In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught
Ten-A-Fly ihr das Handy zurückgab, sagte er: »Ich gehe davon aus, dass Sie versucht haben, ihr eine Antwort zu mailen?«
»Ja, aber darauf hat sie nicht reagiert. Wir haben versucht, das zurückzuverfolgen, sind aber nicht weit gekommen. Aber natürlich habe ich mich nicht nur auf diese E-Mail verlassen«, ergänzte Wendy und hoffte, dass es nicht allzu sehr nach einer Rechtfertigung klang. »Na ja, das war ja sozusagen nur der Auslöser. Wir haben dann reagiert, wie wir das immer machen. Wir gehen in Chatrooms, geben uns da als junge Mädchen aus und gucken, ob vielleicht ein Perverser aus der Deckung kommt. Also haben wir uns bei SocialTeen angemeldet. DrumLover17 war da. Wir haben ein Treffen vereinbart. Und zu diesem Treffen ist dann Dan Mercer erschienen.«
Ten-A-Fly nickte. »Ich habe ein bisschen was über den Fall gelesen. Mercer hatte doch behauptet, dass er davon ausging, sich mit einem anderen Mädchen zu treffen, oder?«
»Genau. Er hat in einem Jugendzentrum mit obdachlosen Jugendlichen gearbeitet. Er behauptete, ein Mädchen, das er da kennengelernt hat, hätte ihn angerufen und in unsere Falle gelockt. Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass wir wasserdichte Beweise hatten: Die Kopien der Chat-Beiträge von DrumLover17
und die sexuell expliziten E-Mails an unsere falsche Dreizehnjährige stammten von einem Laptop, den wir in Dan Mercers Haus gefunden haben.«
Keiner sagte etwas. Doug führte einen Schlag mit einem imaginären Tennisschläger aus. Phil wirkte, als hätte ihm jemand einen Balken über den Kopf gezogen. Ten-A-Fly sorgte schließlich dafür, dass es weiterging. Er drehte sich zu Owen um. »Bist du fertig?«
»Soweit es hier geht. Für eine wirklich eingehende Analyse der Videos brauche ich meinen Desktop-Computer«, erwiderte er.
Wendy war gerne bereit, das Thema zu wechseln. »Wonach suchen Sie?«
Das Baby vor Owens Brust schlief in dieser Haltung mit angewinkeltem Kopf, bei deren Anblick Wendy immer ein bisschen nervös wurde. Wieder schoss ihr ein Bild durch den Kopf - John mit Charlie im Tragetuch. Sie dachte, wie John jetzt wohl mit dem fast erwachsenen Charlie klargekommen wäre, und hätte heulen können über das, was er alles verpasst hatte. Immer wieder ging ihr das sehr nahe - bei jedem Geburtstag, Schulfest und oft auch, wenn sie einfach mit Charlie zusammensaß, vielleicht Fernsehen guckte. Sie dachte nicht nur an das, was Ariana Nasbro Charlie und ihr genommen hatte, sondern auch an das, was sie John genommen hatte. Auf all dies hatte er wegen ihr verzichten müssen.
»Owen war Technik-Spezialist für eine Fernsehsendung«, erklärte Phil.
»Ich vereinfache das mal, so gut ich kann«, sagte Owen. »Ihr wisst doch, dass euer Digital-Fotoapparat eine Einstellung für die Auflösung, also die Megapixel, hat, oder?«
»Klar.«
»Okay, ihr macht also ein Foto und stellt es ins Internet.
Sagen wir, es ist zehn mal fünfzehn Zentimeter groß. Je höher die Auflösung ist, desto mehr Megapixel hat es - also ist die Datei größer. Und zwei Fotos mit jeweils fünf Megapixel und der gleichen Größe haben auch immer ungefähr die gleiche Dateigröße - besonders, wenn sie mit demselben Fotoapparat gemacht wurden.«
»Okay.«
»Das gilt auch für hochgeladene Digitalvideos wie dieses. Zu Hause am Desktop kann ich noch nach Spezialeffekten und anderen verräterischen Hinweisen gucken. Im Prinzip kann ich hier nur die Dateigröße nehmen und sie durch die Laufzeit des Videos teilen. Und dabei komme ich zu dem Schluss, dass beide Videos mit der gleichen Art Videokamera gemacht wurden. An und für sich hat das allerdings noch nicht viel zu sagen. Von diesen Kameras gibt es immer noch hunderttausende. Aber immerhin.«
Jetzt standen alle Mitglieder vom Fathers Club um sie herum - Norm oder Ten-A-Fly, der Rapper, Doug, der Ritter von den Tennisklamotten, Owen mit dem Babytragetuch und Power-Suit-Phil.
Ten-A-Fly sagte: »Wir wollen helfen.«
»Wie?«, fragte Wendy.
»Wir wollen Phils Unschuld beweisen.«
»Norm …«, sagte Phil.
»Du bist unser Freund, Phil.«
Die anderen stimmten ihm murmelnd zu.
»Lass uns das machen, okay? Ansonsten haben wir doch sowieso nichts zu tun. Wir hängen hier rum und ergehen uns in unserem Selbstmitleid. Wir Versager haben uns jetzt lange genug in unserem Misserfolg gesuhlt. Lasst uns mal wieder etwas Konstruktives tun - lasst uns unser Fachwissen für etwas Sinnvolles einsetzen.«
»Das wäre einfach zu viel verlangt«, sagte Phil.
»Du
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