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In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught

Titel: In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Aussage.« Sie stand auf. »Ich mache mir eine Tasse Tee. Wollen Sie auch eine?«
    »Gern. Kann ich Ihnen helfen?«
    »Nein, das geht schon. Pfefferminz oder English Breakfast?«
    »Pfefferminz.«
    Christa lächelte. »Gute Wahl.«
    Sie schaltete den Wasserkocher an, nahm zwei Becher aus dem Schrank und warf die Teebeutel hinein. Wendy fiel auf, dass sie den Kopf dabei immer wieder auf die rechte Seite legte. Kurz bevor sie sich wieder setzte, blieb Christa einen Moment ganz still stehen, als wollte sie Wendy die Gelegenheit geben, die Wunden zu begutachten. Ihr Gesicht sah einfach grausig aus. Die Narben erstreckten sich von der Stirn bis auf den Hals. Hässliche, zornige, violette und rote Linien zerschnitten ihre Haut. Einige traten sogar hervor wie bei einer Reliefkarte. Die wenigen Flächen zwischen den Narben waren mit dunkelroten Flecken übersät, die wie üble Abschürfungen aussahen - als ob jemand das Gesicht mit Stahlwolle bearbeitet hätte.
    »Ich habe mich vertraglich verpflichtet, nicht über das zu sprechen, was damals passiert ist«, sagte Christa Stockwell.
    »Dan Mercer ist tot.«
    »Ich weiß, das ändert aber nichts am Vertrag.«
    »Ich werde alles, was Sie mir sagen, streng vertraulich behandeln.«
    »Sie sind doch Reporterin, oder?«

    »Ja, aber ich gebe Ihnen mein Wort.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich wüsste nicht, was die ganze Geschichte jetzt noch für eine Rolle spielen sollte.«
    »Dan ist tot. Phil Turnball wurde gefeuert und der Unterschlagung bezichtigt. Kelvin Tilfer sitzt in einer psychiatrischen Anstalt. Und auch Farley Parks hat in letzter Zeit Probleme gehabt.«
    »Soll ich jetzt Mitleid mit ihnen haben?«
    »Was haben sie Ihnen getan?«
    »Sind die Spuren nicht deutlich genug zu sehen? Oder soll ich das Licht doch etwas heller machen?«
    Wendy beugte sich über den Tisch. Sie legte ihre Hand auf die der anderen Frau. »Bitte erzählen Sie mir, was passiert ist.«
    »Was soll das bringen?«
    Die Küchenuhr über der Spüle tickte. Durchs Fenster sah Wendy die Studenten auf dem Weg in ihre Vorlesungen und Seminare - lebhaft, jung, das Klischee ihres weiteren Lebens im Kopf. Nächstes Jahr würde auch Charlie dazugehören. Man konnte Jugendlichen erzählen, dass das alles viel schneller ging, als sie dachten, dass sie nur zu blinzeln brauchten, schon war das Studentenleben zu Ende, und wieder waren zehn Jahre vorbei, und die nächsten zehn … aber sie würden sowieso nicht zuhören, konnten gar nicht zuhören, und wahrscheinlich war das auch gut so.
    »Ich glaube, dass das, was hier passiert ist - das, was diese Männer Ihnen angetan haben -, der Auslöser dieser ganzen Geschichte war.«
    »Wieso?«
    »Das weiß ich nicht. Aber irgendwie scheint das alles hier zusammenzulaufen. Irgendwie hat das, was auch immer es gewesen ist, ein Eigenleben entwickelt. Und es fordert immer noch Opfer. Außerdem hänge ich da jetzt selbst mit drin. Ich
bin diejenige, die Dan Mercer bloßgestellt hat - zu Recht oder zu Unrecht. Also bin ich Teil des Ganzen.«
    Christa Stockwell pustete auf ihren Tee. Ihr Gesicht sah aus, als hätte man es von innen nach außen gekehrt, als ob die Adern und Knorpel alle oben an der Oberfläche lägen. »Es war in ihrem letzten Studienjahr«, sagte sie dann. »Ein Jahr vorher hatte ich meinen BA gemacht und dann an meinem Master in Vergleichender Literaturwissenschaft gearbeitet. Da meine Eltern nicht viel Geld hatten, waren mir die Studiengebühren erlassen worden. Genau wie Dan übrigens. Außerdem haben wir beide während des Studiums gejobbt. Er in der Wäscherei des Fachbereichs Sport, ich hier, in diesem Haus, für Dekan Slotnick. Ich war sozusagen Mädchen für alles, Haushaltshilfe, Sekretärin und Babysitter für seine Kinder. Er war geschieden, und ich bin prima mit seinen Kindern ausgekommen. Während ich an meinem Master arbeitete, habe ich also hier im Haus gewohnt. In einem der Zimmer nach hinten raus. Ich wohne da immer noch.«
    Zwei Studentinnen gingen am Fenster vorbei. Eine lachte laut auf. Das Geräusch hallte melodisch, fröhlich und vollkommen unpassend durchs Zimmer.
    »Na ja, es war im März. Dekan Slotnick war nicht in der Stadt, weil er irgendwo einen Vortrag hielt. Die Kinder waren bei ihrer Mutter in New York. Ich war mit meinem Verlobten beim Abendessen gewesen. Marc hat Medizin studiert. Am nächsten Tag hatte er eine wichtige Chemieprüfung, ansonsten, tja, bei solchen Geschichten gibt immer so viele Was-wäre-wenns, oder? Wenn er

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