In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught
Spiel zu empfinden. Er hatte die Lacrosse-Regeln für Herren immer noch nicht ganz verstanden - das Herrenspiel schien vollkommen anders zu sein als das der Damen -, er wusste nur,
dass Ryan im Angriff spielte. Das war die Position, auf der man die beste Chance hatte, ein Tor zu erzielen.
Ted nahm die Hände zum Mund, formte einen Trichter und rief: »Vorwärts, Ryan!«
Er hörte den dumpfen Widerhall seiner Worte. Die letzte Stunde hatten natürlich auch die anderen Väter immer wieder geschrien, aber Ted kam seine eigene Stimme dünn und deplatziert vor. Er hörte auf und versuchte zu klatschen, aber auch das wirkte unangebracht, seine Hände schienen viel zu groß zu sein. Er wandte sich einen kurzen Moment ab, und da sah er ihn.
Frank Tremont kam auf ihn zu, als müsste er durch tiefen Schnee stapfen. Ein großer Schwarzer ging neben ihm - ganz eindeutig ein weiterer Cop. Einen Moment lang breitete die Hoffnung ihre Flügel aus und stieg auf. Ein Hochgefühl erfüllte ihn. Doch im nächsten Moment verpuffte beides auch schon wieder.
Frank hielt den Kopf gesenkt. Ted erkannte, dass die Körpersprache des Polizisten anders war als sonst. Er spürte, wie seine Knie zu zittern anfingen. Eins knickte weg, dennoch gelang es Ted, sich auf den Beinen zu halten. Er ging über die Auslinie, um schneller zu den beiden zu kommen.
Als sie nah genug waren, fragte Frank ihn: »Wo ist Marcia?«
»Sie besucht ihre Mutter.«
»Wir müssen sie holen«, sagte Frank. »Sofort.«
VIERZEHN
A ls sie das Blend betraten, breitete sich ein Lächeln in Pops’ Gesicht aus.
»Was ist?«, fragte Wendy.
»Auf diesen Barhockern sitzen mehr Cougars , als man im Discovery Channel zu sehen kriegt.«
Das Licht in der Bar war gedämpft, es gab dunkle Spiegel, und alle trugen Schwarz. Was die Klientel anging, hatte er Recht. Gewissermaßen.
»Mal abgesehen von der Raubkatze«, sagte Wendy, »ist ein Cougar per Definition eine ältere Frau, die sich in Bars oder Clubs herumtreibt, um jüngere Männer aufzureißen.«
Pops runzelte die Stirn. »Aber irgendeine steht doch immer auf den väterlichen Typ, oder?«
»In deinem Alter musst du schon fast auf einen Vater- Komplex hoffen. Ich korrigiere - auf einen Großvater-Komplex.«
Pops sah sie enttäuscht an, als wäre das ein extrem lahmer Spruch. Sie nickte entschuldigend, weil, na ja, da hatte er schon Recht.
»Was dagegen, wenn ich mich unters Volk mische?«, fragte Pops.
»Würde ich dir die Show vermasseln?«
»Du bist der heißeste Cougar hier. Also schon. Andererseits stehen manche Bräute auch auf so was. Die glauben dann, sie würden mich dir ausspannen.«
»Aber bring keine mit nach Hause. Ich habe da einen leicht zu beeindruckenden Sohn im Teenager-Alter.«
»Ich geh sowieso immer mit zu ihnen«, sagte Pops. »Ich mag’s nicht, wenn sie wissen, wo ich zu finden bin. Außerdem erspar ich ihnen so das morgendliche Spießrutenlaufen.«
»Wie rücksichtsvoll.«
Das Blend war dreigeteilt, vorn eine Bar, in der Mitte ein Restaurant und hinten ein Club. Die Open-Mike-Night fand im Club statt. Wendy zahlte den Eintritt - fünf Dollar einschließlich eines Drinks für Männer, einen Dollar einschließlich eines Drinks für Frauen - und ging hinein. Drinnen hörte sie Norm, auch bekannt als Ten-A-Fly, rappen:
Hey, Ladys, ich sag euch wie das abgeht,
Auch wenn ihr nicht in Tenafly abhängt,
Habt ihr Ten-A-Fly bald krass in euch drin …
Oy, dachte sie. Vierzig bis fünfzig kreischende Personen standen um die Bühne herum. Ten-A-Fly trug so viele goldene Ketten, dass Mr. T neidisch hätte werden können, dazu eine Trucker-Kappe mit flachem Schirm, den er um fünfundvierzig Grad gekippt hatte. Mit einer Hand hielt er seine Schlabberhose fest - vielleicht, weil sie zu groß war, vielleicht, weil er absolut keinen Arsch hatte -, mit der anderen umklammerte er das Mikrofon.
Als Norm dieses besonders romantische Liedchen mit der Schlusszeile beendete, dass Ten-A-Fly so fett in ihr wäre, da passe auch kein Engle-Wood mehr rein, bedachte ihn das Publikum - mittelalt, so Anfang vierzig - mit reichlich Applaus. Eine rot gekleidete Frau in der ersten Reihe - in anderen Kreisen bezeichnete man solche, wenn auch im Allgemeinen etwas jüngere Frauen wohl als Groupie - schleuderte etwas auf die Bühne, und Wendy erschrak richtig, als sie sah, dass es ein Slip war.
Ten-A-Fly hob ihn auf, hielt ihn an die Nase und holte tief Luft. »Yo, yo, ich liebe die Ladys da draußen, die heißen
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