In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught
war. Ich frage mich, ob er nicht doch irgendwo tief in sich drin eine dunkle Seite hatte?«
Jenna stand auf und ging durch die Lobby. Auf der anderen Seite stand ein Kaffeespender. Sie nahm sich einen Styropor-Becher und füllte ihn. Wendy stand auch auf und folgte ihr, nahm sich ebenfalls einen Becher und Kaffee. Als sie sich wieder auf ihre Sessel setzten, kam es Wendy vor, als wäre diese Vertrautheit zwischen ihnen wieder fort. Auch gut. Von ihrer Intuition hatte sie berichtet. Jetzt sollte sie langsam wieder zu den Fakten zurückkehren.
»Bei unserem letzten Treffen haben Sie etwas über Princeton gesagt. Dass da irgendetwas mit ihm passiert sei.«
»Das stimmt, und?«
»Da würde ich gern mehr drüber erfahren.«
Jenna sah sie verwirrt an. »Sie glauben, Princeton hat etwas mit dieser ganzen Geschichte zu tun?«
Wendy mauerte. »Ich will das nur abklären.«
»Das verstehe ich nicht. Was hat seine Uni-Zeit damit zu tun?«
»Das ist einfach einer der Aspekte dieses Falls, den ich bisher nicht einordnen kann.«
»Aber warum wollen Sie das?«
»Können Sie mir in dem Punkt nicht einfach vertrauen, Jenna? Bei unserer letzten Unterhaltung haben Sie das Thema zur Sprache gebracht. Sie sagten, irgendetwas wäre mit ihm in Princeton passiert. Ich will wissen, was das war.«
Sie antwortete eine Weile nicht. Dann: »Ich weiß es nicht. Das war ja ein Teil dieser Verschlossenheit - wenn ich jetzt so darüber nachdenke, war es vielleicht sogar das Hauptproblem. Deshalb habe ich es ja auch erwähnt.«
»Aber Sie haben keine Ahnung, was es war oder worum es da ging?«
»Eigentlich nicht. Ich fand das im Endeffekt alles ziemlich undurchsichtig.«
»Aber vielleicht können Sie mir etwas mehr darüber erzählen?«
»Ich verstehe nicht, was das bringen soll.«
»Mir zuliebe. Bitte.«
Jenna führte den Kaffeebecher zum Mund, pustete kurz und trank dann einen kleinen Schluck. »Also gut. Damals, als wir anfingen, uns regelmäßig zu sehen, verschwand er jeden zweiten Samstag. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen zu rätselhaft, aber er verschwand einfach und verriet mir nie, wohin er ging.«
»Ich nehme mal an, dass Sie ihn danach gefragt haben.«
»Natürlich. Er hat mir gleich am Anfang unserer Beziehung erklärt, dass er das nun einmal so machen würde, es seine Privatsache wäre und er dies in seiner Freizeit erledige. Er sagte, es wäre nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste, aber er hat mir sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass es unabdingbar wäre.«
Sie verstummte.
»Und wie haben Sie darauf reagiert?«
»Ich war verliebt«, sagte Jenna. »Zu Anfang habe ich mir selbst irgendwelche Rechtfertigungen für ihn zusammengereimt. Manche Männer spielen Golf, habe ich mir gesagt. Manche Männer gehen zum Bowling, oder sie treffen sich mit ein paar Kumpeln in einer Bar oder so etwas. Dan hatte das Recht, sich etwas Zeit für sich selbst zu nehmen. Ansonsten war er in jeder Beziehung immer für mich da. Also habe ich mich einfach nicht weiter darum gekümmert.«
Die Tür der Lobby öffnete sich. Eine fünfköpfige Familie stolperte herein und ging zum Empfangstresen. Der Mann nannte seinen Namen und reichte der Rezeptionistin seine Kreditkarte.
»Sie sagten ›zu Anfang‹«, wandte Wendy ein.
»Ja. Na ja, es war schon ein ziemlich langer Anfang. Nachdem wir ungefähr ein Jahr lang verheiratet waren, habe ich ihn dann zur Rede gestellt. Dan sagte, ich sollte mir keine Sorgen machen, es wäre keine große Sache. Aber damit wurde es natürlich zu einer. Die Neugier hat mich zerfressen. Und an einem der nächsten Samstage bin ich ihm dann gefolgt.«
Ihre Stimme verklang, und ein schwaches Lächeln zeigte sich in ihrem Gesicht.
»Was ist?«
»Das habe ich noch nie jemandem erzählt, nicht einmal Dan.«
Wendy lehnte sich zurück, um ihr etwas Raum zu lassen. Sie trank einen Schluck Kaffee und versuchte, so harmlos wie möglich auszusehen.
»Viel mehr kann ich darüber aber auch nicht erzählen. Ich bin ihm damals so ein bis anderthalb Stunden gefolgt. Er ist nach Princeton gefahren, hat den Wagen im Ort geparkt und ist da in ein Café gegangen. Ich kam mir so dumm vor, dass ich ihm gefolgt war. Da hat er dann eine knappe Viertelstunde allein gesessen. Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, dass meine Nebenbuhlerin auftaucht. Ich habe mir eine heiße Professorin vorgestellt, Sie wissen schon, mit Brille und tiefschwarzen Haaren. Aber es kam niemand. Dan trank seinen Kaffee aus, verließ
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