben.«
Sie drehte sich halb herum, sodass sie nun der Bar und nicht mehr ihm zugewandt war. Diese Geschichte mit der Tochter war merkwürdig. Sie fragte sich, warum ihr die Angelegenheit so unangenehm war, konnte sich aber keine Antwort darauf geben.
»Zieht sie bei dir ein?«
»Zum Teufel, nein! Und das waren ihre Worte.«
Honey musste lächeln. So ungefähr hätte Lindsey es auch formuliert.
»Benici gibt so schnell nicht auf. Das musst du dir klar machen.«
Honeys Gesichtszüge erstarrten.
»Na großartig. Das brauche ich wirklich dringend, dass ich nun auch noch einen verrückten Italiener am Hals habe, zusätzlich zu meinem verrückten – Verzeihung: sexverrückten – Tellerwäscher.«
»Ich gehe ihn mal besuchen. Ein zarter Hinweis, dass ich ihn im Auge habe, müsste eigentlich helfen. Ich mag diesen ängstlichen Ausdruck auf deinem Gesicht nämlich gar nicht.«
»Ist meine Angst so deutlich zu sehen?«
»Ja, man sieht es Menschen an, wenn sie Angst haben.«
Honey schauderte. »Ich möchte eben nicht gern in einem Zementbett aufwachen.«
»Du denkst wieder an die ermordete Miss Pinker. Hast du Lust, morgen eine kleine Autotour mit mir zu machen?«
Sie schaute ihn stumm an. Sie wollte nichts sagen, das vielleicht seine Finger davon abbringen könnte, ihr die Anspannung aus dem Nacken zu streicheln.
»Erst zum Beauty Spot, dann zu Karens Freundin.«
»Und dann zu Clint.«
Doherty schaute verdutzt. »Warum zu Eastwood?«
»Das hat nur teilweise mit meinem Mutterinstinkt zu tun. Clint kennt ein paar abgerissene Gestalten, die hier in der Stadt unter den Brücken schlafen. Sollte sich wirklich so jemand in der Nähe der Schönheitsfarm herumgetrieben haben, dann weiß er vielleicht, wer das gewesen sein könnte. Ab und zu arbeitet er ehrenamtlich, oft mit Obdachlosen«, erklärte sie, als sie Steves überraschtes Gesicht bemerkt hatte.
Rodney (Clint) Eastwood war immer für eine Überraschung gut. Er bewegte sich in den Schattenzonen desLebens und machte alle möglichen Teilzeitjobs, mit denen er sich recht gut über Wasser hielt. Ob er dem Herrn vom Finanzamt je etwas von dem abgab, was er dabei verdiente, wusste keiner. Wahrscheinlich eher nicht. Aber er hatte ein gutes Herz und schaffte es, neben seinen bezahlten Jobs auch noch einige ehrenamtliche Tätigkeiten zu übernehmen. Der Mann war so übel nicht. Er zahlte auf seine Art der Gesellschaft etwas zurück, wenn auch – das musste man leider sagen – kein Geld.
»Wäre das einen Besuch wert?«
Doherty nickte. »Okay.«
Er brauchte bei diesem Fall dringend einen Durchbruch. Und er brauchte Zeit, um verschiedene Dinge zu klären. Eines davon war seine Beziehung zu
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